Schatz, schmeckts dir nicht
erst einmal mit Helene selbst darüber gesprochen haben.
Kapitel VI
Der große Tag der Premierenfeier war gekommen, und von früh bis spät hatte die Märzsonne von einem frischblauen Himmel gestrahlt, so kräftig sie konnte. Es war der erste Tag in diesem Jahr, der den Frühling erahnen ließ. Leider hatte Helene davon nicht viel mitbekommen, denn von früh bis spät war sie mit den Vorbereitungen für das Theaterbüffet beschäftigt gewesen. Doch sie hatte diese Vorbereitungshektik genossen, dieses Hinarbeiten auf einen absoluten, perfekten Augenblick. Endlich hatte sie wieder einmal die Möglichkeit, beim Zusammenstellen der Speisen aus dem Vollen zu schöpfen, aus dem ganzen Fundus der toskanischen Küche zaubern zu können, ohne auf vegetarische Einschränkungen achten zu müssen.
Leider konnte sie angesichts der Menge der benötigten Portionen die Zubereitung nicht selbst übernehmen, was sie sehr bedauerte, denn eigenhändig mit den köstlichen Zutaten umzugehen, hatte doch eine ganz andere Qualität. Sie musste auf das hauseigene Personal zurückgreifen und sich mit der Oberaufsicht begnügen. So hatte sie gewürzt und gekostet, mit dem Kantinenchef gestritten, der mehr auf Berliner Büffets mit Buletten und Solei, denn auf leichte toskanische Küche gepolt war, und streng darauf geachtet, dass ihre Vorgaben ernst genommen wurden.
Noch zweimal war sie mit dem Auto quer durch die Stadt gedüst, da es noch an einem leichten Baumwollstoff für die Dekoration gemangelt hatte und der italienische Lieferant ausgerechnet die Büffelmozzarella vergessen hatte. Dutzende Male hatte sie den Weg zwischen Kantinenküche und Foyer zurückgelegt, hatte die Zubereitung der Speisen und das Arrangement überwacht, und als sie dann endlich aus dem Zuschauerraum den Schlussapplaus aufbrausen hörte, spürte sie ihre eigene Spannung steigen.
Sämtliche Kronleuchter strahlten von der Decke einen festlichen Glanz in das Foyer, die mannshohen Spiegel an den Wänden ließen den Raum luftig weit werden, und hinter den mit den kulinarischen Köstlichkeiten beladenen Tischen fiel der Blick in ein liebliches Tal, das sanfte, zypressengesäumte Hügel umgaben. Eine perfekte Illusion, die die theatereigenen Kulissenmaler beigesteuert hatten.
Das eigentliche Ereignis, die glanzvolle Eröffnung des Büffets und der Sturm des begeisterten Publikums darauf, zog so schnell wie im Traum an ihr vorüber. Schade. So musste sie sich eben die Bilder immer wieder ins Gedächtnis rufen, um ihren Erfolg so richtig auszukosten. Dabei ging es weniger um den Händedruck des Intendanten oder die Küsschen, mit denen sie von den Ensemblemitgliedern überhäuft wurde, als um die verzückten Mienen der Premierengäste, wenn sie die Crostini con funghi knabberten oder die feinen Rindfleischstreifen mit der erfrischend pikanten Salsa di dragoncello kosteten. Auch die vor Lob strotzenden Kommentare der am Büffet Auswählenden, die genüsslich von der Panzanella oder den Verdure Fritte oder einer anderen Spezialität auf ihre Teller häuften, registrierte Helene mit großer Freude. Und immer wieder beobachtete sie, wie die Blicke der Anwesenden anerkennend durch den Raum schweiften, an dem üppigen Grün der Koniferen in den Terrakottagefäßen, an den bunten Bändern auf dem feinen, weißen Mousseline hängen blieben, der in weich fallenden Bahnen um das Büffet drapiert war und dem ganzen Ambiente die strahlende Helligkeit eines sommerlichen Tages in südlichen Gefilden verlieh.
Diese Premierenfeier war wieder einmal ein Beweis für ihre Fähigkeit, aus der schlichten Nahrungsaufnahme ein Gesamtkunstwerk zu schaffen. Der Erfolg machte Helene großzügig, und so nahm sie schließlich auch mit einem süßen Lächeln die Anerkennung des bereits leicht angetrunkenen Kantinenchefs entgegen, den sie sonst gerne ignoriert hätte, da er nichts als ein unbedarfter Friteusenmatador war, und sein wichtigstes Kochutensil der Büchsenöffner. Sie konnte sich gut vorstellen, unter welcher Art Küche die Premierengäste bisher zu leiden hatten, sofern die Bezeichnung Küche hier überhaupt eine Berechtigung gehabt hatte. Mit der Entschuldigung, sich nun wieder um ihre persönlichen Gäste kümmern zu müssen, ließ sie ihn ziemlich schnell stehen, und kehrte zu Susanne, Dieter und Bertram zurück, die bei diesem Ereignis nicht fehlen durften, zumal Susanne ja den Grundstein für ihr Wirken am Theater gelegt hatte.
»Da kommt ja endlich auch dein Mann!« Susanne
Weitere Kostenlose Bücher