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Settlers Creek

Settlers Creek

Titel: Settlers Creek Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Nixon
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wußte, daß alles vorbei wäre, wenn ihn jemand entdeckte.
    Schnell zog er die Leiche zum Rand der Decke und rollte sie darin ein.
    Er kniete noch, als ihn ein heftiger Schlag zwischen den Schultern traf. Er fiel nach vorn, mußte sich mit den Händen abstützen. Die alte Frau stand über ihm und hatte den Gehstock bereits zum nächsten Schlag erhoben. Er sprang auf und riß ihr den Stock aus der Hand.
    »Das hat verdammt weh getan!«
    »Sie dürfen Maaka nicht wegnehmen.« Dann sprach sie wieder Maori, ihre Stimme überschlug sich.
    Box schaute zur Tür, er hatte Angst, jemand könnte sie hören. Er packte ihren Arm. Seine Finger versanken in ihrem Fleisch, das sich anfühlte wie frischer Brotteig.
    »Beruhigen Sie sich.«
    »Fassen Sie mich nicht an!«
    »Ich möchte, daß Sie sich wieder hinsetzen und ruhig sind.«
    »Wer sind Sie? Warum tun Sie das?«
    »Ich bin sein Vater.«
    »Wo ist Aroha?«
    »Ich weiß nicht, wer das ist.« Er packte sie fester und schob sie zu ihrem Stuhl zurück, wo er sie so sanft wie möglich hinsetzte. »Bitte bleiben Sie hier sitzen.«
    Die Frau sank in sich zusammen. »Das dürfen Sie nicht. Sie sind nicht eingeladen. Sie können nicht einfach so ins Marae kommen und Maaka mitnehmen. Sie sind ein Dieb, ein elender, verfluchter Dieb.« Ihre Augen starrten ihn haßerfüllt an.
    »Warum nicht? Dürft etwa nur ihr Maori Leichen stehlen?«
    Sie ächzte und schleuderte Box zwei steinharte Worte auf Maori entgegen. Er brauchte kein Linguist zu sein, um zu verstehen, daß sie ihn verfluchte. »Ein verfluchter Dieb«, sagte sie dann wieder in Englisch.
    »Hören Sie, ich habe für ihn gesorgt, seit er ein Baby war. Ich bin der einzige Vater, den er je gekannt hat. Und was ist mit seiner Mutter? Sie will auch nicht, daß er hier begraben wird. Bedeutet das vielleicht gar nichts?« Die alte Frau brummte und stammelte vor sich hin.
    »Wo wart ihr denn, als Mark groß wurde? Er war euch doch scheißegal. Und jetzt plötzlich meint ihr, er gehört euch und ihr seid die einzigen, die ihn begraben dürfen. Ihr seid hier die verfluchten Diebe!« Er schrie ihr jetzt direkt ins Gesicht, Speicheltropfen flogen. Noch immer hielt er den Gehstock in der Hand, mit dem sie ihn geschlagen hatte, schwenkte ihn in der Luft. Sie murmelte wieder etwas.
    »Was?«
    »Die Mutter des Jungen. Sie hat Maaka von uns weggenommen. Tipene wollte seinen Sohn sehen, hat sie immer wieder darum gebeten. Die Mutter hat nein gesagt. Hat behauptet, Tipene wäre kein guter Vater. Sie hat gesagt, es wäre besser für den Jungen, bei euch Pakeha zu leben.«
    Box zuckte zusammen. »Das ist Quatsch. Tipene wollte von Mark nichts wissen.«
    »Die Mutter ist schuld.«
    Box atmete tief durch und schaute wieder zur Tür. Das dauerte viel zu lange. Er hatte keine Zeit für den Quatsch, den die Alte da vor sich hin brabbelte. Er mußte Mark hier rauskriegen. Seine Glückssträhne, die ihn bis hier gebracht hatte, drohte jeden Moment zu reißen.
    »Bitte bleiben Sie, wo Sie sind.«
    Er warf ihren Stock ein paar Meter weit weg. Die Frau machte ein weinerliches Gesicht, wie ein verzogenes Kind, dem man sein Spielzeug weggenommen hatte.
    Mit größter Anstrengung hievte sich Box das graue Leichentuch mit Mark auf die Schulter. Er stöhnte dabei laut auf vor Schmerz. Mit seinem Sohn über der Schulter ging Box durch das Versammlungshaus zur Tür. Die rauhe Wolle rieb an seinem Gesicht. Gebeugt schwankte er an den geschnitzten Gesichtern vorbei, die ihn zornig ansahen, dann trat er durch die offene Tür hinaus.
    Der Pickup parkte noch immer genau an der Stelle, wo er ausgestiegen war, der Motor tuckerte leise. Er nahm eine Bewegung am Tor zum Marae wahr: Zwei Frauen standen da und schauten auf das Feuer.
    Box ließ den Leichnam auf die Ladefläche gleiten. Obwohl er dabei so vorsichtig war wie nur irgend möglich, konnte er nicht verhindern, daß es einen dumpfen Schlag gab, als wenn er einen Holzstamm abgeladen hätte. Das Geräusch ließ Box zusammenzucken.
    Als er losfuhr, fiel ihm wieder die große Schnitzerei auf, der Taniwha. Er stand am Rand des Muschelkieswegs zwischen ihm und dem Tor. Er empfand plötzlich eine Art trotzige Freude. »Leck du mich auch am Arsch, Kumpel«, sagte er laut und zeigte ihm den gestreckten Mittelfinger.
    Als er am Tor ankam, warfen ihm die beiden mittelalten dicken Frauen, die dort standen, neugierige Blicke zu. Er ignorierte sie und bog nach rechts in die Straße ein. Dann beschleunigte er bergab, auf das Feuer

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