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Silbernes Band (German Edition)

Silbernes Band (German Edition)

Titel: Silbernes Band (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Jaedig
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Rúna streckte die freie Hand nach ihm aus, aber er dachte gar nicht daran, sich an die Leine nehmen zu lassen. Hjalti zog mühsam das schwere Tor wieder nach unten, wandte sich um und blickte direkt in ein Paar flackernde Augen. Oops! Das musste wohl Rúnas Freund sein. „Was fällt dir ein, sie anzufassen! Ich hätte nicht übel Lust, dich gleich hier zu verprügeln, du Hund!“ Hjalti straffte sich und nahm Haltung an. „Ich habe mich bei ihr entschuldigt, für mich ist die Angelegenheit erledigt. Aber wenn du es unbedingt darauf anlegst.“ Er ballte schon mal die Fäuste und mass seinen Gegner, der ziemlich kräftig wirkte, aber er war selbst auch kein Hänfling und rechnete sich durchaus Chancen aus, es diesem eifersüchtigen Schnösel zu zeigen.

    „Hört auf, hier wird nicht geprügelt! Komm jetzt, Heiðar!“ Ihre Stimme klang schrill, die Stute tänzelte unruhig. Heiðar atmete tief durch. Er durfte sich auf keinen Fall hinreissen lassen. Damit würde er Rúna unheimlich beschämen und womöglich ihre Beziehung aufs Spiel setzen. Mühsam beherrschte er sich, um Hände und Zähne unter Kontrolle zu halten. Lediglich dem rechten Zeigefinger erlaubte er, Hjalti mit Nachdruck auf die Brust zu tippen. „Rúna war heute das letzte Mal bei dir im Unterricht, soviel steht fest.“ Wutschnaubend wandte er sich ab, war mit zwei Schritten bei ihr und legte fürsorglich den Arm um sie, strich gründlich über die eklige Duftspur, die Hjalti auf ihrer Kleidung hinterlassen hatte, um sie durch seinen Geruch zu ersetzen.

    Der verhinderte Casanova rieb sich das schmerzende Brustbein. „Und was ist jetzt? Spielst bloss den Obermacker, was! Dass du dir das gefallen lässt, Rúna!“ Das Letzte, was Hjalti von Heiðar zu sehen bekam, war ein ausgestreckter Mittelfinger. „Fick dich selbst“, knurrte er leise und eilte zum Parkplatz neben der Halle, wo sein dunkelgrauer Jeep stand.

    Rúna und Heiðar gingen schweigend zum Stallgebäude. Die Stute beruhigte sich allmählich, blieb aber auf der Hut. Sie traute dem Raubtier heute ganz und gar nicht.

    „Du nimmst keine Stunden mehr“, brach er ihr Schweigen, als sie sich wenig später auf der Hauptstrasse in Richtung Innenstadt befanden. „Ich kann ihn immer noch an dir riechen!“ Seine Augen funkelten vor Wut. „Er hat sich entschuldigt. Und ich entscheide selbst, ob und bei wem ich Unterricht nehme.“ Heiðar schnaubte schon wieder. „Damit er dich weiter begrabschen kann? Das lasse ich nicht zu!“

    Rúna biss sich auf die Lippen. Sie wollte auf keinen Fall klein beigeben. „Ich kann durchaus auf mich selbst aufpassen. Du bist ... eifersüchtig.“ - „Natürlich bin ich eifersüchtig, und zwar zu Recht! Es stört mich nicht, wenn Snorri und Palli dich küssen, weil sie dich nicht auf diese Weise begehren, aber dieser Hjalti führt glasklar etwas im Schild. Wenn du klug bist, ziehst du dich von ihm zurück. Ich weiss nicht, ob ich mich beherrschen kann, wenn er dir etwas antut!“ Sie beschloss, dem nichts hinzuzufügen. Frostige Stille erfüllte den Wagen.

    „Ich geh schlafen“, verkündete sie mit kühler Stimme, sobald sie seine Wohnung betreten hatten, ging gleich ins Bad und anschliessend ins Schlafzimmer. Im Bett drehte sie sich demonstrativ auf die andere Seite, wartete aber dennoch darauf, dass er sich zu ihr legte. Tat er aber nicht, vermutlich war er immer noch wütend. Sie dachte an das Gespräch mit Fionn, als er von der Liebe der Unsterblichen sprach. Er hatte gesagt, dass Heiðars Liebe nicht menschlich war, viel intensiver. Dass er nicht ertragen konnte, wenn ein Anderer sie begehrte oder wenn sie ihn nicht mehr liebte. Hatte Heiðar solche Angst davor, dass sie ihn verlassen könnte? Sie war nur ein Mensch, ihre Liebe war menschlich. Vielleicht war das zuwenig? Dabei liebte sie ihn, wie sie noch nie jemanden geliebt hatte.

    Sie stand auf und ging leise ins Wohnzimmer, wo er am Fenster stand und in die Dunkelheit starrte. Er drehte sich nicht nach ihr um, wie er es normalerweise tat. Leise schlich sie an ihn heran, lächelte verschmitzt und wollte ihn anspringen. Mitten im Sprung packte er sie und wirbelte sie blitzschnell herum. Als sie wehrlos am Boden lag und er leise knurrend über ihr kauerte, überlegte sie, ob sie Angst haben sollte. Sie entschied, keine Angst zu haben, fauchte ihm ins Gesicht und fletschte drohend ihre harmlosen Eckzähne. Das war wohl ein Fehler. Er knurrte nochmals tief und bedrohlich, stürzte sich mit

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