Schwerter der Liebe
müssen. Einen Moment lang hatte sie sich gefragt, ob sie vielleicht etwas an sich hatte, das sie für ihn auf die gleiche Weise anziehend machte, wie es bei seinen anderen Frauen der Fall gewesen sein mochte, doch das war etwas ganz anderes.
»Meine Sorge gilt unserer Vereinbarung«, sagte sie klar und deutlich. »Ich bin kein unvernünftiger Mensch, hoffe ich. Aber ich werde meinen Ehemann nicht mit anderen Frauen teilen, und ich werde mich auch nicht zu einer Sklavin machen lassen, die zu Hause bleibt und sich um die Kinder kümmert, während sich der Herr mit seinen Freunden vergnügt.«
»Faszinierend«, murmelte er. »Vor allem, dass Sie von Kindern gesprochen haben, also in der Mehrzahl.«
Ihr Gesicht begann prompt zu glühen. »Ich ... nun, ich nahm an ... ich will sagen, ich dachte, wir würden eine normale Ehe führen, und dazu gehören sicherlich ...«
»Davon gehe auch ich aus«, unterbrach er sie. »Ich hätte gern ein Kind von Ihnen.«
Kaum hatte er das ausgesprochen, zog er sie mit sich zu einer schier endlosen Folge von Kreisen und Drehungen, was ihr nur recht war, da sie ohnehin nicht wusste, was sie hätte antworten sollen. Sie folgte seiner Führung mit instinktiver Eleganz, reagierte auf jede Bewegung und Berührung, auf jeden Blick so, als wären Geist und Körper zu einer Einheit verschmolzen. Es war wundervoll, dass sie mit ihm mithalten konnte, und es war so aufregend, als würde mit einem Mal ihr Blut überschäumen. Sie schien über die Tanzfläche zu schweben, sie ließ sich von seinen meisterhaften Tanzschritten führen, während sie ein Lächeln präsentierte, das aus reinster Freude geboren war. Ihre Hand auf seinem Ärmel klammerte sich derweil am muskulösen Arm fest, der ihr Halt gab und sie im Gleichgewicht hielt.
Irgendwann hörte die Musik dann auf. Nicholas verbeugte sich, sie machte einen Knicks, dann begleitete er sie zu dem Tisch, an dem ihre Mutter mit einigen Freundinnen saß.
Juliette atmete so tief durch, wie es der Druck der Fischbeinstäbchen in ihrem Korsett zuließ, während sie versuchte, wieder zu Atem zu kommen und ihre gelassene Ruhe zurückzuerlangen, an der sie so lange gearbeitet hatte, bis sie sie endlich perfekt beherrschte. Nach höchstens einem halben Dutzend Schritten sprach Nicholas sie unerwartet an.
»Falls Sie in dieser Woche zum Literatursalon von Madame O’Neill eingeladen werden sollten, würden Sie dann hingehen?«
»Es wäre mir sogar ein Vergnügen«, entgegnete Juliette. Sie hatte bereits gehört, dass diese literarischen Treffen sehr interessant waren.
»Ausgezeichnet. Ich werde veranlassen, dass sie Sie einlädt. Ich glaube ... was ich sagen will: Es scheint, es wäre umso besser für uns, je öfter wir uns vor der Heirat sehen könnten.«
Überrascht bemerkte sie, dass er ihr bei diesen Worten nicht so direkt wie üblich in die Augen sah. War er vielleicht doch nicht so glücklich mit dieser sonderbaren Verlobung, wie er vorgab? »Das dürfte wohl richtig sein.«
Ein Lächeln ließ seinen Mundwinkel leicht zucken, vielleicht ausgelöst durch den nachdenklichen Tonfall in ihrer Stimme. »Es wird auch gut sein, wenn wir all unsere Fehler und Schwächen, unsere Sünden und Geheimnisse im Voraus enthüllen.«
Für mehr blieb keine Zeit, da sie die Ecke der Anstandsdamen erreicht hatten. Nachdem der Punkt überschritten war, ab dem ihre Unterhaltung höflich und harmlos sein musste, wurde ihr bewusst, dass er vielleicht einen verheimlichten Grund für seine Einladung hatte — irgendein Geheimnis oder eine Sünde, hinter die sie erst noch kommen musste. Gleichzeitig erkannte sie, dass er nie auf ihre Herausforderung reagiert und ihr nicht versprochen hatte, jenem Leben abzuschwören, das er jetzt als sorgloser und gefährlicher Fechtmeister führte.
Nicholas verließ das Haus der Plauchets nach seinem zweiten Tanz mit Juliette. Zum einen fürchtete er, sie könnte bloß noch misstrauischer werden, als sie es ohnehin schon war, zum anderen war dieser Abend weit von allem entfernt, was er als angenehm und unterhaltsam empfand. Zugegeben, er war daran gewöhnt, dass man ihn anstarrte und hinter seinem Rücken über ihn tuschelte. Das gehörte nun einmal dazu, wenn man ein Maitre d'armes war. Stets gab es Leute, die einen Mann wie ihn als bösartig und verdorben hinstellten, weil sie ein heimliches Vergnügen dabei empfanden, in so gefährlicher Gesellschaft gesehen zu werden. Er war es jedoch nicht gewöhnt, wie ein Aussätziger
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