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Sohn Der Nacht

Titel: Sohn Der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Spruill
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vor Vater hin weg. Aber das war vielleicht gar nicht so schlimm - es würde ihn jedenfalls vor Selbstüberschätzung schützen.
    Zane blickte auf seine schlafende Tochter hinunter und fand die Entschlossenheit, die er brauchte. Hier vor ihm lag
    ein zweiter Grund, Vater zu vergraben, fast so stark wie der erste. Es konnte eigentlich nur einen Grund geben, warum Merrick in Jennys Zimmer aufgetaucht war. Er wußte bereits von ihr, dachte Zane. Er wußte, daß sie dabei war, an der Leukämie der Blutsauger zu sterben, und verfolgte ihre Spur, um ganz sicher zu sein, daß sie auch wirklich starb. Katie mußte ihm von Jennys plötzlicher und überraschender Gesundung erzählt haben. Er wußte, daß ich der einzige war, der ihr Blut gegeben haben konnte. So kam er in der Hoffnung hierher, mich hier bei ihr zu finden.
    Ob er wohl erraten hat, daß sie meine Tochter ist?
    Als Zane leise Schritte hörte, die sich über den Flur näher ten, wandte er sich um, um die Tür zu beobachten. Einen Augenblick später trat ein Mann herein, ein großer Bursche, kaum mehr als ein Junge, gekleidet wie hier üblich in weiße Hose und kurze weiße Jacke mit Troddeln auf den Schultern. Er blickte seltsam intensiv auf Jenny. Vielleicht war er nur neugierig auf das >Wunder<-Mädchen hier im Hospital.
    Ärgerlich stand Zane da und bewegte sich schließlich laut los an Jennys Bett. Einen Augenblick lang entspannte er sei nen >Einfluß< / um dem Burschen ganz kurz ein Bild von ihm zu vermitteln. Der Normale zwinkerte und ging rückwärts aus der Tür. Zane hörte seine Schritte sich entfernen, als er den Flur entlangeilte. Als hätte sie irgend etwas gespürt, stöhnte Jenny leise im Schlaf. Ihr Gesicht war jetzt bleich, und ein leichtes Stirnrunzeln lag auf ihrer glatten Stirn.
    Sie holte tief Luft und öffnete die Augen. Dann blickte sie sich mit einem besorgten Ausdruck auf dem Gesicht im Zim mer um. Ein warmes Lächeln huschte über ihr Gesicht. Hallo, Tochter, dachte er. Du fühlst dich schon sehr viel besser, nicht wahr? Du bist am Leben - und das wirst du auch bleiben, ich verspreche es dir.
    Er ließ sich wieder in den Stuhl sinken und beobachtete Jenny, als diese das Licht auf dem Regalbrett über dem Kopf ende einschaltete und ihre Puppe vom Nachttisch holte. Sie machte sich an den Kleidern der Puppe zu schaffen und glät tete deren langes blondes Haar, wobei sie zur Tür schaute, als habe sie Angst, jemand könne hereinkommen und sie bei ihrem Tun überraschen. Ganz offenbar dachte sie daran, daß sie schon zu erwachsen sei für solche Sachen. Sie wußte noch nicht, daß sie in einem anderen Sinn eine Neugeborene war die schon bald eine neue Welt entdecken würde. Seine Auf gäbe bestand darin, den Schrecken und die Angst dieser| neuen Welt von ihr zu nehmen und ihr ihre heiteren Seiten zu zeigen.
    Mit wachsender Faszination beobachtete Zane, wie Jennys Finger vom Haar der Puppe zu ihrer Kehle wanderten, sie streichelte sie, und ihr Gesicht veränderte sich in plötzliche intensiver Konzentration. Dann umwölkten sich ihre Augen und sie setzte die Puppe wieder auf den Nachttisch. Faszinie rend! dachte Zane. Vielleicht wird sie sich einmal zu jungen Frauen hingezogen fühlen, genau wie ich auch. Aber ich werde sie nicht drängen und sie nicht beherrschen. Ich werde sie ihrer Natur folgen lassen. Und ich werde sie lehren, diese zu lieben.
    Aber vorher muß ich sie vor Vater in Sicherheit bringen.
    Heute nacht, jetzt.
    Schweigend erhob sich Zane und trat hinaus.
    Beim Abendessen bemerkte Katie, daß Neddie immer wieder verstohlene Blicke in Merricks Richtung warf, wenn dieser sie gerade nicht ansah. Vielleicht hatte auch sie seine Spannung gespürt. In seinen Augen war ein intensives Leuchten, das Katie sich nicht zu erklären vermochte. Irgend etwas hatte sich an ihm verändert, seit er zum Krankenhaus gegangen war. Vielleicht würde er ihr davon erzählen, nachdem Mom und Neddie ins Bett gegangen waren.
    »Ich räum' schon mal den Tisch ab«, sagte Merrick.
    »Nein, das tust du nicht«, sagte Mom. »Nicht nach der gu ten Arbeit, die du an dem Katzenwels geleistet hast.«
    »Sie könnten ja geradewegs aus den Sümpfen um New Orl eans stammen«, meinte Neddie, »so wie Sie mit dem File tiermesser umgegangen sind.«
    Neddie um einen Besuch zu bitten, war eine gute Idee gewesen, fand Katie. Sie war nicht sicher, was sie erwartet hatte - Zigeunerkleider in schreienden Farben vielleicht und eine Menge melodramatischer Verkündigungen. Aber

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