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Sonnenkoenig

Sonnenkoenig

Titel: Sonnenkoenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Lifka
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grüppchenweise im kleinen Vorgarten und auf der gefliesten
Terrasse. Carla kannte niemanden. Alles Juristen. Anwälte, Staatsanwälte und
Richter. Die gesamte Wiesbadener Rechtsprechung eben. Wo immer sie einem
Gespräch lauschte, ging es um Fälle, Urteile und Gesetze. Berufsspezifisches
Small-Talk-Verhalten hätte es Johannes genannt. Schnell vertrieb sie den
Gedanken. Heute wollte sie lediglich herumstehen, unbekümmert Leute beobachten
und ein bisschen was essen und trinken.
    »Na, amüsierst du dich?« Julia
hatte sich neben sie gestellt.
    »Ein schönes Fest. Du kannst
stolz sein. Auf dich, auf deine Kinder und natürlich auf Wolfgang. Was ihr
beiden da aufgebaut habt, trotz aller Unkenrufe, speziell von Vater, der deine
frühe – wie nannte er es? – ›finanziell ungesicherte Heirat mit einem Studenten‹
überhaupt nicht gutgeheißen hatte, kann sich sehen lassen.«
    »Danke, Carla. Wenn man sich
wirklich liebt und vertraut, kann man alle Klippen umschiffen.«
    »Kommt Paul eigentlich nicht?«
    »Eingeladen habe ich ihn.
Vielleicht wird es später bei ihm. Komm, ich stelle dir Wolfis besten Freund
vor. Falls du es noch nicht bemerkt haben solltest, der starrt dich die ganze
Zeit über an. Nicht nur der. Das kennen wir ja. Los jetzt.«
    Widerwillig ging Carla mit. Was
soll’s. Julia war halt stolz wie Harry. Warum sollte sie ihr den Spaß
verderben. Obwohl sie natürlich ihre Hintergedanken erraten hatte.
    »Darf ich vorstellen, meine
Schwester Carla Cosian, ihres Zeichens TV-Planerin, was immer das ist.
Dr. Thomas Ströcker, seines Zeichens Oberstaatsanwalt am Wiesbadener
Landgericht. Ich wünsche den Herrschaften viel Spaß.«
    Julia verschwand.
    Es hätte schlimmer kommen können.
Ströcker war ein netter, unkomplizierter Typ. Sie kamen schnell in gute
Gespräche, ohne Wetterfloskeln und Ähnliches bemühen zu müssen. Vor allem erzählte
er nichts aus seinem Berufsleben, sondern zeigte großes Interesse an Carlas
Tätigkeit bei der Londoner Marketing-Agentur und stellte gescheite Fragen.
Später, als bereits viele Gäste gegangen waren, saß Carla mit ihm an einem der
aufgestellten kleinen Holztische auf der Terrasse. Es war kühl geworden und
Julia hatte ihr ein Sweatshirt gebracht. Es war gerade eine Gesprächspause
eingetreten und Carla wollte sich schon verabschieden, da fragte Ströcker
völlig unvermittelt: »Sind Sie eigentlich mit einem Johannes Cosian verwandt?«
    Carla war wie vor den Kopf
geschlagen. Am liebsten wäre sie aufgesprungen und hätte das Weite gesucht. Du
kannst nicht immer weglaufen, ermahnte sie sich. Du musst dich den Dingen
stellen. Mit ein paar Gläschen Rotwein im Kopf geht es vielleicht etwas
leichter.
    »Ja, warum?«, antwortete sie mit
leiser, zittriger Stimme.
    »Entschuldigen Sie bitte, wenn ich
da etwas Falsches gefragt habe. Es ist nur merkwürdig. Ich hatte vor ein paar
Jahren für das zweite Staatsexamen ein paar alte Fälle herausgekramt. Wissen
Sie, mein Spezialgebiet ist Wirtschaftskriminalität. Da ist mir der Name Cosian
aufgefallen. Ein Paradebeispiel für die Haftung von Geschäftsführen im
GmbH-Gesetz. Ich habe etwas nachgeforscht und eigentlich alles wieder vergessen.
Bis letzte Woche. Da wurden die alten Akten wieder relevant. Nichts für ungut.«
    Carla war hellhörig geworden. Was
konnte jetzt hochkommen, was mit Joes Verurteilung zu tun hatte? Reiß dich
zusammen. Vielleicht bekommst du etwas heraus.
    »Ist in Ordnung.« Carla rückte
näher an Ströcker heran. Wie zufällig berührte ihr Bein das seine. »Ja, ich bin
weitläufig mit ihm verwandt. So um vier Ecken. Ist er nicht verurteilt worden?
Was war es noch? Ich glaube Betrug.« Carla musste all ihre Kräfte aufbieten, um
nicht loszuheulen. Stattdessen nahm sie die Rotweinflasche und füllte beide
Gläser nach.
    »Betrügerischer Bankrott heißt das
bei uns Juristen. Aus heutiger Sicht betrachtet, wurde er nach allen Regeln der
Kunst von seinen Gesellschaftern reingelegt.« Ströcker erschrak über seine
eigene Unverblümtheit. Hastig fügte er an: »Vergessen Sie das bitte ganz
schnell wieder. Ich habe nichts gesagt. Wir dürfen verständlicherweise nicht
über unsere Fälle sprechen.«
    Der Oberstaatsanwalt war
sichtlich nervös geworden, schaute sich verstohlen um. Es war niemand in der
Nähe. Er war anscheinend nur mit sich selbst beschäftigt und hatte nicht
bemerkt, wie Carla wie zu einer Eissäule erstarrt war. Sie hatte es immer
gewusst. Reingelegt von den Gesellschaftern. Die kannte

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