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Schumacher, Jens - Deep

Schumacher, Jens - Deep

Titel: Schumacher, Jens - Deep Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Schumacher
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wieder nachgewachsen. Hat fast den Anschein, als sei das Boot vor nicht allzu langer Zeit von einem höher gelegenen Punkt abgerutscht. Möglicherweise hat es sich dabei in der Schlucht verkeilt.«
    »Vielleicht hat sich diese Spalte auch erst kürzlich aufgetan?«, vermutete Henry. »Als Folge eines Seebebens zum Beispiel. Das wäre doch möglich, oder?«
    McKenzie nickte. »Du hast recht. Ein Erdstoß könnte den Boden zum Aufreißen gebracht haben. Das Wrack geriet in Bewegung, rutschte hangabwärts und wurde mit seinen knapp zweitausend Tonnen Gewicht in den Spalt gerammt.«
    Die Ki’tenge hatte jetzt den Bug der U-196 erreicht. McKenzie nahm Fahrt weg und wendete. »Kein messbares Strömungsverhalten. Dann lasst uns mal einen Blick ins Innere werfen.«
    Der Biologe hantierte an Hauptsteuerhebel sowie mehreren zusätzlichen Kontrollen, die für die Schwenkwinkel der Heck- und Seitenmotoren zuständig waren. Gekonnt manövrierte er das Tauchboot wenige Meter an der Steuerbordseite des stählernen Riesen entlang.
    Als sie den Turm passierten, erschienen die teilweise abgeblätterten Überbleibsel einer Kennung im Licht der Scheinwerfer.
    »U-196«, las Henrys Vater. »Hier also hat sie sich 1944 zur letzten Ruhe begeben.«
    »Bringen Sie uns näher an die Fenster, Dr. McKenzie!« Becca deutete auf eine Reihe gleichmäßig geformter Öffnungen, die sich über die Seite des Rumpfes hinzog.
    Mit verkniffenem Gesicht bearbeitete der Biologe die Kontrollen. Träge, beinahe wie in Zeitlupe näherte sich die Ki’tenge der Außenhaut des größeren Unterwasserfahrzeugs.
    Henry spähte mit angehaltenem Atem aus dem Bugfenster. Die Sicht war alles andere als optimal. Der Meeresboden bestand zwar nicht aus Sand, dennoch wirbelten die Motoren Unmassen von Schwebeteilchen und Schlick vom felsigen Grund auf. Die daraus resultierenden Wolken waren zäh und undurchsichtig wie dichtester Londoner Nebel.
    Als sich der Schleier ein wenig senkte, sah sich Henry unvermittelt einem der Bullaugen gegenüber. Es war kaum zwei Meter vom Bug der Ki’tenge entfernt.
    Hinter dem Glas war nichts als Finsternis auszumachen.
    Plötzlich schrie Becca gellend auf, ganz dicht neben Henrys Ohr! Er zuckte zurück – und schlug mit dem Kopf gegen das Kinn von Gordon McKenzie, der nur eine Handbreit hinter ihm saß. Die Zähne des Meeresbiologen krachten aufeinander, seine Zigarre purzelte, säuberlich entzweigebissen, über Henrys Schulter zu Boden.
    »Verdammt! Beinahe hätte mich ein weiteres Mitglied der Wilkins-Sippe ein paar Zähne gekostet.« Sich mit der Hand das Kinn reibend, starrte McKenzie Becca an, die mit panischem Blick aus dem Bugfenster starrte.
    Auch Henry wandte sich fragend in ihre Richtung. »Was war denn los, verflixt? Mir ist beinahe das Trommelfell geplatzt!«
    »Von dem Herzinfarkt, den ich um ein Haar erlitten hätte, gar nicht erst zu reden«, ließ sich sein Vater von hinten vernehmen.
    »Da war etwas«, flüsterte Becca tonlos. »Am dritten Bullauge von rechts.«
    Die Blicke der anderen richteten sich auf die betreffende Fensteröffnung. Die ovale Scheibe, wie alle anderen mit intaktem Panzerglas versehen, war dunkel. Nichts war dahinter zu erkennen.
    »Was soll da sein?«, erkundigte sich McKenzie.
    »Da war etwas«, wiederholte Becca. »Etwas Helles … Ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll. Es sah aus, als drücke sich irgendetwas von innen gegen das Glas. Etwas Weiches. Und dann, bevor ich noch Luft zum Schreien geholt hatte, huschte es zur Seite und war weg.«
    »Es huschte zur Seite?« Dr. Wilkins klang skeptisch. »Wie ein Fisch?«
    Becca schüttelte den Kopf. »Nein. Es sah nicht aus, als würde es schwimmen. Die Bewegung war fließender, muskulöser. Als ob sich ein großes, schwereres Etwas bewegt. Ich …«
    »Verdammt!«
    Diesmal war es Gordon McKenzie, der einen kehligen Ruf ausstieß. Sein Zeigefinger schnellte vor, wies auf ein Bullauge weiter links.
    Die Köpfe von Henry, Becca und Donald Wilkins wirbelten herum – gerade noch rechtzeitig, um einen Blick auf das zu erhaschen, was aus dem Innern des Schiffes durch die Scheibe zu ihnen herausstarrte.
    Zunächst erkannte Henry nur eine unförmige, graue Masse. Die Größe schien ungefähr der eines menschlichen Gesichts zu entsprechen, allerdings konnte dies auch an den beschränkenden Ausmaßen des Bullauges liegen. Unregelmäßige Rillen durchzogen das Grau, erweckten den Eindruck einer weichen, gummiartigen Oberfläche.
    Dann, als spüre das

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