Schnupperküsse: Roman (German Edition)
vernünftiges Gespräch mit ihm zu führen.
»Mach einfach die Musik leiser!«
»Bestimmt nicht!«, erwidert er, woraufhin ich den Stecker aus der Steckdose ziehe und die Funken aus ihr sprühen. Das alte Haus mag so etwas wohl nicht. Es scheint auf Adams Seite zu stehen, denn danach ist ein Klicken zu hören, und sämtliche Lichter gehen aus. So viel zur Stimmungsaufhellung. Das Haus hüllt sich in völlige Dunkelheit.
»Jennie, ist da oben alles in Ordnung?«, ruft Guy von unten.
»Ich habe es geschafft, dass die Sicherung vom Licht durchgebrannt ist«, rufe ich zurück und kann dabei meine Belustigung nicht verbergen.
»Mum, du hast es geschafft, dass sämtliche Sicherungen durchgebrannt sind«, korrigiert mich Adam.
»Das kriege ich schon wieder in Ordnung.« Ich drehe mich um und taste mich entlang der Wand zur Tür.
»Du meinst wohl, du wirst Guy bitten, es wieder hinzukriegen.«
Und genauso ist es. Als ich wieder unten bin, sind Georgia und Sophie, die sich an ihrer großen Schwester festhält, in dem kleinen Nebenzimmer vor der Küche. Obwohl ihr Gips schmuddelig ist, leuchtet er schwach in der Dunkelheit.
»Sophie hat Angst vor Geistern«, erklärt mir Georgia.
»Hab ich gar nicht! Aber du!«, erwidert Sophie entrüstet.
»Blödsinn!«, protestiert Georgia.
»Na, wenn das so ist, dann hast du bestimmt nichts dagegen, wenn ich mir dein Handy ausleihe«, sage ich zu ihr und hole es mir. »Danke!«
»Ah, da bist du ja, Jennie«, sagt Guy und kommt zu uns. »Der Sicherungskasten ist im Schrank in der Diele. Das Haus braucht eine neue Elektrik.«
»Ja, wie schade, dass der frühere Besitzer mir das nicht früher gesagt hat, denn dann hätte ich vielleicht den Preis noch etwas herunterhandeln können«, antworte ich heiter. Ich kann mir eine neue Elektrik nicht leisten. Meine finanzielle Situation hat sich verändert. Als ich mit David verheiratet war, hätte dieser vielleicht über ein leeres Girokonto gestöhnt, doch hatte er immer irgendwo heimliche Reserven, die er überweisen konnte. Ich musste mir nie um Geld Sorgen machen, doch diese Sicherheit habe ich mit dem Ende meiner Ehe aufgegeben, wenngleich ich meinen Schritt nicht bereue. Ich mag meine Unabhängigkeit. Ehrlich gesagt, frage ich mich im Nachhinein, wovor ich je Angst hatte.
Ich führe Guy in die Diele und öffne den Schrank. Ich weiß nicht, warum, denn er kennt sich wahrscheinlich in Uphill House – ich meine, Jennie’s Folly – besser aus als ich.
»Soll ich dir die Taschenlampe geben?«, frage ich und meine damit das Handy, während er in die Hocke geht und sich nach vorne beugt.
»Halt du sie für mich!« Seine Zähne blitzen in der Dunkelheit auf. »Du musst näher herankommen.«
Ich stehe hinter ihm und leuchte mit dem Lichtstrahl des Handys über seine Schulter.
»Noch näher!«, flüstert er, und ich rücke noch weiter nach vorne. Dabei stoße ich gegen seine Ferse, verliere das Gleichgewicht und fasse nach seiner Schulter, um mich wieder zu fangen. Er greift mit seiner Hand nach meiner, dreht sein Gesicht um und schaut mich mit glänzenden Augen an. »Also, hier ist auf jeden Fall Spannung in der Luft, findest du nicht?«
»Na, das hoffe ich doch..« Ich lockere meinen Griff auf seiner Schulter, lasse meine Hand aber da, wo sie ist.
»Wir reden aber hier nicht aneinander vorbei, oder?«, fragt er mit heiserer Stimme. »Ich meine, ich spreche hier nicht von dem Sicherungskasten.« Er streichelt meine Finger, woraufhin mein Puls nach oben schnellt.
Ich würde zu gerne etwas Gescheites oder Verführerisches sagen, doch da ist sein Mund schon auf meinem, und ich verliere meine Sprach- und Denkfähigkeit, bis ich das Geräusch von Schritten hinter uns höre und den zuerst wippenden und dann den Flur entlang fahrenden Lichtstrahl einer kräftigeren Taschenlampe bemerke.
»Gibt’s ein Problem?«, fragt Adam und ist Guy gegenüber ungewöhnlich kurz angebunden.
»Halt die Taschenlampe hierhin!«, sage ich und trete zurück. »Wir sehen rein gar nichts!«
»Ich kann alles sehen«, erklärt er mir ruhig.
»Dann iss du mal schön den Möhrenkuchen deiner Mutter weiter«, bemerkt Guy, als ob er damit versuchen würde, eine peinliche Situation zu überspielen.
»Ich mag keinen Möhrenkuchen«, erwidert Adam, und ich höre seiner Stimme die Auflehnung an. Ich bin kein Kind mehr, also behandle mich auch nicht so! Trotzdem hält er seine Taschenlampe in den Schrank, so dass Guy die Sicherungen hereindrücken kann und wir
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