Schicksal in zarter Hand
beobachtet!“, rief Lexi. „Das habe ich mir gedacht. Aber ich habe dich nicht am Fenster gesehen.“
„Klar, weil ich mich wie ein Meisterspion verborgen habe“, erwiderte er scherzhaft und zog sie weiter zur Treppe.
Unten führte er sie in das kleine Esszimmer, das die Familie benutzte, wenn sie keine Gäste hatte. Der Tisch war stilvoll gedeckt – für zwei.
„Ach, du hattest vor, zum Essen nach unten zu kommen?“, erkundigte Lexi sich.
„Aber ja!“, antwortete Franco. „Leider bist du zu mir gekommen und hast mir die Überraschung verdorben.“
Oh, verdammt, ich habe zu früh nachgegeben, dachte sie erbost. Hätte sie nur eine Stunde länger ausgehalten, wäre ihr der Gesichtsverlust erspart und ihr Stolz intakt geblieben!
Zeta kam aus der Küche und blieb überrascht stehen. „Ich dachte, Sie hätten gesagt …“
„Ja, aber wir haben es uns anders überlegt“, unterbrach Franco sie und lächelte. „Mit achtundzwanzig bin ich anscheinend schon zu alt für spontane Ausbrüche von munterer Leidenschaft.“
Lexi wurde rot und sah ihn erbost an, während er ihr einen Stuhl zurechtrückte und ihr einen Kuss auf die heiße Wange drückte, als sie sich setzte. Er selbst nahm ihr gegenüber Platz.
Erleichtert stellte sie fest, dass er jetzt viel besser aussah, nicht mehr so bleich und eingefallen.
Genauer gesagt sah er im golden schimmernden Kerzenlicht umwerfend aus …
Während des ausgezeichneten Essens unterhielten sie sich tatsächlich so oberflächlich wie ein altes Ehepaar – oder nahezu Fremde.
„Erzähl mir von den Dutzenden Männern, die du bei deinen Klubbesuchen aufgabelst und zum Spaß durchprobierst“, forderte Franco sie dann ganz unvermittelt auf.
Hätte ich doch bloß nicht so hemmungslos übertrieben, dachte Lexi selbstkritisch. „Die Lady genießt … und schweigt“, wandelte sie die klassische Redewendung ab.
„Bruce Dayton ist doch sicher nicht einverstanden mit deinen Umtrieben, oder?“
Sie drehte das Weinglas zwischen den Fingern und dachte schuldbewusst an ihren Chef und jahrelangen guten Freund, den sie so kühl abgewiesen hatte.
„Über Bruce möchte ich nicht reden“, erklärte sie ausdruckslos.
„Aber er gehört doch zu deinem Leben! Schon seit Jahren“, meinte Franco.
„Ja, und? Bist du bereit, über Marco zu reden?“, konterte sie herausfordernd.
Sein Ausdruck wurde von einer Sekunde auf die andere abweisend. Als wäre eine Tür ins Schloss gefallen, dachte Lexi.
„Nein“, antwortet Franco einsilbig.
„Und warum nicht?“ Sie ließ nicht locker.
„Erzähl mir was über deine Kindheit, Lexi.“
Wenn er nicht über seinen Freund reden wollte, hatte es keinen Sinn, weiter zu drängen, also gab sie seinem Wunsch nach.
„Über meine Kindheit gibt es nicht viel zu berichten“, warnte sie ihn und nahm sich von Zetas köstlicher Karamellcreme. „Ich habe die ersten zehn Jahre bei meiner Großmutter gelebt.“
„Und wo war deine Mutter?“, erkundigte sich Franco.
„Sie hat gearbeitet. Du weißt ja, dass sie Schauspielerin war. Sie war sehr oft auf Tournee, lebte also aus dem Koffer und hätte sich nicht um mich kümmern können. Das hat Granny übernommen. Als sie starb, musste Mum es selber tun. Das bedeutete häufig, dass sie mich nach der Schule mit ins Theater nahm, wo ich mir selber überlassen blieb. Oder sie gab mich bei Freunden ab.“
„Das erinnert mich an die ungezählten Kindermädchen, die mich in ihrer Obhut hatten, nachdem meine Mutter gestorben war“, meinte Franco leise.
„Ach, du armer reicher Junge“, neckte Lexi ihn. „Du hast doch einen Vater, der dich absolut vergöttert, und das weißt du.“
„Ja, aber er hat auch gearbeitet! Mich hat er nur vergöttert, wie du es nennst, wenn ihm mal die Zeit dazu blieb. Ansonsten war ich so gut wie allein hier oder in einem Internat für reiche Sprösslinge.“
„Hast du da Marco kennengelernt?“, erkundigte sie sich wagemutig.
Er presste kurz die Lippen zusammen, bevor er antwortete. „Wir wollten uns über deine Kindheit unterhalten, Lexi!“
Sie befolgte den Wink. „Na ja, ich hatte nicht viele Freunde. Man kann schlecht Freundschaften schließen, wenn man ständig auf Achse ist, oder? Als wäre man beim Wanderzirkus.“
„Was hat dir denn besser gefallen: das Leben bei deiner Großmutter oder der Wanderzirkus mit deiner Mutter?“
„Oh, es war wundervoll bei meiner Großmutter!“, antwortete sie, ohne zu zögern. „Sie war ein bisschen streng, weil
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