Shogun
erzählte ihm von dem Priester und was der Priester über diese Korsaren erzählt, was der Pirat gesagt hatte und was geschehen war, und seine Erregung hatte sich verdreifacht. Yabu hatte seine Ungeduld, an Bord gehen und die Siegel aufbrechen zu wollen, gezügelt. Statt dessen hatte er ein Bad genommen, sich umgekleidet und befohlen, daß man die Barbaren zu ihm bringe.
»He, Priester«, sagte er mit scharfer Stimme; von dem schlechten Japanisch des Priesters hatte er kaum etwas verstanden. »Warum ist er so böse auf Euch?«
»Er ist von Übel, ein Pirat. Er betet den Teufel an.«
Yabu neigte sich hinüber zu Omi. »Könnt Ihr verstehen, was er sagt, Neffe? Ob er wohl lügt?«
»Ich weiß nicht, Herr. Wer weiß, was die Barbaren wirklich glauben? Ich könnte mir vorstellen, daß der Priester glaubt, der Pirat sei ein Teufelsanbeter. Aber das ist selbstverständlich alles Unsinn.«
Yabu wandte sich wieder dem Priester zu. Er verachtete ihn. Er wünschte, er könne ihn noch heute kreuzigen und das ganze Christentum ein für allemal aus seinem Herrschaftsbereich tilgen. Aber das ging nicht. Wiewohl er und all die anderen Daimyos die absolute Herrschaft in ihrem Herrschaftsgebiet innehatten, unterstanden sie dennoch der Oberherrschaft des Rats der Regenten, der regierenden Militärjunta, in deren Hände der Taikō seine Macht während der Minderjährigkeit seines Sohnes gelegt, und mußten sich außerdem an Edikte halten, die der Taikō noch zu seinen Lebzeiten hatte ergehen lassen und die immer noch in Kraft waren. In einem von diesen Edikten ging es um die portugiesischen Barbaren. Sie alle stünden unter seinem besonderen Schutz, ihre Religion sei zu dulden und ihren Priestern erlaubt, in vernünftigen Grenzen Anhänger zu sammeln und zu bekehren.
»He, Priester! Was sonst hat der Pirat noch gesagt? Was hat er zu Euch gesagt? Habt Ihr Eure Zunge verloren?«
»Pirat sagen schlimme Dinge. Über noch mehr Piraten-Kriegsschiffe.«
»Was meint Ihr mit ›Piraten-Kriegsschiffe‹?«
»Verzeiht, Herr, ich verstehe nicht.«
»Piraten-Kriegsschiffe – das ergibt keinen Sinn, neh?«
»Ah. Pirat sagen, andere Schiffe sind in Manila, auf den Philippinen.«
»Omi-san, versteht Ihr, wovon er redet?«
»Nein, Herr! Seine Aussprache ist schaurig, fast unverständlich. Ob er wohl sagt, daß weitere Piratenschiffe östlich von Japan stehen?«
»He, Priester! Stehen diese Schiffe vor unserer Küste? Im Osten? Eh?«
»Jawohl, Herr. Ich glaube, er lügt. Er sagt, in Manila.«
»Ich verstehe Euch nicht. Wo liegt Manila?«
»Im Osten. Viele Tagesreisen von hier.«
»Wenn irgendwelche Piratenschiffe hierherkommen sollten, werden wir ihnen einen angenehmen Empfang bereiten, wo immer dieses Manila liegen mag.«
»Bitte, verzeiht mir, aber ich verstehe nicht.«
»Ist auch egal«, sagte Yabu. Er war mit seiner Geduld am Ende. Er hatte bereits beschlossen, daß die Fremden sterben sollten. Offenbar fielen diese Männer nicht unter das Edikt des Taikō, in dem ja ausdrücklich von ›portugiesischen Barbaren‹ die Rede war; und außerdem handelte es sich um Seeräuber. Solange er denken konnte, hatte er die Barbaren gehaßt, ihren Körpergeruch und ihren Schmutz, ihre abscheuliche Angewohnheit, Fleisch zu essen, ihre dumme Religion und ihren Hochmut und ihre abstoßend schlechten Manieren. Mehr noch, er schämte sich, wie jeder Daimyo, daß sie dieses Land der Götter in ihrem Würgegriff hielten. Seit Jahrhunderten herrschte Kriegszustand zwischen Japan und China. China wollte keinen Handel mit Japan erlauben. Chinesische Seide war jedoch unabdingbar nötig, um die heißen und feuchten japanischen Sommer erträglich zu machen. Seit Generationen war nur Schmuggelware durch das Netz hindurchgekommen und das zu ungeheuren Preisen. Dann, vor rund sechzig Jahren, waren die Barbaren nach Japan gekommen. Der chinesische Kaiser in Peking hatte ihnen in Macao, im südlichen China, eine ständige Niederlassung zugestanden und ihnen gestattet, Seide gegen Silber einzutauschen. Japan besaß Silber in Menge! Bald blühte der Handel, und beide Länder prosperierten. Die Mittelsmänner, die Portugiesen, wurden reich, und ihre Priester – vornehmlich Jesuiten – wurden bald unabdingbar für diesen Handel. Nur Priester schafften es, chinesisch und japanisch sprechen zu lernen und vermochten daher als Mittler und Dolmetscher zu fungieren. Jetzt war der jährliche Warenumschlag gewaltig. Deshalb müßte man die Priester und die
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