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Schattenstürmer

Schattenstürmer

Titel: Schattenstürmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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schlafen?!
    »Garrett, schläfst du?«
    »Was ist?«, fragte ich seufzend.
    »Was meinst du, wohin reitet Balistan Pargaide jetzt?«
    »Das musst du ihn fragen!«
    »Haltet jetzt endlich die Klappe!«, brüllte Hallas.
    »Warum schreist du so, Bartwicht?«, brummelte Deler im Halbschlaf und drehte sich auf die andere Seite. »Lass mich schlafen!«
    »Ich schreie nicht, und wenn dich einer nicht schlafen lässt, dann sind das die beiden da!«, knurrte der Gnom. »Kli-Kli, halt den Mund!«
    »Ich sage ja schon gar nichts mehr!«, versicherte der Kobold.
    Ich gähnte und schloss die Augen.
    »Garrett, schläfst du?« Ich hörte erneut das Flüstern.
    Wann gab der endlich Ruhe? Besser, ich antwortete ihm gar nicht.
    »Garrett? Garrett!«
    »Ruhe!«, stöhnte Hallas, stieß einen erlesenen Fluch aus, bei dem er Gnomen- und Menschensprache miteinander vermengte. »Kli-Kli, noch ein einziges Wort, und ich vergesse mich!«
    »Ich kann nicht einschlafen!«
    »Dann zähl irgendwas!«
    »Was denn?«
    »Mammuts!«
    »Na, gut«, sagte Kli-Kli. »Das erste Mammut springt über den Zaun. Das zweite Mammut springt über den Zaun. Das dritte Mammut springt über den Zaun. Das vierte Mammut springt über den Zaun …«
    Hallas stöhnte erneut.
    »Das fünfundzwanzigste Mammut springt über den Zaun«, fuhr Kli-Kli fort. »Das sieben- … gähn … undzwanzigste Mammut … gähn … springt über den Zaun …«
    Wenigstens schien das Zählen den Kobold allmählich zu ermüden.
    »Das dreißigste Mammut springt über den Zaun. Oh!« Stille breitete sich im Zimmer aus, dann verkündete der Kobold mit trauriger Stimme: »Das war’s.«
    »Wie, das war’s ? Sind dir die Mammuts ausgegangen?«, presste Hallas zwischen den Zähnen hervor.
    »Nein«, sagte Kli-Kli. »Aber das letzte hat sich ein Bein gebrochen.«
    »Wer?!«
    »Na, das Mammut.«
    »Wie?!«
    »Na, wie wohl! Es springt über den Zaun, landet unglücklich, und schon hat es sich das Bein gebrochen«, antwortete Kli-Kli gelassen.
    Über mich schoss etwas hinweg.
    »Warum schmeißt du mit Stiefeln, Hallas?«, empörte sich der Narr.
    »Darum! Wenn du nicht den Mund hältst, schläfst du im Gang!«
    Kli-Kli seufzte, drehte sich um und schwieg. Ich hegte nicht den geringsten Zweifel daran, dass der Kobold gerade die nächste Gemeinheit ausheckte. Aber die Minuten verstrichen, und er sagte kein Wort.
    Am Ende schlief ich doch noch ein, vielleicht, weil sich die Müdigkeit des langen Tages bemerkbar machte, vielleicht auch, weil das Geschnaufe des Kobolds die gleiche Wirkung auf mich hatte wie ein Wiegenlied.
    Wir verließen Algert Dallys Schloss im Morgengrauen, als die Sonne den Himmel gerade in fahl-rosafarbenes Licht tauchte. Kli-Kli gähnte verzweifelt, brummelte verschlafen und drohte jeden Augenblick aus Fieders Sattel zu rutschen.
    Mylord Algert Dally, seine Frau und seine Tochter verabschiedeten uns und wünschten uns viel Glück. Auch Oro Habsbarg war da. Und noch vierzig weitere Reiter, die uns als Begleitung mitgegeben wurden. Sie standen unter dem Befehl eines gewissen Mylord Fernan, eines illegitimen Sohnes von Algert Dally. Wie mir Kli-Kli erläuterte, pflegte man im Grenzreich Bastarden gegenüber ein völlig anderes Verhalten als bei uns in Vagliostrien. Solange der Soldat nur tapfer war, spielte es keine Rolle, was für Blut in seinen Adern floss. Fernan war drei Jahre älter als Lady Alia. Er schlug nach seinem Vater, war von der gleichen gedrungenen, kräftigen Statur.
    Obendrein hatte Mylord Algert die Türen seiner Waffenkammer für uns geöffnet. Drei Waffenschmiede des Schlosses hatten in kürzester Zeit Rüstungen für Hallas, Deler, Alistan Markhouse, Lämpler und Marmotte angefertigt. Damit fühlten wir uns alle mehr oder weniger sicher, selbst wenn die neuen Rüstungen nicht an unsere alten heranreichten, die nun zusammen mit der Fähre auf dem Grund des Schwarzen Flusses lagen. Lämpler hatte vom Grafen noch ein persönliches Geschenk erhalten, einen Dolch mit wertvollem Griff.
    Fernan sollte uns bis zu einem Schloss mit einer starken Garnison bringen, das die letzte Feste der Menschen im Grenzkönigreich darstellte. Dahinter begann Sagraba. Dorthin begab sich kein Grenzreicher, der bei Verstand war.
    Der Weg führte uns durch Nadelwälder, vorbei an rauschenden Flüssen und befestigten Dörfern. Dreimal verlangten Posten auf Wachttürmen zu wissen, wer wir seien, fünfmal stießen wir auf Patrouillen. Im Grenzreich war man auf der Hut. Mit gutem Grund.

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