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Sherry Thomas

Sherry Thomas

Titel: Sherry Thomas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eine fast perfekte Ehe
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erklärte
er. Offenbar musste er seinen Sinn für Ironie wieder einmal zur Geltung
bringen.
    »Muss wohl der protestantische
Arbeitsethos sein, von dem ich immer wieder höre«, erwiderte sie.
    »Und hast du heute Nacht Glück
gehabt am Kartentisch?« Er ließ den Blick zu ihrem Dekolleté wandern.
»Dachte ich es mir doch.«
    Sie trug ein recht offenherziges
Kleid. Zugegebenermaßen ein billiger Trick, um die Aufmerksamkeit am Tisch von der Partie abzulenken. Wieso
sollte sie ihre Reize nicht auch einsetzen, wenn sie sich auszahlten? »Wer hat
dir das denn schon wieder erzählt?«
    »Du. Du sagtest, sobald du erst
verheiratet wärst, würdest du nie wieder tanzen und stattdessen Bälle ausschließlich
am Spieltisch verbringen, um dort den Modegecken das Geld für ihren Schneider
aus der Tasche zu ziehen.«
    »Ich kann mich wirklich nicht erinnern,
dass ich derlei je gesagt hätte.«
    »Ist ja auch schon lange her«,
erwiderte er. »Warte, ich zeige dir etwas.«
    Damit erhob er sich, kam zu ihr
herüber und klappte das Buch an einer Stelle mit einer übergroßen Seite auf,
die zusammengefaltet war. »Schau dir das an.«
    Natürlich erkannte sie gleich, dass
hier der Schild des Achilles' abgebildet war. Mrs. Rowland liebte das achte
Buch der Ilias. Immer wieder hatte Gigi als Kind beim Einschlafen
vorgelesen bekommen, was für einen großartigen Schild Hephaistos für den
Helden geschmiedet hatte. Eine Stadt im Frieden und eine Stadt im Krieg waren
darauf abgebildet und auch alles andere, was Menschen auf dieser Welt
unternahmen – das Ganze umflossen vom Riesenmeer Ozeanus.
    Natürlich kannte sie auch andere
Zeichnungen des Schilds. Die waren allerdings mit zu vielen Details von
tanzenden Jünglingen und blumenbekränzten Maiden überladen, um nur ja Homers
Beschreibung treu zu bleiben. Dadurch wirkte der Schild dann viel zu filigran,
als dass er in der Schlacht einem Angriff hätte standhalten können. Diese
Abbildung hingegen war strenger, allzu feine Details waren weggelassen worden,
und so wirkte sie ausdrucksstärker und bedrohlicher. Sonne, Mond und Sterne
beschienen hier unbeeindruckt die Hochzeitsprozession ebenso wie das blutige
Töten.
    »Das stammt aus der Feder des
Mannes, den du nach dem Wunsch deiner Mutter heiraten sollst.« Camden fal
tete die Seite wieder zusammen. »Falls du mich denn wirklich ziehen
lässt.«
    Erstaunt nahm sie ihm das Buch aus
der Hand und las, was auf den Rücken geprägt war. Elf Jahre vor Ilium. Eine
Untersuchung zu Geographie, Organisation und Alltag im Trojanischen Krieg von
L. H. Perrin. Eigentlich lautete der Nachname des Dukes of Perrin ja
Fitzwilliam, aber traditionell unterschrieb ein Adliger mit seinem Titel.
    »Sieh an, sieh an.« Gigi gab
ihm das Buch zurück. Camden legte es beiseite. »Da du schon da bist, kannst du
dir noch ein paar andere Bilder ansehen.«
    Bisher hatte er mit keiner Silbe
körperliches Verlangen bekundet. Trotzdem bekam sie plötzlich eine Gänsehaut.
»Was sollte mich daran interessieren?«
    »Damit du weißt, wer daran schuld
ist, wenn England beim nächsten America's Cup verliert.«
    »Du hilfst den Amerikanern?«,
fragte sie strafend.
    Vierzig Jahre zuvor hatte ein
amerikanisches Segelschiff vierzehn Boote der Royal Yacht Squadron bei einer
Umrundung der Isle of Wight geschlagen und war zwanzig Minuten vor den Briten
eingetroffen. Es hieß, dass Königin Victoria nach dieser Schmach gefragt habe,
wer Zweiter geworden sei. Die Antwort lautete: »Es gibt hier keinen zweiten
Platz, Majestät.« Seitdem versuchten die Briten, den Cup von den
Amerikanern zurückzuerobern. Ohne Erfolg.
    »Ich unterstütze den New York Yacht
Club. Da bin ich Mitglied.«
    Er ging hinüber zum Schreibtisch und
schaute auffordernd zu ihr herüber. Das Licht der Stehlampe fiel auf sein
Haar, und die sonnengebleichten Locken schimmerten hell. Sein Gesichtsausdruck
wirkte verdächtig freundlich und geduldig.
    Am liebsten wäre Gigi wie
angewurzelt stehen geblieben. Weil sie sich aber keine Blöße geben wollte,
indem sie Angst zeigte, zwang sie sich, einen Fuß vor den anderen zu setzen,
bis sie ebenfalls vorm Schreibtisch stand.
    Als sie den Kopf beugte, um sich die
Zeichnung anzusehen, stellte Camden sich hinter Gigi. »Das ist im Augenblick
nur ein Rohentwurf.«
    Sein Mund war neben ihrem Ohr. Sie
fühlte, wie sehr sie das erregte, wie ausgeliefert sie ihrem Verlangen
plötzlich war. Er strich die Haarsträhnen beiseite, die ihrer Hochsteckfrisur
entkommen waren, und

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