Skandalöse Küsse - Scandal Becomes Her
ist ein feiner Mann - wir verkehren vielleicht nicht in so hohen Kreisen, aber deine Brüder und ich kennen seinen Ruf. Er ist makellos. Gemeinsame Freunde haben immer nur mit größter Hochachtung von ihm gesprochen, und ich kenne keinen Grund, der ihn unakzeptabel machte. Selbst wenn wir keinen Skandal umgehen müssten.«
Ihr Vater wollte ihr helfen, das wusste Nell, aber er entzog ihr bloß den Boden unter den Füßen. »Aber ich kenne ihn doch gar nicht«, stieß sie hervor. »Und ich liebe ihn nicht.« Anklagend fügte sie hinzu: »Du und Mutter, ihr habt euch geliebt, und sie war keine Fremde für dich. Es ist nicht fair, dass du mich mit jemandem verheiratest, den ich nicht kenne - und auch nicht liebe.«
Sir Edward seufzte. »Meine Liebe, die Ehe zwischen deiner Mutter und mir war beinahe von dem Augenblick unserer Geburt an arrangiert. Keiner von uns beiden wurde dabei gefragt. Sie war ein Einzelkind und ich auch. Unsere Eltern waren gute Freunde mit aneinandergrenzenden Landsitzen, und
sie wollten ein engeres Band zwischen beiden Familien knüpfen - außerdem lässt sich nicht leugnen, dass sie die Ländereien vereinigen wollten.« Als Nell ihn unterbrechen wollte, hielt er eine Hand hoch. »Ja, wir sind zusammen aufgewachsen, wussten, dass wir eines Tages heiraten würden, aber zum Zeitpunkt unserer Hochzeit waren wir nicht ineinander verliebt. Wir mochten und respektierten einander, und die Heirat machte unsere Familien glücklich. Das war Grund genug für uns.« Ein entrückter Ausdruck trat in seine Augen; leiser fuhr er fort: »Liebe kam später, als unsere Beziehung enger wurde. Innerhalb von Monaten, nein Wochen nach unserer Hochzeit konnten wir uns das Leben ohne den anderen nicht mehr vorstellen, und wir erkannten, dass unsere Eltern wussten, was sie taten, als sie die Ehe zwischen uns arrangierten - auch wenn praktische Erwägungen dabei eine wesentliche Rolle spielten. Ich habe keinen Tag meiner Ehe mit deiner Mutter bereut. Und ich vermisse sie immer noch.«
Geschlagen starrte Nell ihn an, und das Gefühl, in der Falle zu sitzen, nahm zu. Sie konnte keine Argumente gegen seine Worte finden. Und sie kannte ihren Vater gut genug, um zu wissen, dass er sich seine Meinung gebildet hatte; sie durfte keine Hilfe von ihm dabei erwarten, der Ehe mit Wyndham zu entkommen.
Sich der Tatsache bewusst, dass er ihr einen Schlag versetzt hatte, beugte Sir Edward sich vor und legte seine Hand auf ihre. »Nell, es wird nicht so schlimm werden, wie du befürchtest. Wyndham erscheint mir ein liebenswerter, vernünftiger Mann zu sein, und selbst wenn du ihn nicht liebst, so vergiss nicht, dass Liebe keine Voraussetzung für eine Heirat in unseren Kreisen ist.« Er streichelte ihr die Wange und lächelte. »Vielleicht überraschst du dich ja selbst und verliebst dich in ihn.«
Ihre Augen richteten sich auf ihn. »Aber was, wenn er sich nie in mich verliebt? Was dann?«
Sie Edward zuckte zusammen. »Ich kann die Zukunft nicht voraussagen, Liebes. Deine Ehe wird sein, was du daraus machst.« Er sah ihr in die Augen. »Und du kannst sie glücklich machen … oder zu einer Katastrophe. Die Wahl liegt ganz bei dir.«
Julian hatte nie zuvor die Worte Liebe und Ehe miteinander verbunden, und wenn er jetzt an die Hochzeit dachte, dann befand sich das Wort Liebe nicht im Vordergrund seiner Überlegungen. Er war realistisch. Und wenn er es rein von der praktischen Seite her betrachtete, konnte er mehrere Vorteile darin erkennen, Miss Eleanor Anslowe zu heiraten.
Und als Lord Talcott an jenem Morgen hereinschneite und zu wissen verlangte, wie zum Teufel der Times ein so unerhörter Fehler unterlaufen konnte, begann er sie, nachdem er seinen Freund einigermaßen beruhigt hatte, an den Fingern aufzuzählen.
Sobald er seinen aufgebrachten Freund in den hinteren Teil des Hauses in sein Arbeitszimmer gebracht hatte, war Julian mit größter Umsicht vorgegangen. Gewöhnlich hätte er die ganze Geschichte vor Talcott ausgebreitet. Er vertraute seinem Freund, und zwischen ihnen gab es, wenn überhaupt, dann nur wenige Geheimnisse. Aber diesmal lagen die Dinge anders, diesmal ging es um die Ehre einer Dame, einer Dame, die seine Ehefrau werden würde, und es schien ihm, dass, je weniger Leute die Wahrheit kannten, desto besser. Adrian Talcott, der ihn genauestens kannte, mochte argwöhnen, dass ihm eine frisierte Version aufgetischt wurde, aber Julian bezweifelte nicht, dass sein Freund seiner Führung folgen würde -
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