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Seelenfänger

Seelenfänger

Titel: Seelenfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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der schmalen Fenster.
    Wenn du nicht sofort die Käfer zurückrufst und die weiße Tür öffnest …, schrieb Florence.
    Ja? , fragte das Buch spöttisch. Was dann?
    »Dann verbrennen wir dich«, sagte Florence, während sie gleichzeitig diese Worte auf das Papier schrieb. »Benedict … Mal sehen, was das Buch von Feuer hält.«
    Der kleine Mann tanzte weiter, stieß weiterhin Käfer zurück und klopfte einige schwarze Krabbler von seinem Overall. »Was?«, rief er, und: »Verdammt, verdammt!«
    »Bringen Sie den Brenner hierher zum Buch. Mal sehen, wie ihm die Flamme gefällt.«
    Mal sehen, ob du brennst, schrieb sie.
    Das wagst du nicht, dummes Kind!
    »Glaubst du?«, brummte Florence.
    »Was?«, rief Benedict und tanzte an ihr vorbei. »Was?«
    Florence riss ihm das pistolenartige Instrument aus der Hand, hielt es an den Buchrücken und drückte den Abzug. Eine dünne gelbblaue Flamme leckte nach dem Leder, das sofort verkohlte. Weitere Flammen entstanden und fraßen sich hungrig ins Pergament. Florence schlug mit der Hand darauf.
    Pfeif deine Käfer zurück, schrieb sie hastig. Jetzt sofort.
    »Verdammt, verdammt !« , heulte Benedict. Er versuchte nicht mehr, die schwarzen Insekten zurückzustoßen, er trampelte jetzt auf ihnen herum, zerstampfte und zerquetschte sie zu einer breiigen Masse, als wollte er eine Art Barriere schaffen, die das steinerne Pult mit dem Buch umgab. Aber die Käfer jenseits dieser Barriere krabbelten weiter, über die Reste ihrer toten Artgenossen hinweg. Immer mehr von ihnen schafften es, erst an Benedicts Stiefeln emporzuklettern und dann an den Beinen. Der kleine Mann schrie jetzt, er heulte die ganze Zeit und rannte immer schneller um den Sockel, wie in dem Versuch, den Insekten auf diese Weise zu entkommen. »Verdammt, verdammt!«
    Florence hob die linke Seite des Buchs, hielt den improvisierten Schneidbrenner daran und drückte erneut den Abzug. Sofort fraß sich eine Flamme durchs Papier.
    Schriftzeichen erschienen. Nein, nein, bitte nicht!
    Florence erstickte die kleine Flamme unter ihrer flachen Hand und zog dann den Federkiel übers Papier. Weg mit den Käfern, sofort!
    Etwas strich durch den Raum, wie ein Windhauch, der nur Staub bewegen konnte, mehr nicht, aber die Käfer hielten plötzlich inne. Benedict lief noch immer, und seine Stiefel zermalmten weitere Insekten, die sich nicht mehr rührten; Florence beobachtete, wie einige Käfer, die es bis zum Gürtel seines Overalls geschafft hatten, von ihm abfielen.
    Lass sie verschwinden, schrieb Florence. Weg mit ihnen, damit wir in Ruhe reden können.
    Reden? , antwortete das Buch.
    Reden, schreiben, kommunizieren, was auch immer. Jetzt s-o-f-o-r-t!!!
    Drei Ausrufezeichen?
    Florence verbrannte noch ein Stück vom ledernen Einband, und auf der angesengten Seite, unter den fetten schwarzen Schriftzeichen des Buches und Florences krakeliger Schrift, erschien ein langer, wie von zittriger Hand gemalter Schnörkel, vielleicht das Äquivalent eines Schreis.
    »Sie fressen mich!«, heulte Benjamin. »Die verdammten Biester fressen mich!« Er lief jetzt nicht mehr um den Sockel, sondern schien eine Art Veitstanz aufzuführen. Unter seinen Stiefeln brachen weitere Chitinpanzer, während er nach Käfern schlug, die wie Blutegel an seinem Hals hingen und versuchten, sich mit ihren Beißzangen durch den Stoff des schmutzigen Overalls zu schneiden.
    Plötzlich ließen die Käfer von ihm ab. Sie fielen zu Boden, wichen den trampelnden Stiefeln aus, krochen durch den Brei ihrer zertretenen Artgenossen und kehrten mit den anderen zu den Wänden zurück – es sah nach einer schwarzen Woge aus, die ins Grau der Mauern zurückwich, wie von ihr aufgesogen.
    Es dauerte eine Weile, bis Benedict begriff, was geschehen war. Er hüpfte noch immer mehr oder weniger auf der Stelle, schlug nach Käfern, die gar nicht mehr da waren, und schrie die ganze Zeit über, dass sie ihn bei lebendigem Leib auffraßen. Dann merkte er plötzlich, dass die Käfer – die lebenden – verschwunden waren, und sein Mund klappte zu.
    Einige Sekunden lang war nur das Fauchen des Sturms zu hören.
    Dann kratzte es. Nimm das Ding mit dem Feuer weg , schrieb das Buch.
    Florence hielt das pistolenartige Gerät in der linken Hand, und mit dem Federkiel in der rechten schrieb sie: Öffne das Tor.
    Das kann ich nicht.
    Was soll das heißen?
    »Ich kann kaum lesen, was Sie schreiben«, sagte Benedict, der jetzt neben dem Pult stand und auf das Buch starrte.
    Florences

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