Skandalöse Küsse - Scandal Becomes Her
du oder sonst jemand von ihr anders als respektvoll redet. Jeden anderen Mann würde ich fordern für das, was du da eben gesagt hast.«
»Jetzt geh nicht gleich in die Luft! Ich bin schließlich nicht der Feind. Ich halte Lady Wyndham in höchster Achtung und stehe in dieser Sache Seite an Seite mit dir - ich sage dir doch nur, wie andere die Sache sehen könnten.« Er grinste seinen Cousin an. »Ich persönlich glaube ja, dass deine Frau dir nur gut tun wird, und wenn mir die Art und Weise nicht so gegen den Strich ginge, würde ich ihm die Hand schütteln, dafür, dass er euch beide zusammengebracht hat.«
Julian lächelte schief. »Wir sind uns ähnlicher, als wir denken - derselbe Gedanke, oder wenigstens ein ähnlicher, ist mir auch schon mehrmals gekommen.«
»Also, was tun wir? Es missfällt mir, herumzustehen und auf den Angriff zu warten. Viel lieber würde ich die Schlacht zum Feind tragen.«
»Genau, aber von Mord einmal abgesehen kann ich im Augenblick keinen Ausweg aus der Zwickmühle erkennen. Wenn ich Tynedale zur Rede stelle, könnte es ihn in dem Glauben bestärken, dass er bessere Karten hat, als es in Wahrheit der Fall ist. Und ganz bestimmt kann ich nicht zu ihm gehen und verlangen, dass er es meinen Cousins nicht sagt - er würde sich auf dem Absatz umdrehen, zu ihnen
laufen und es ihnen brühwarm erzählen. Im Moment sind die Schuldscheine wertlos für mich. Wenn ich sie ihm für sein Schweigen böte, wie Nell schon bemerkte, so würde ihn nichts daran hindern können, die Sache mit der Entführung auszuplaudern, sobald er sie in der Hand hält.«
Er runzelte die Stirn. »Es scheint mir, dass seine Karten die besseren sind.« Auf Marcus’ skeptischen Blick hin fügte er hinzu: »Indem er die Geschichte abändert, sodass er als der Geschädigte dasteht. Er könnte einfach behaupten, dass er und Nell wegen des Einspruchs ihres Vaters gegen eine Verbindung durchgebrannt sind - dass es keine Entführung gab, sondern sie freiwillig mit ihm gekommen ist und sie dann durch das Unwetter getrennt wurden. Mein Eintreffen ruinierte ihre Pläne, und ich bin der Schuft des Stückes. Ich habe Nell kompromittiert und habe sie aus den Armen ihrer wahren Liebe gerissen.« Sein Stirnrunzeln vertiefte sich. »Das könnte sogar das sein, was er vorhat - es würde mich anschwärzen, einen Skandal um Nell entfachen, während er als derjenige dasteht, dem ein Unrecht geschehen ist und der Mitgefühl verdient.«
Marcus richtete sich auf. »Gütiger Himmel! Du hast Recht!« Er schaute auf seine Stiefel und erklärte: »Nun, dann geht es wohl nicht anders. Ich werde Tynedale umbringen müssen.« In niedergeschlagenem Ton fügte er hinzu: »Vermutlich Charles auch, aber ich sage dir, Julian, es geht mir sehr gegen den Strich, einen Verwandten umzubringen.«
Julian musste trotz allem lachen. »Und ich weiß, dass du es würdest, aber ich werde nicht zulassen, dass du meine Kämpfe für mich austrägst. Ich weiß nicht, wie ich das Problem lösen soll, aber wir schaffen das schon - irgendwie.«
Das Wetter wurde schlechter, der Nieselregen ging in handfesten Regen über und Marcus blieb auf Julians Drängen hin zum Dinner. Nell hatte Marcus argwöhnisch angesehen, als sie sich zu den Herren gesellte, aber Marcus vertrieb ihr Unbehagen und ihre Sorge, Julians Cousin würde schlecht von ihr denken, sobald er die wahren Hintergründe ihrer Ehe kannte. Als das Dinner zu Ende war, wusste Nell, dass Marcus ein lieber und treuer Freund war, nicht nur für Julian, sondern auch für sie selbst.
Als sie die beiden Männer ihrem schweren Wein überlassen wollte und das Heulen des Windes hörte und den ans Fenster prasselnden Regen, schlug Nell vor, dass Marcus über Nacht blieb. Er nahm die Einladung gerne an.
Nell zog sich in den Grünen Salon auf der Rückseite des Hauses zurück. Anders als viele andere Räume in Wyndham Manor war dieser Salon nicht sonderlich groß, und er war mehr mit Augenmerk auf Gemütlichkeit als auf Eleganz eingerichtet, weswegen Nell sich gerne hier aufhielt. Nicht lange nach ihrer Ankunft auf Wyndham Manor hatte sie das Zimmer zu ihrem Lieblingsraum erkoren, um hier die langen Winterabende zu verbringen. Als Dibble mit dem Teetablett eintraf, unterrichtete Nell ihn, dass sie einen Gast über Nacht haben würden. Dibble versprach, die Räume unverzüglich für Mr. Sherbrook fertigmachen zu lassen und einen der männlichen Bediensteten als persönlichen Diener für ihn abzustellen.
Als die
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