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Seit du tot bist: Thriller (German Edition)

Seit du tot bist: Thriller (German Edition)

Titel: Seit du tot bist: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie McKenzie
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die Geschichte ja wirklich ereignet?«, setzt sie nach.
    »Nein.« Ich muss kurz überlegen, was ich antworten soll. Ich könnte ihr die Wahrheit sagen, soweit sie mir bekannt ist – dass Regenherz meiner Fantasie entstammt, eine Mischung halb gedachter Gedanken und Ideen, kanalisiert durch einige Zeitungsartikel, fünf Minuten mitgehörtem Tratsch von der Bushaltestelle und dazu der Kummer zweier Freundinnen.
    Aber etwas an der Intensität, mit der sie mich anstarrt, hält mich davon ab, ihr das alles anzuvertrauen. »Es tut mir leid, Charlotte …« Ich sehe demonstrativ auf die Armbanduhr.
    »Oh … natürlich«, sagt sie etwas beleidigt. »Ich hab’s ja selbst eilig. Wenn ich den Zug in Paddington verpasse …«
    »Ich weiß.« Ich verziehe mitfühlend das Gesicht. Sie erwähnt die lange Anfahrt aus dem Westen zu meinem Schreibkurs beileibe nicht zum ersten Mal. Zweifellos verströmt sie »den Geruch des brennenden Märtyrers«, wie Hen zu sagen pflegt. Hinter ihr tauchen nun weitere Kursteilnehmer auf. Aus dem Augenwinkel sehe ich, dass der dritte Aufzug im ersten Stock angekommen ist.
    »Wie schon gesagt, war ich nur neugierig …« Sie beendet den Satz nicht. Sie wechselt die Tasche auf die andere Schulter, und ich bemerke, dass es eine von Orla Kiely ist – genau das Modell, das mir Hen zum letzten Geburtstag geschenkt hat.
    Auf der anderen Seite des Flurs gehen die Fahrstuhltüren auf, Studenten strömen hinein. Es ist nicht für alle Platz, und für mich erst recht nicht.
    »Also, ich muss jetzt wirklich los.«
    Charlotte starrt mich eindringlich an, sagt aber nichts. Aus ihren grünen Augen kann ich nichts lesen. Für einen Augenblick scheint es, als wäre sie wütend. Die Aufzugtüren sind nun wieder zu, und es stehen immer noch Menschen davor. Ich schiele zu den anderen beiden Aufzügen. Nun setzt sich der in meiner Nähe in Bewegung. Zweiter Stock …dritter Stock …
    »Ihr Werk ist einfach faszinierend, Geniver«, sagt Charlotte. Sie sagt das so kriecherisch, dass sich mir die Nackenhaare sträuben. Mit einem Klingelzeichen kommt der Fahrstuhl, und ich mache einen Schritt nach vorn.
    »Bis dann«, sage ich freundlich.
    Charlotte entgleisen die Gesichtszüge. Sie ruckt mit dem Kopf, und der Pferdeschwanz fliegt von einer Seite zur anderen. Erst habe ich ein schlechtes Gewissen, dann bin ich zunehmend gereizt. Die Türen schieben sich auf, alles drängt sich um uns, jeder möchte in den Lift. Wenn ich jetzt nicht loskomme, verpasse ich auch diesen hier. Ich schaffe es hinein.
    Leute drängen nach, und draußen höre ich Charlotte laut schniefen. Dann leiert sie:
    »Und … viel Glück mit Ihrem nächsten Buch.«
    Mir steigt die Röte ins Gesicht; zwei mir unbekannte Frauen starren mich an.
    Ich drücke den Knopf fürs Erdgeschoss. Während sich die Türen wieder schließen, frage ich mich, ob Charlotte weiß, was sie da gesagt hat. Ob sie weiß, dass ich seit acht Jahren nichts mehr geschrieben habe.
    Seit Beth.
    Ich schiebe diesen Gedanken beiseite und mache mich auf den Weg. Hen und ich wollen zusammen Mittagessen. Kurz vor dem Restaurant kommt mir ein kleines Mädchen mit zwei dunklen, kurzen Zöpfen entgegen. Es lächelt und hüpft in ihrer gestreiften Schuluniform neben seiner Mutter her. Ich bleibe stehen, drehe mich um und starre ihm nach. Mir ist augenblicklich bang zumute. Wie wenn man gerade eine Trennung hinter sich hat und auf der Straße einem Liebespaar begegnet, sehe ich seit Jahren Babys in Kinderwagen und Kleinkinder in Buggys und denke: »So würde Beth jetzt auch aussehen.«
    Bislang habe ich mich allerdings noch nie gefragt, ob die Kinder, die ich sehe, tatsächlich Beth sein könnten .
    Meine Angst wird immer stärker. Ich mache sogar einen Schritt in Richtung des kleinen Mädchens, bevor ich die panischen Gedanken zerstampfe. Sei vernünftig. Beth ist fort. Nur … die Panik kehrt sofort wieder. Vielleicht ist sie gar nicht fort. Sie könnte sehr wohl irgendwo sein, und du wirst es nie erfahren, Gen.
    Oh Gott. Ich zwinge mich, ins Restaurant zu gehen, und setze mich. Mir ist heiß, obwohl es hier kühl und ruhig und kaum ein Viertel der Tische besetzt ist. Ich schiebe die Gedanken an das kleine Mädchen mit den Zöpfen beiseite und mache mir Gedanken über die 50 000 Pfund, die Art an » MDO « gezahlt hat. Wer oder was ist MDO ?
    Als Hen mit 15-minütiger Verspätung eintrifft, ist der Raum merklich voller. Sie fliegt durch die Tür herein, mit fliegender Mähne, der Schal

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