Silberband 065 - Die Altmutanten
Retorten zwei, vier und sieben Einblick bekam.
Corello schöpfte keinen Verdacht. Gorlan leitete die Überstellung aller acht Retorten in die Abteilung mit den Atomar-Molekularen-Wachstumsbeschleunigern ein.
Die Ato-Mol-Beschleuniger waren den Schnellbrütern nicht unähnlich. Sie bestanden aus hohen Metallsockeln, über denen sich zweieinhalb Meter hohe Energieglocken wölbten, und im Grunde genommen spielte sich in ihnen der gleiche Vorgang wie in den Retorten ab. Hier wie dort lief der Wachstumsprozeß der Normalsynthos mit millionenfacher Beschleunigung ab.
Aber während in den Schnellbrütern die Keimzellen zu Menschenkindern heranreiften, die nach zweieinhalb Tagen lebensfähig waren und keine technische Lebenshilfe mehr benötigten, wuchs in den Ato-Mol-Beschleunigern in rasender Schnelle das Neugeborene zu einem erwachsenen Menschen heran.
Dieser Vorgang war widernatürlicher und eher als Synthese zu bezeichnen als die Geburt in der Retorte.
Denn in den Ato-Mol-Beschleunigern wurden die Kindheit, die Pubertät und der gesamte physiologische Reifeprozeß des Menschen vorweggenommen. Ein Kleinkind, das in der Retorte erschaffen worden war, unterschied sich von einem im Mutterleib geborenen in keiner Weise. Nachdem sie das Licht der Welt erblickt hatten, war es nicht mehr ausschlaggebend, ob sie eine Reifezeit von neun Monaten oder von zweieinhalb Tagen hinter sich hatten.
Für die Zukunft besaßen sie gleiche Chancen.
Anders war es bei jenen Geschöpfen im Alter zwischen 21 und 23 Jahren. Ein Mann, der diese 23 Jahre durchlebt hatte und in dieser Zeit Gelegenheit hatte, sich Wissen anzueignen und Erfahrungen zu sammeln, dessen Entwicklung konnte als geistig und körperlich abgeschlossen gelten. Ein Mann im gleichen Alter, dessen Entwicklung im Ato-Mol-Beschleuniger nur zweieinhalb Tage gedauert hatte, war dagegen stark benachteiligt.
Körperlich konnte er sich mit jedem natürlich aufgewachsenen Menschen messen, aber geistig war er immer noch ein Neugeborenes. Sein Gehirn war zwar normal ausgebildet, aber es war leer, ohne das geringste Wissen, ohne irgendwelche Erfahrungswerte. Deshalb war es nötig, auch seinen Geist nachträglich künstlich zu formen, ihm Wissen und eine Persönlichkeit zu geben, die zu seinen Erbanlagen paßten …
»Gorlan Lym!«
Der junge Biochemiker fuhr erschrocken herum, als er die Stimme hinter sich vernahm. Onacro stand im Schatten des Eingangs und blickte zu den drei anderen Wissenschaftlern, die apathisch vor den Schaltanlagen saßen und durch die Armaturen hindurchzusehen schienen.
»Die merken überhaupt nicht, was um sie vorgeht«, stellte Onacro mitleidig fest. Er ließ seinen Blick über die acht Energieglocken gleiten und fuhr dann fort: »Bei Corello macht sich seit einigen Stunden eine steigende Erschöpfung bemerkbar. Er wehrt sich immer heftiger gegen die Macht, die ihn beherrscht, und das kostet ihn Substanz. Es fiel mir nicht schwer, mich aus der Hauptschaltzentrale zu schleichen.«
Gorlan nickte. »Ich weiß über Ihr Einei-Sechs-Experiment Bescheid«, sagte er. »Mir ist nur noch nicht klar, was Sie mit den fünf überzähligen Normalsynthos vorhaben. Was versprechen Sie sich von ihnen?«
»Wenn ihre Entwicklung abgeschlossen ist, müssen wir sie erst einmal vor Corello in Sicherheit bringen«, erklärte Onacro. »Wie sie uns nützlich sein können, weiß ich selbst noch nicht, denn ich habe keine Ahnung, wie das Experiment ausgehen wird. Allerdings besitzen sie einen recht vielversprechenden Gen-Kode.«
»Der wird ihnen nichts nützen, wenn sie geistig nicht geschult werden«, erinnerte ihn Gorlan. »Sie brauchen Wissen, um sich entfalten zu können. Wie wollen Sie ihnen das vermitteln, ohne daß Corello etwas davon merkt?«
»Ich habe bereits einen Plan, der sich mit Ihrer Hilfe verwirklichen ließe«, antwortete Onacro. Er blickte Gorlan prüfend an. »Er kann aber nur gelingen, wenn Sie völlig unbeeinflußt sind.«
»Corello kann mir nichts anhaben«, versicherte Gorlan. »Ich vernehme seine hypnosuggestiven Befehle und gehe auch zum Schein darauf ein, aber ich muß mich ihnen nicht beugen.«
»Das ist gut.« Onacro nickte zufrieden. »Dann hören Sie. Die Normalsynthos sind in drei Stunden voll entwickelt. Corello weiß das und wird zur fraglichen Zeit zur Stelle sein. Er weiß aber nicht, daß die Ato-Mol-Beschleuniger nicht mit voller Kapazität laufen. Es ist möglich, den Wachstumsprozeß um zehn Minuten zu beschleunigen.«
»Wollen Sie
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