Sommer der Liebe
sein Vater bin, und bringen ihn gemeinsam zur Schule.«
»Ich habe Rory gesagt, dass nur er und ich hingehen werden.« Sie hörte selbst, wie wenig überzeugend sie klang.
»Dann erklärst du ihm eben, dass die Dinge sich geändert haben. So etwas kommt vor!«
»Aber wir sind nicht zusammen. Wenn wir am ersten Morgen mit Rory auf dem Schulhof auftauchen, dann werden die Leute uns als Paar sehen. Und das sind wir nicht.«
»Du machst dir völlig unnötig Sorgen.«
Sein plötzliches Lächeln ließ ihr Herz schneller schlagen. Und vielleicht machte sie sich ja unnötig Sorgen. Die Vorstellung, dass Gus sie begleiten würde, war verführerisch. Rorys erster Schultag war ein besonderer Tag für sie, an dem sie bestimmt sentimental werden würde; und Sian war sicher, dass Gus’ Anwesenheit ihn zu einem schönen Erlebnis machen würde. Mit Gus an ihrer Seite würde sie sich kein bisschen einsam fühlen. Sian wandte sich ab und nahm einen weiteren Pullover zur Hand. »Also gut. Du kannst mitkommen, wenn du ein Namensschild annähst. Hier. Nimm dir einen Pulli, bei dem ist es nicht so kompliziert wie bei einer Socke.«
Gus’ Augen wurden schmal, und er sah sie drohend an, dann nahm er den Pullover, den Sian ihm hinhielt, und die Nadel und den Faden. Er wandte sich von ihr ab und beugte sich vor, sodass sie nicht sehen konnte, wie er sich beim Nähen anstellte.
»Ich hole noch ein paar Holzscheite«, erklärte sie.
Während sie im Schuppen den Korb mit Scheiten füllte, die dort mindestens seit dem letzten Winter lagen und wunderbar trocken waren, fragte sie sich, ob es unfair gewesen war, Gus so eine Aufgabe zu stellen. Schließlich konnten Männer in der Regel nicht nähen.
Als sie zurück ins Haus kam, klingelte das Telefon.
»Hi Sian, wie geht es dir?«, wollte Melissa wissen.
»Gut. Und dir?« Sian versuchte aus Gründen der Höflichkeit, wenigstens ein bisschen enthusiastisch zu klingen.
»Ich bin furchtbar aufgeregt. Der Kauf des Hauses verläuft reibungslos, wahrscheinlich, weil ich bar zahle und es keine Probleme gibt.«
»Oh …«
»Tut mir leid! Das war ein bisschen taktlos von mir. Natürlich sind das für dich keine guten Neuigkeiten, doch du wirst etwas anderes finden. Es gibt im Moment jede Menge Mietshäuser, weil niemand verkaufen kann. Ich habe mich erkundigt, wie es auf dem Markt aussieht, für den Fall, dass ich das Haus vermieten möchte.«
Das war ein weiterer Schlag für Sian. »Ich dachte, du wolltest selbst hier wohnen. Aber wenn nicht, dann könnte ich es ja von dir mieten und müsste gar nicht umziehen.«
»Nein, nein, das geht nicht. Ich möchte das ganze Haus komplett renovieren. Es muss so viel geändert und ausgebessert werden. Natürlich könntest du es anschließend mieten, wenn ich beschließe, nicht selbst darin zu wohnen.« Schnell fügte sie hinzu: »Aber ich fürchte, dann müsstest du mir etwas mehr Miete zahlen.«
»Okay, dann steht das nicht zur Debatte.« Sian zögerte. »Warum hast du eigentlich angerufen?« Sie wollte dieses Gespräch so schnell wie möglich beenden.
»Äh … ich möchte mit einem Handwerker und einem Innenarchitekten vorbeikommen, und vielleicht auch noch mit einem Architekten. Mein Vater kennt einen, der die Pläne umsonst für mich anfertigen würde.«
»Da hast du ja Glück.«
»Ja, nicht wahr?« Melissa merkte nicht, dass Sians Bemerkung sarkastisch gemeint war. »Jedenfalls können sie alle nur am Montag in zehn Tagen. Wäre dir das recht?«
Sian seufzte. Sie wünschte, sie hätte absagen können. Es war Rorys erster Schultag. Sie würde sich wahrscheinlich sowieso unglücklich fühlen, also konnte sie genauso gut zulassen, dass Melissa mit ihrem Team von eifrigen Helfern in ihr Haus einfiel. Sie musste ja nicht bleiben. Sie konnte mit Fiona eine Tasse Kaffee trinken, während Melissa und ihre Männer ihr Heim auseinandernahmen, vermutlich wortwörtlich. »Du kannst um halb zehn kommen.«
»Nicht vorher? Handwerker fangen schrecklich früh an, weißt du. Ginge auch halb neun?«
»Auf keinen Fall. Es ist Rorys erster Schultag, und wir beide werden um halb neun noch sehr beschäftigt sein. Und jetzt muss ich Schluss machen. Wir sehen uns nächste Woche Montag.« Sie legte etwas heftiger auf, als sie eigentlich vorgehabt hatte. Verdammte Melissa!
Sian ging mit dem Holz zurück ins Wohnzimmer. Der Pullover lag auf ihrem Sessel, versehen mit einem wunderschön angenähten Namensschild. Darauf lag ein T-Shirt, das ebenfalls schon ein
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