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Schicksalsfäden

Schicksalsfäden

Titel: Schicksalsfäden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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einstürzt, und graben sie Keyes dann aus. Mir ist es verdammt egal«, sagte Grant gleichgültig.
    Die Stimmung Grants verunsicherte den Captain sichtlich. Immerhin ging es um einen Kollegen. »Sir, darf ich Ihnen mein Pferd anbieten, um Miss Duvall aufs Revier zu bringen?« Er winkte einen Wachtmeister der berittenen Polizei heran, der einen großen Braunen am Zügel führte.
    Grant dankte dem Captain mit einem knappen Nicken. Dann hob er Victoria scheinbar mühelos in den Sattel und stieg hinter ihr auf. Von oben herab warf er dann noch einen letzten Blick auf die Ruine. »Wenn Sie Mr. Keyes da rausgeholt haben, bringen Sie ihn unverzüglich aufs Revier in den Verhörraum. Ich bin noch nicht fertig mit ihm.
    Und nachdem Sir Ross mit ihm gesprochen hat gehört er mir, verstanden?«
    »Gut, Mr. Morgan. Wird erledigt!« Der Captain legte die Handkante an seinen Helm. Eine Mischung aus Angst und Respekt lag in seiner Miene. Er hatte gerade beschlossen, sich niemals mit Grant Morgan anzulegen.
    Victoria saß mit gespreizten Beinen auf eine ganz und gar unschickliche und undamenhafte Weise im Sattel. Aber sie war viel zu müde, um noch eitel oder auf ihren Ruf bedacht zu sein. Grant hatte einen Arm um sie gelegt und sie an sich gezogen und sie ließ es nur zu gern geschehen. Geborgenheit war alles, was sie jetzt brauchte. Sie genoss es, seine Hände an ihrem Brustkorb zu spüren. Und sogar den Regen, der ihr ins Gesicht und auf die schmerzenden Glieder prasselte, genoss sie. Sie fühlte sich erfrischt.
    Sie dachte an das Wunder, das eben geschehen war: Er war gekommen. Er war gekommen und hatte ihr das Leben gerettet. Sie war so erfüllt von Dankbarkeit, dass sie kaum atmen konnte. Aber da war noch ein anderes, ein noch schöneres Gefühl. Sie spürte, dass das, was sie in dieser Nacht erlebt hatten, Grant und sie auf besondere Weise zusammengeschweißt hatte. Sie fühlte eine Nähe zu ihm, die sie nie zuvor gefühlt hatte. Nicht einmal, als sie miteinander geschlafen hatten. jetzt hatte sie Gewissheit dass er alles für sie tun würde, dass er alles für sie aufs Spiel setzen würde, sogar sein eigenes Leben. Gab es einen größeren Liebesbeweis? fragte sie sich. Grant hätte Keyes sogar mühelos töten können, aber er hatte ihn am Leben gelassen – aus Liebe zu ihr. Sie schauderte bei dem Gedanken. Grant war ein beeindruckender Mann und sie hatte ihn trotzdem beeinflussen können. Sie hatte die Macht zu verhindern, dass er zum Mörder wurde.
    Die äußerliche Kälte mochte ihr nichts mehr anhaben, denn die neue Liebesgewissheit wärmte sie von innen.
    Victoria kuschelte ihren Rücken so gut es ging an Grants muskulösen Oberkörper. Sie spürte seinen Atem …
    Vor Bow Street Nummer vier hielt Grant das Pferd, an. Die Fassade des Reviers war unbeleuchtet. Die ganze Straße hatte etwas Geisterhaftes. Zuerst stieg Grant ab, dann half er Victoria. Klein und verletzlich stand sie vor ihm und lächelte zu ihm hinauf. »Mir geht es wirklich gut, Grant«, sagte sie leise.
    Seine Kiefer mahlten. »Ich muss ständig daran denken, wie du auf dem schmutzigen Boden gelegen hast und Keyes sich über dich …«
    »Aber du konntest das Schlimmste verhindern!« Sie hob die Hand uns strich ihm mit den Fingerspitzen über die Wange.
    »Aber wenn ich nur etwas später gekommen wäre …« Er sprach nicht zu Ende. Sein Kiefer bebte und seine dunklen Augen glänzten feucht.
    In diesem Moment wurde Victoria klar, dass er mindestens so viel Trost benötigte wie sie. Nach dem Tod seines Bruders hatte er niemandem mehr sein Herz schenken können, weil er diese Angst nicht, mehr erleben wollte.
    Diese Angst, einen Menschen zu verlieren, den er liebte.
    Victoria blickte Grant zärtlich an. »Es wäre trotzdem nicht deine Schuld gewesen. Manche Dinge entziehen sich einfach unserer Kontrolle.«
    »Ein schöner Trost, vielen Dank auch«, murmelte Grant mit ironischer Miene. »Na los, muntere mich noch ein bisschen auf. Das machst du wirklich sehr gut.«
    Ja, dachte Victoria, da war er wieder, ihr alter Grant. Sie musste lächeln. »Na ja, schließlich bist du nicht zu spät gekommen, sondern genau richtig, um mich zu retten. Warum sich also Gedanken machen, was hätte passieren können? Das ist doch sinnlos.«
    »Weil …« Grant atmete tief durch. »Weil es für einen Mann schon etwas Besonderes ist wenn er eines Tages erkennt dass eine kleine, zerbrechliche Frau, die ständig in Schwierigkeiten steckt, für ihn der Sinn des Lebens

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