Schwur der Sünderin
dass ihr Herz vor Freude zerspringen würde. »Ich bin es nicht gewohnt, in einem Haus mit vielen Menschen zu leben« war ihr einziger Einwand gewesen.
Joß hatte verständnisvoll genickt. »Es wird eine Umstellung für dich werden. Vor allem musst du dir im Klaren sein, dass du in Mehlbach nicht mehr mit Joß Fritz, sondern mit Daniel Hofmeister zusammenleben wirst.«
»Was bedeutet das?«, frage Else neugierig.
»Langeweile!«, hatte Joß lachend geantwortet.
Nun saß Else in der Küche der Familie Hofmeister und wusste nicht, wie sie sich verhalten sollte. Unsicher blickte sie in die Runde. Da Joß nur ihren Namen genannt hatte, erklärte sie: »Ich komme aus Lehen.«
»Das wissen wir«, murmelte Jakob, ohne sie eines Blickes zu würdigen. Alle anderen nickten und stellten sich ihr vor.
»Else wird ab heute auf dem Hofmeister-Gehöft leben«, erklärte Joß und blickte dabei reihum jedem in die Augen. Jakob wollte aufbegehren, doch Peter trat ihm unter dem Tisch gegen das Schienbein, sodass er schwieg.
Anna Maria blickte zu Johann, der bis zu diesem Augenblick stumm dagesessen hatte. Sie räusperte sich und sagte: »Da Hauser dich in Landstuhl nicht angetroffen hat, habe ich nicht damit gerechnet, dich hier zu sehen.«
»Als der Wirt mir die Nachricht zukommen ließ, dass Veit in Mehlbach lebt und in Schwierigkeiten steckt, habe ich ebenso wenig damit gerechnet, dich hier anzutreffen«, brummte Johann und blickte sie finster an.
»Wie geht es Veit? Was habt ihr von ihm gehört?«, fragte Anna Maria ungeduldig. Doch sie traute sich kaum, die Frage laut auszusprechen aus Angst, dass sie Schlimmes hören würde.
»Johann weiß, wo Veit im Kerker sitzt. Allerdings haben wir keine Ahnung, ob er noch …« Peter schaute erschrocken seine Schwester an.
»Ich weiß, dass es Veit nicht gutgeht, aber er lebt!«, erklärte Anna Maria mit fester Stimme. »Ich hätte seinen Tod in meinen Träumen gespürt.«
»Also doch eine Seherin!«, murmelte Johann und blickte sie vorwurfsvoll, doch bewundernd an.
Bevor jemand auf seine Bemerkung eingehen konnte, fragte Anna Maria hastig: »Was ist mit Ullein?«
»Sobald wir Veit befreit haben, werde ich mich um Ullein kümmern«, sagte Johann. »Ich kann es kaum erwarten, diesem Mistkerl gegenüberzutreten.«
»Vater, hast du einen Plan, wie wir Veit aus dem Kerker befreien können? Du weißt: Jeder Tag zählt.«
»Morgen werden Hauser, Johann und ich einen Plan ersinnen, und spätestens übermorgen werden wir dir deinen Mann zurückbringen«, versprach Joß und erhob sich von der Küchenbank. »Komm, Else!«, sagte er. »Es war ein langer Weg bis hierher.«
»Wo willst du mit ihr hin?«, fragte Jakob und blickte entsetzt auf.
»In mein Schlafzimmer«, antwortete sein Vater und strafte ihn mit finsterem Blick. Dann verließ er mit Else die Küche.
»Wo soll ich schlafen?«, fragte Johann, der sich ächzend erhob. »Anna Maria wird ihre Kammer nun selbst bewohnen wollen.«
»Du darfst mit mir das Lager teilen«, schlug Hauser schmunzelnd vor. »So kannst du mir von deinem Feldherrn Franz von Sickingen erzählen, unter dem ich gerne gedient hätte.«
Else wälzte sich unruhig auf ihrem Lager hin und her und fand keinen Schlaf. Mit starrem Blick schaute sie zur Decke und konnte nur schwer durchatmen. Alles war ihr fremd in diesem Haus. Die Menschen, die ihre Familie werden sollten, die Gerüche in den Zimmern, das Bett, das nicht ihr eigenes war und einer anderen Frau gehört hatte – das Leben, das sie zukünftig führen sollte, ängstigte sie. Es wird für alle das Beste sein, wenn ich zurück nach Lehen gehe. Dort kenne ich jeden Stein, jeden Strauch und muss mich nach niemandem richten, dachte sie.
Else stand auf und legte sich das Tuch um die Schultern. Leise schlich sie zur Tür und öffnete sie langsam, um ihren schnarchenden Mann nicht zu wecken. Sie ging die Treppe hinunter und blickte sich kurz um. »Das muss die Tür zur Küche sein«, murmelte sie und öffnete diese.
Als sie Jakob am Tisch sitzen sah, zuckte sie erschrocken zusammen.
»Mach die Tür zu, es zieht!«, raunzte er verhalten.
»Ich wusste nicht …«, stammelte Else, doch Jakob unterbrach sie:
»Was willst du?«
»Darf ich mir einen Sud brühen?«, fragte sie verlegen.
»Du bist jetzt die Bäuerin auf dem Hof und kannst somit tun und lassen, was dir gefällt«, knurrte er und blickte sie grimmig an.
Else setzte sich zu ihm und sagte: »Ich werde zurück nach Lehen
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