Shannara VII
Garten bestand, konnten nicht mehr die Kraft beschwören, der sie untertan waren, konnten sich nicht mehr von ihr nähren, sondern waren eingesperrt in das, was sie aus ihnen gemacht hatte, gefangen inmitten der Ranken und Bäume und Blumen und für immer fest verwurzelt auf dem rechteckigen Fleckchen Erde tief innerhalb der Festung, die einst ihr Heim gewesen war. Sie bewachten den Stein, als wäre er das Schloß zu ihren Fesseln, und warteten auf die Zeit, da ein Schlüssel gebracht würde, um sie zu befreien. Tay war der Überbringer dieses Schlüssels. Tay war die Chance und die Hoffnung und das Versprechen, das ihr Irrsinn ihnen zugestand.
So ging er Schritt für Schritt weiter zurück durch den Garten, in seinen Händen - oder was er für seine Hände hielt - den Schwarzen Elfenstein. Dicht hinter sich spürte er die Linien der Macht, aber das Netz aus Magie gab ihm Raum, und die Ranken lösten sich, um ihn hindurchzulassen. Sie raschelten leise, als er vorbeistrich, und er spürte, wie der Garten vor Schmerz erzitterte. Aber der Schmerz kehrte in ihn zurück, und es war ein süßes Gefühl. Der Schmerz war das Versprechen neuer Qual, der Qual der Verwandlung. Dunkle Absichten führten seine Schritte, fraßen an seinem Herzen und spornten ihn weiter an. Eine neue Kraft arbeitete an seiner entstellten Gestalt; eine Berührung, die so vorsichtig war, als wenn sanfte Finger über Haut strichen. Es war die schlummernde Kraft des Schwarzen Elfensteins, die zu Leben erwachte - erpicht darauf, wieder freigelassen zu werden, und bestrebt zu versprechen, was alles möglich wäre. Zärtlich wie eine Geliebte strich sie um Tay Trefenwyd, berührte seine Gestalt und erfüllte ihn mit Freude. Die Kraft des Steins könnte ganz ihm gehören, wisperte sie. Er könnte nach Belieben über sie verfügen, und sie würde ihm alles geben.
Er durchbrach die Schatten des Gartens und trat ins Licht, befreit von den Ranken, von den Stimmen und den Berührungen derer, die dort hausten. Er war eine schreckliche, heruntergekommene Erscheinung und in keiner Hinsicht menschlich, sondern so düster und abscheulich, daß sie ihn nicht wiedererkannten. Er ging zu dem Steinweg, den Schwarzen Elfenstein fest in seinen Händen, die Machtlinien unsichtbar in seinem Gefolge. Nur er war in der Lage, die Fäden zu erkennen, die ihn jederzeit wieder zurückziehen konnten. Die Elfen, die mit ihm zur Kau-Magna gekommen waren, starrten ihn erschreckt an. Dann griffen sie mit einem Schreckensschrei zu ihren Waffen und machten sich bereit, seinem Angriff entgegenzutreten. Er sah sie an und wußte nicht, wer sie waren. Er sah sie an, und sie waren ihm gleichgültig.
Dann hob Jerle Shannara die Hand, um seine Gefährten daran zu hindern, die Waffen zu benützen. Allein und ohne jeden Schutz schritt er der Erscheinung entgegen und starrte sie unverwandt an. Als er nur noch ein paar Meter entfernt war, blieb er stehen und flüsterte in die Stille hinein: »Tay Trefenwyd?« Seine Stimme war heiser und verzweifelt.
Der Klang seines Namens, ausgerufen von Jerle Shannara, brachte Tay Trefenwyd wieder ins Leben zurück. Die Druidenmagie, die in der tiefsten, undurchdringlichsten Ecke seines Seins in Schach gehalten worden war, durchflutete ihn und schoß aus ihm heraus. Sie befreite ihn von den Fesseln der Verkleidung, die er angelegt hatte, und führte ihn aus der Finsternis hinaus und fort von dem Morast, in den er eingesunken war. Sie brannte die Hülle der Kreatur fort, zu der er sich gemacht hatte, brannte sie ebenso fort wie den Irrsinn, der ihn besessen hatte. In einem kurzen, schnellen Augenblick fügte sie ihn neu zusammen, stellte seine frühere Identität, sein ehemaliges Aussehen wieder her, gab ihm seine Vernunft und seine Überzeugungen zurück.
Dann durchtrennte sie die Machtlinien, die ihm auf den Fersen waren, und gab ihm die alleinige Verfügung über den Schwarzen Elfenstein.
Der Garten tobte. Die Ranken und Bäume drängten mit einer solchen Kraft aus der Erde, daß sie sich ihren Wurzeln zu entreißen drohten. Sie stürzten auf den Schwarzen Elfenstein und Tay Trefenwyd zu, wollten den einen zurück, den anderen zerstören. Aber Tay wurde von dem Feuer seiner Druidenmagie geschützt, die nun wieder in Kraft getreten und dazu bestimmt war, ihn vor der Wut des Gartens zu bewahren. Ranken schlugen nach ihm, wanden sich um ihn und versuchten, ihn wieder in die finsteren Tiefen zu ziehen. Aber das Feuer hielt sie zurück, verbrannte sie zu
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