Skandalöse Küsse - Scandal Becomes Her
auf einen eingebildeten Schnösel und Schurken wie Tynedale eifersüchtig sein?« Sie stellte sich vor ihn, fasste ihn an seinen Rockaufschlägen, schüttelte ihn. »Du bist ein gütiger, freundlicher, ehrenhafter Mann - er ist alles, was du nicht bist. Du hast doch keinen Grund, eifersüchtig auf Tynedale und seinesgleichen zu sein!«
Er nahm ihre Hand und küsste ihre Finger, erklärte heiser:
»Letzte Nacht war ich in mehr als einer Hinsicht ein Narr. Kannst du mir vergeben?«
Trotz bester Vorsätze, ihn auf Abstand zu halten, schmolz Nells Herz. Ihm verzeihen? Wie konnte sie anders? Gespielt widerwillig erwiderte sie: »Aber nur, weil du der Vater meines Kindes bist - und nur, wenn du versprichst, dich nicht wieder so dumm zu benehmen.«
Er lachte laut und zog sie in seine Arme, küsste sie gründlich. »Ich kann nicht versprechen, dass ich mich in Zukunft nicht doch manchmal wie ein Narr aufführe, denn ich bin schließlich nur ein Mann, aber ich gebe mir Mühe, mein Liebling.«
Nell, die mit einem der Goldknöpfe an seinem Rock spielte, fragte: »Und das andere?«
Julian seufzte. »Deine Albträume? Die Kerker?«
Sie nickte.
»Ich habe vor, sie heute Nachmittag mit Dibble und ein paar kräftigen Burschen zu erkunden«, erklärte er. »Nachdem ich mich davon überzeugt habe, dass keine Gefahr für dich besteht, werde ich sie mit dir ansehen.« Mit grimmiger Miene fügte er hinzu: »Und ich hoffe zu Gott, dass sie denen aus deinen Träumen nicht ähneln.«
Damit trennten sie sich.
Nell ging aus Julians Arbeitszimmer und begab sich zur Gemäldegalerie. Sie ging an den Bildern von Julians Vorfahren vorbei, und je näher sie ihrem Ziel kam, desto langsamer wurden ihre Schritte. Vor dem Portrait Lady Catherines blieb sie stehen und starrte eine lange Weile in das ebenmäßige Gesicht der anderen. Es gab keinen Zweifel daran, dass Julians erste Frau wunderschön gewesen war, aber Nell konnte nichts in den perfekt geschnittenen Zügen erkennen, der perfekten
Figur, das Catherines eisernen Griff um Julians Herz erklärte.
Er ist mein Mann, dachte sie erbost, nicht deiner. Du bist tot. Lass ihn frei. Die klaren blauen Augen erwiderten ihren Blick unbekümmert, und die Rosenknospenlippen lächelten weiter, sodass Nell am liebsten das Gemälde von der Wand gerissen hätte und darauf herumgetrampelt wäre. Ihre Finger krallten sich zu Klauen und sie machte sogar einen Schritt nach vorne, ehe sie sich wieder in der Gewalt hatte, aber der Anblick der Vase mit den langstieligen gelben Rosen aus Julians Gewächshaus war einfach zu viel. Mit einer Art Fauchen packte sie die Vase und schmetterte sie zu Boden, trat nach den Rosen und verteilte sie in alle Richtungen.
Als sie auf das zerbrochene Porzellan und die zerstörten Rosen starrte, war Nell entsetzt. Gütiger Himmel, was war nur über sie gekommen?
Beschämt wegen ihres Ausbruchs, aber auch seltsam gelöst, warf sie noch einen Blick auf das Portrait. Ich trage sein Kind, und ich bin seine Frau. Ich bin am Leben. Du bist tot, zur Hölle mit dir. Gib ihn frei.
Julian hielt sein Versprechen und machte sich noch am selben Nachmittag in Begleitung einiger kräftiger Diener auf den langen Weg in die ältesten Bereiche des Hauses. Sie fanden nichts in den feuchten, düsteren Gängen und Gewölben, was sie dort nicht erwartet hätten. Und nachdem er sich überzeugt hatte, dass Nell kein Schaden drohte, brachte er sie am folgenden Nachmittag die zwei Treppen hinab in die Überreste des Kerkers.
Sich an den Arm ihres Mannes klammernd schaute sich Nell im flackernden Licht der Fackel um, die er mit der anderen Hand hochhielt. Der Kerker bestand aus zwei schmalen
Zellen, die sich zu einem größeren Raum hin öffneten, der immer noch Hinweise auf das enthielt, was früher hier geschehen war: Ein paar Handschellen mit Ketten daran und andere schrecklich aussehende Gerätschaften hingen von Haken, die tief in die Wände getrieben waren. Es gab eine große Feuerstelle, und als sie die rostigen Gegenstände bemerkte, die am Rand des schwarzen Loches lagen, drückte sie sich dichter an Julians tröstende Gestalt. Überallhin, wo sie schaute, erblickte sie die dicken, grob behauenen Steinmauern, denen anzusehen war, dass sie alt waren, Feuchtigkeit und Rußflecken von alten Fackeln und alten Feuern … sie schaute sich in dem bedrückenden Gemäuer um und entdeckte grünen Schleim auf dem Boden, bestimmt eine Folge der gelegentlichen Überflutung. Sie erschauerte - es
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