Schuld währt ewig
keine charakteristischen Bohrungen oder Stege.« Bedauernd hob sie die Hände. »Und auch bei den Autovermietungen und Werkstätten bin ich nicht weitergekommen. Nirgendwo ein beschädigtes Scheinwerferglas an einem dunklen SUV mit verchromtem Bullenfänger.«
Noch vor ein paar Tagen hatte Dühnfort geglaubt, der Mord an Jens Flade wäre schnell zu lösen. »Mal abwarten, was die Kollegen von Wirtschaft finden. Vielleicht geht es um Korruption.«
Mit einer Hand fuhr Alois sich durchs Haar. »Ich weiß ja nicht. Und mir ist klar, dass ich mich wiederhole. Aber unsere Zuständigkeit beruht einzig und allein auf Zeugenaussagen. Dass Zeugen sich gerne wichtigmachen, ist bekannt. Keiner von denen war wirklich nah am Geschehen, und das bei Dämmerung. Ich bitte euch.«
Es gab keine Bremsspuren. Jemand hatte etwa fünfzehn Minuten auf Flade gewartet und ihn dann skrupellos überfahren. Dühnfort hatte nicht vor, diese Argumente nochmals zu wiederholen. Etwas anderes spukte in seinem Hinterkopf herum: Knöllchen-Eugen. Er wandte sich an Gina. »Sag mal, hast du inzwischen mit Voigt gesprochen?«
Sie verzog den Mund. »Er hat nichts gesehen. Ausgerechnet an dem Abend hatte er Durchfall und ist mehr auf dem Klo gehangen als am Fenster.« Bedauernd hob sie die Hände. »Shit happens.«
16
Zwei Tage später stand Dühnfort morgens kurz vor halb sieben unter der Dusche und versuchte mit Hilfe des Massagestrahls seine Nackenmuskulatur ein wenig zu lockern. Gut, dass das neue Bett demnächst geliefert wurde.
Im Fall Flade kamen sie einfach nicht weiter. Keine verwertbaren Spuren, die Firma war sauber, keine krummen Geschäfte. Und auch privat schien alles in bester Ordnung gewesen zu sein. Nichts. Nothing. Niente. So hatte Gina den Ermittlungsstand gestern bezeichnet. Sie mussten noch tiefer graben.
Gina rumorte in der Küche. Kaffeeduft zog ins Bad. Daran könnte ich mich gewöhnen, dachte er. Morgens nicht alleine zu sein, den Tag mit einer gemeinsamen Tasse Kaffee und einem Gespräch zu beginnen, dann einen Kuss, bevor er sich zur Arbeit verabschiedete. Bei diesem Gedanken musste er lächeln. Dieser Kuss würde nicht hier, sondern im Präsidium erfolgen, wenn er in die eine Richtung ging und sie in eine andere. Nur welche?
Mit dieser Überlegung war er nun wieder bei den bevorstehenden Entscheidungen angelangt, die ihm im Magen lagen. Wann würden die Heimlichkeiten ein Ende haben? Wo würden Gina und er wohnen? Seit sie im Outland auf ihre Art nachgefragt hatte, ob er bereit war, mit ihr zusammenzuleben, hatten sie über das Thema nicht weiter gesprochen. Wieder einmal machte er die Dinge mit sich aus, sagte nicht, welche Gedanken er wälzte. Wieder einmal zog er sich zu sehr zurück. Was war dabei, zu sagen: Ja, lass uns zusammenziehen. Das ist eine wundervolle Idee. Ich liebe dich, und außerdem kann ich mir dich wunderbar als Mutter vorstellen. Lass uns Kinder haben und gleich damit anfangen. Ja?
Er seufzte und wusch sich das Shampoo aus den Haaren. Mit genau dieser Art von Ungeduld hatte er Agnes in die Flucht geschlagen. Denselben Fehler würde er nicht noch einmal begehen. Es war besser, einen Schritt nach dem anderen zu tun. Er wollte Gina nicht überfordern und schon gar nicht überrumpeln. Doch zum Thema gemeinsame Wohnung musste er langsam mal etwas sagen. Sie wartete auf seine Antwort.
Sosehr er Bodo und Dorothee mochte und auch Ferdinand und Xenia, er konnte sich nicht vorstellen, mit ihnen zusammen zu wohnen, dasselbe Bad mit ihnen zu teilen und dieselbe Küche. Er hatte eine Fülle an Eigenheiten und Spleens. Aus dem WG -Alter war er definitiv raus. Und seine Wohnung war auf Dauer zu klein für zwei.
Als er den letzten Rest Duschgel von der Haut spülte, kam Gina ins Bad und winkte mit seinem Handy. Er stieg aus der Kabine, gab ihr einen nassen Kuss und griff nach dem Mobiltelefon. Im Display erkannte er die Nummer der Einsatzabteilung. Berentz meldete sich. »Der Tag fängt gut an. Hast du schon vor dem Frühstück Lust auf Arbeit?«
»Muss nicht unbedingt sein.«
»Ich kann ja auch nichts dafür. Aber es gibt Leute, die machen um diese Zeit bereits Spaziergänge. Und so jemand hat am Unterföhringer See eine Leiche gefunden. Die Kollegen der Schutzpolizei erwarten euch. KTU und Rechtsmedizin habe ich schon informiert. So bleiben dir ein paar Minuten fürs Frühstück.«
»Danke für den Service.« Dühnfort legte auf. Lautlos sagte er: Merde! Üblicherweise forderte er Buchholz und Dr. Weidenbach
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