Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seelenqual: Peter Nachtigalls zweiter Fall (German Edition)

Seelenqual: Peter Nachtigalls zweiter Fall (German Edition)

Titel: Seelenqual: Peter Nachtigalls zweiter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Steinhauer
Vom Netzwerk:
fest.
    »Wer von uns sollte wohl so blöde sein, hä?« Marie funkelte ihn mit ihren grünen Augen wütend an. »Wo soll ich denn jetzt meine Trips herkriegen, du Schlaumeier?! Nur bei Friederike hatte ich noch Kredit – und sie hat auch immer mal so was springen lassen. Wäre doch vollkommen bescheuert so jemanden umzubringen!« Sie warf ihr lockiges, schwarzes Haar zurück und nestelte nervös an ihrem schwarzen Shirt. Die Beine hatte sie im Schneidersitz verschränkt und Marlin fiel zum ersten Mal auf, wie schön sie war. Ihre zarte Haut schimmerte sanft im Licht der Kerzen und der Wind ließ immer wieder neue Schatten wie magische Symbole über ihre Wangen huschen.
    »Sie waren es. Sie und ihre Spione sind überall«, steuerte Groovi bei. Er war der Jüngste der Gruppe und keiner wusste so genau, woher er gekommen war. Eines Abends saß er bei ihnen und stellte sich mit »Ich bin Groovi« vor. Viel mehr wussten sie auch jetzt, nach zwei Monaten, nicht von ihm. Marlin hielt ihn für einen Ausreißer, der wohl im Herbst wieder in die Wärme einer festen Behausung flüchten und sich von Mami aufpäppeln lassen würde. Der Junge trug zerschlissene Jeans und ein rotes Che Guevara Shirt. Die Haare waren, wie die von Marlin, zu Dreads verfilzt. Ursprünglich waren sie wohl blond, doch nun schon ziemlich verdreckt, so dass man die eigentliche Farbe kaum mehr identifizieren konnte. Marlin schätzte Groovi auf maximal dreizehn. Er erinnerte ihn an seine eigene ziemlich verkorkste Kindheit und manchmal fühlte er sich sogar für ihn verantwortlich.
    »Halt du doch deine Klappe!«
    »Pffff, ihr habt eben keine Ahnung. Deshalb seid ihr auch immer so aggro zu mir.«
    »Ja. Bestimmt. So wird das wohl sein«, murmelte Marlin vor sich hin und versuchte Lucifer durch sanftes Streicheln zu beruhigen. Aber die Ratte schnappte nach ihm und nahm ihre Strecke wieder in Angriff.
    Katja ließ eine Flasche Goldkrone kreisen, die sie unter ihrem Gypsyrock hervorgezaubert hatte.
    »Wer is’n gestern als Letzter gegangen?«
    »Marlin, Lucifer und ich.«
    ›Ich‹ war Matz, der gerade rechtzeitig zu der Gruppe gestoßen war um an der ersten Schnapsrunde beteiligt zu werden.
    »Lucifer kann bezeugen, dass Friederike noch gelebt hat, als wir gingen.« Marlin war beleidigt. Wie konnte jemand ernsthaft annehmen, er sei zu so einer grauenvollen Tat fähig? Niemals könnte er jemanden erstechen! Er konnte noch nicht einmal den Anblick von Blut ertragen – und überhaupt: Nie würde er jemanden vor den Augen Lucifers töten, also wirklich nicht!
    »Es sind blaue, kleine Nebelfetzen. Sie setzen sich in den Haaren der Leute fest. Wabern in der Frisur hin und her, mal hellblau, mal dunkel. Sie übernehmen ganz langsam das Denken. Erst merkst du es gar nicht und dann, wenn dir seltsam vorkommt, was du denkst, ist es schon zu spät«, mischte Groovi sich wieder ein.
    »Gib dem bloß keinen Schnaps mehr!«, forderte Marie und fragte dann »Was hast du denn für ein Zeugs genommen, hä?«
    Aber Groovi winkte nur müde ab und blieb die Antwort schuldig.
    »Marlin war’s nicht«, stellte Matz klar. Die Ketten um seine DocMartens klirrten leise, als er sich zu ihnen auf die Parkbank setzte.
    »Matz war’s auch nicht. Wir drei haben artig tschüss gesagt. Friederike wollte noch wissen, ob wir sie jetzt ernsthaft auf dem ganzen Partydreck sitzen lassen wollten. Als wir ihre Vermutung bestätigten, hat sie schrill gelacht, uns hochkant rausgeworfen und die Tür hinter uns zugeknallt. Lucifer wäre vor Schreck beinahe runtergefallen.«
    »Hast du das den Bullen auch so erzählt?«
    »Nee. Denen hab ich erzählt, Lucifer und ich hätten Friederike mit einem Typen im Schlafzimmer gehört, als wir gegangen sind.« Er zuckte wie entschuldigend mit den Schultern. »Na, ich wusste doch nicht, ob die auch Matz mitgenommen hatten und ich wollte ihn da nicht reinziehen.«
    »Hat denn überhaupt jemand einen Grund Friederike was anzutun?«, nuschelte Kati und zog gierig an einem Joint, der in der entgegengesetzten Richtung zur Schnapsflasche kreiste.
    Schweigend starrten sie in die Kerzenflammen.
    »Manchmal sind sie auch grün oder zartgelb. Die sind die Schlimmsten. Sie schlüpfen durch die Augen oder Ohren direkt ins Hirn und was man dann sieht ist Gedankenschaum.«
    »Ist ja gut, Groovi.«
    Doch einmal in Fahrt gekommen war der Junge nicht so schnell zu bremsen. »Im Wasser sind sie auch. Kleine Tröpfchen, rot wie Blut. Wenn es regnet, fallen sie auf die Leute

Weitere Kostenlose Bücher