Shadow Falls Camp - Entführt in der Dämmerung: Band 3 (German Edition)
wahrscheinlich«, stimmte ihre Mutter zu. »Aber ich würde trotzdem gern an Wunder glauben.«
»Dann solltest du das tun.« Kylie war sich nicht sicher, was sie ihrer Mutter sagen sollte. Denn Kylie wusste besser denn je zuvor, dass es Wunder gab. Die Tatsache, dass sie selbst eins bewirkt hatte, kam ihr immer noch viel zu abgefahren vor.
»Geht es dir denn gut?«, fragte ihre Mutter, als hätte sie Kylies gedrückte Stimmung bemerkt.
»Ja, mir geht’s gut.«
»Das stimmt doch nicht«, widersprach ihre Mutter. »Ich höre es doch an deiner Stimme. Was ist denn los?«
»Ach nichts … Ärger mit Jungs.«
»Was denn für Ärger?« Die Stimme ihrer Mutter klang sofort härter, als würde sie befürchten, Kylies Ärger hätte etwas mit Sex zu tun.
»Ist halb so wild, Mom.« Kylie suchte krampfhaft nach einem anderen Thema. »Wie war deine Arbeit heute?«
»Es war etwas seltsam«, antwortete ihre Mom. »Ich hab da so einen neuen Kunden.«
»Warum war das seltsam?«, fragte Kylie. Ihre Mom arbeitete in der Werbebranche, und sie hatte ständig neue Kunden.
» Er war seltsam.«
»Wie, seltsam?« Kylie war froh über den geglückten Themenwechsel.
»Er schien sich mehr für mich zu interessieren als … für das Projekt.« Ihre Mutter kicherte.
Kylie runzelte die Stirn. »Was meinst du mit ›interessieren‹?«
»Ach, keine Ahnung. Nur so die Art, wie er sich verhalten hat.« Ihre Mutter versuchte offenbar das Thema herunterzuspielen. »Morgen sind wir zum Mittagessen verabredet, um über die Möglichkeiten zu reden, seine neuen Vitaminpräparate zu bewerben.«
»Ist es denn ein Geschäftsmittagessen oder ein … Date-Mittagessen?«
»Sei doch nicht albern«, meinte ihre Mom. »Natürlich ist es geschäftlich.«
»Bist du dir da sicher? Ich meine, wenn er an dir interessiert schien …«
»Ich glaube, es ist geschäftlich.« Ihre Mutter klang plötzlich nicht mehr ganz so sicher. »Aber … wenn es ein Date wäre, wie würdest du dich damit fühlen?«
Kylie holte tief Luft. Sie sah ihren Stiefvater vor sich, wie er vor ein paar Wochen auf ihrem Bett gesessen hatte. Er hatte Kylie unter Tränen erzählt, dass er einen furchtbaren Fehler gemacht hatte. Er wollte sich wieder mit ihrer Mutter versöhnen. Kylie war sich nicht sicher, ob er eine zweite Chance verdiente, nachdem er ihre Mutter mit einer Jüngeren betrogen hatte. Dennoch musste sie zugeben, dass sie nichts dagegen hätte, wenn wenigstens eine Sache in ihrem Leben wieder so werden könnte wie früher.
»Wieso antwortest du denn nicht?«, fragte ihre Mom nervös.
Kylie versuchte, ihre Unentschlossenheit zu überwinden, und starrte das Foto von ihrer Mom und Daniel an. War es fair, zu wollen, dass ihre Mom ihrem Stiefvater vergeben sollte, nur um ein Stück Normalität in ihr Leben zurückzubringen – vor allem, wenn sie spürte, dass der Mann, den ihre Mom wirklich liebte, tot war? Die Frage ging Kylie nicht aus dem Kopf, und sie beschloss, ehrlich zu sein.
»Das liegt daran, dass ich nicht weiß, was ich dazu sagen soll. Ich glaube, irgendwo habe ich immer noch gedacht, dass du und Dad das wieder hinbekommt. Liebst du ihn denn nicht mehr? Oder hast du ihn überhaupt jemals geliebt?«
Jetzt war ihre Mutter sprachlos. Schließlich gestand sie: »Ich habe ihn geliebt. Wahrscheinlich liebe ich ihn auch immer noch.« Sie seufzte. »Aber ich bin mir nicht sicher, ob ich ihm verzeihen kann. Oder ihm wieder vertrauen kann. Und seit wir beide über Daniel geredet haben … bin ich mir nicht mehr sicher, ob es nicht ein Fehler war, Tom zu heiraten. Und wenn das so wäre, dann wäre es genauso ein Fehler, wieder mit ihm zusammenzukommen. Aber ich sollte eigentlich nicht mit dir darüber reden, Kylie.«
»Warum nicht?«
»Weil du dir darüber nicht den Kopf zerbrechen solltest, mein Schatz.«
»Du bist meine Mom. Da hab ich doch wohl das Recht, mir Sorgen zu machen.« Und Kylie fiel auf, dass sie sich sehr wohl um ihre Mom sorgte und darum, ob sie einsam war. Aber musste sie es deshalb gleich gutheißen, wenn ihre Mom wieder anfing, sich mit Männern zu treffen? Und damit ausschloss, dass sie wieder mit dem Mann zusammenkam, den Kylie liebhatte und den sie ihr ganzes Leben lang für ihren Vater gehalten hatte?
»Nein«, widersprach ihre Mom. »Das hast du falsch verstanden. Mütter haben das Recht, sich um ihre Kinder Sorgen zu machen, nicht andersrum.«
»Dann werden wir uns wohl darauf einigen müssen, dass wir da unterschiedlicher Meinung
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