Signal: Roman (German Edition)
Sandsturm war natürlich nicht vorhersehbar gewesen, aber die rauen Bedingungen stellten nur eine vorübergehende Verzögerung dar. Falls die letzte Anzeige der Position ihrer Ziele korrekt gewesen war, konnten seine Leute und er vielleicht einfach aus dem Schweber steigen und zu ihnen gehen, während sie schliefen. Sie hatten sich mit Sicherheit irgendwo versteckt und ruhten sich aus, während sie auf das Abflauen des Sturms warteten. Das Letzte, womit sie in dieser Situation rechnen würden, war Gesellschaft. Das Ganze würde genau so ablaufen, wie es Volksmann bevorzugte.
Ohne Wenn und Aber. Schnell rein und schnell wieder raus, bevor ihre Anwesenheit von den patrouillierenden Sucherdrohnen entdeckt wurde. Das Sicherheitspersonal des SAHV war zwar großartig, aber auch nicht allmächtig.
Die Bewegung im Passagierbereich hinter ihm erregte seineAufmerksamkeit. Erleichtert darüber, dass sie ihre einengenden Gurte lösen konnten, waren die Mitglieder seines Teams aufgestanden, streckten sich und machten Witze über den Sandsturm.
»Ich mag es nicht, wenn mehr Erde in der Luft als auf dem Boden ist«, murmelte Chenwa. Der große, schlanke Mann ließ seinen linken Meld-Arm über den Boden gleiten. Dieser war halb Tentakel und halb Peitsche und war dazu geeignet, einem mit einem einzigen Hieb ein Auge aus dem Kopf zu schlagen.
Die kleine ältere Frau neben ihm, die so unscheinbar aussah wie eine französische Großmutter und wie er aus dem Fenster sah, war weder Französin noch alt. Sie hieß Isgard Fleurine, war Ende zwanzig und hatte sich aus rein beruflichen Gründen für das manipulierte Alters-Meld entschieden. Niemand rechnete damit, dass eine Großmutter mit bloßen Händen Mauern erklimmen oder einen ausgewachsenen Natural erdrosseln konnte. Volksmann wusste aus eigener Erfahrung, dass sie zu beidem und noch zu weitaus mehr fähig war.
Der Rest seines Teams bestand aus einer ebenso exzentrischen Mischung aus Naturals und Melds, von denen jeder Einzelne eigene Stärken mit ins Team einbrachte. Mit etwas Glück würden keine außergewöhnlichen Anstrengungen erforderlich sein, vielleicht war er sogar dazu in der Lage, die Mission ganz alleine auszuführen. Man hatte sie ihm übertragen, weil er immer jede Aufgabe ausführte, mit der ihn die Triade betraute. Doch die Erfahrung hatte ihm gezeigt, dass es stets klug war, Verstärkung mitzubringen. Soweit es Meyer Volksmann betraf, gab es kein »zu viel«.
»Ich muss mal an die frische Luft.« Der Sprecher war ein Teil-Meld namens Hideki. Mit seiner dicken Brille (er wardickköpfig geblieben und hatte auf die Melds verzichtet, die die Brille ersetzen würden) und dem kurzen, rundlichen Körperbau sah er wie ein Buchhalter oder Apotheker aus. Mit anderen Worten: harmlos. Doch im Verlauf seiner Karriere hatte der harmlose Hideki schon mehr Menschen eliminiert als die meisten anderen, die sich für einen derart stressigen Beruf entschieden. Er sah seinen Boss fragend an.
Volksmann führte kein zu strenges Regiment. Das konnte er auch gar nicht, wenn man derart viele schwierige Persönlichkeiten unter einen Hut bringen wollte. »Wenn Sie Ihren Kopf da rausstecken wollen, Hiro, dann nur zu. Aber gehen Sie nicht zu weit weg.« Er überprüfte eine der Anzeigen. »Es wird noch einige Stunden dauern, bis die Sonne aufgeht, und ich will niemanden verlieren. Wir sind dem Ziel verdammt nahe. Wenn dieser verfluchte Sturm nachlässt, möchte ich die Mission so schnell wie möglich über die Bühne bringen und von hier verschwinden.« Er blinzelte nicht, als er seinem Gegenüber in die Augen sah. »Jeder, der dann nicht wieder an Bord ist, muss zu Fuß den Rückweg antreten.«
Hideki riss die Augen auf und wackelte mit den Fingern. »Ooooh … Jetzt hab ich aber Angst!« Einige seiner Kollegen lachten. Fleurine kicherte.
Aber Volksmann ignorierte sie. Auch wenn dies als relativ einfache und unkomplizierte Mission angesehen wurde, waren alle Beteiligten etwas angespannt. Das lag nicht etwa daran, dass sie sich wegen ihrer ahnungslosen Ziele Sorgen machten, sondern weil sich eine zufällige Begegnung mit dem SAHV -Sicherheitspersonal als weitaus realere und schlimmere Gefahr herausstellen würde.
Letzten Endes ging nur Xiau mit Hideki nach draußen. Beim Aussteigen drehten beide ihr Gesicht zur Seite, um nichtdie volle Kraft des jaulenden Windes abzubekommen. Hochgewirbelter Sand stach in ihre nackten Hälse. Der kleinere Mann rückte seine Brille zurecht, deren
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