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Spuren in der Wüste

Spuren in der Wüste

Titel: Spuren in der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Cordes
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Kaffee.
    Irene blieb stehen.
    Er sah sie an, betrachtete sie nachdenklich, wie es schien. »Man
    hat Sie mir anders geschildert. Ängstlich, hilflos. Nun ja, nicht immer sind unsere Informationen vollkommen.« Er trank von seinem
    Kaffee.
    »Sagen Sie, was Sie von mir wollen, und dann machen Sie, daß
    Sie hier wegkommen.«
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    »Wir haben Sie seit einiger Zeit beobachtet. Sie reisen sehr viel,
    nicht wahr?«
    Und als sie nicht antwortete, lächelte er und sagte: »Keine Ant-
    wort ist eben auch eine. Sie haben in den vergangenen sechs Jahren
    die Bundesrepublik vierzehnmal besucht. Sie waren in München, in
    Hamburg, in Düsseldorf und einmal in Katzbach bei Siegburg.«
    Sie zuckte unwillkürlich zusammen.
    Ihr Treff hatte eigentlich im Domcafé in Köln stattfinden sollen,
    aber bevor sie es noch betreten konnte – es war am hellen Tag, ei-
    nem Maimorgen –, hörte sie eine Stimme hinter sich, die ihr An-
    weisung gab, an dem Café vorbeizugehen, und sie schließlich
    drängte, in ein bestimmtes Taxi zu steigen. Das Taxi fuhr mit gro-
    ßer Geschwindigkeit, als es die Stadt hinter sich gelassen hatte. Und es brachte sie zu einem kleinen Haus, mitten in einem Wald.
    Dort sagte der Fahrer des Taxis nur: »Aussteigen!«
    Und er sagte es so, daß sie gehorchte.
    Sie verbrachte drei Nächte und zwei Tage in dem kleinen Haus
    mitten im Wald, in das der Fahrer des Taxis sie eingeschlossen hat-
    te. Dann kam er zurück und brachte sie zum Flughafen Wahn.
    Drei Nächte und zwei Tage voll kreatürlicher Angst. Und nicht
    nur das, auch Hunger und Durst. Denn sie fand in dem kleinen
    Haus nur eine Flasche Selters, und zuerst hatte sie durstig davon
    getrunken und später sich selbst deswegen gescholten, daß sie nicht
    vorsichtiger gewesen war.
    Im Flughafen Wahn klappte sie zusammen, und jemand, ein gro-
    ßer Mann in einem Kamelhaarmantel, brachte sie auf die Rote-
    Kreuz-Station. Ein Arzt untersuchte sie und gab ihr eine Injektion,
    eine Schwester brachte ihr ein Schinkenbrot und einen Milchkaffee.
    Und der große Mann im Kamelhaarmantel half ihr schließlich ins
    Flugzeug nach London.
    »Danach sind Sie in London untergetaucht«, sagt ihr Besucher
    jetzt. »Wir verloren Sie für ein paar Tage aus den Augen. Und die
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    anderen auch.«
    Es war ganz einfach gewesen in London. Sie hatte ihr Gepäck in
    einem Schließfach am Flughafen zurückgelassen und war zu Fuß in
    die Stadt gewandert, auf Umwegen. Und das erstbeste Haus, in ir-
    gendeiner der Vorstädte, in der sie gelandet war, das ein Schild im
    Fenster trug, ›Zimmer zu vermieten‹, hatte sie betreten. Und im
    voraus für eine Woche bezahlt. Und das Haus keine Sekunde lang
    verlassen, bis schließlich der Anruf des Dunklen kam und ihr droh-
    te –
    »Wir wüßten gern, was Sie diesmal in Empfang genommen ha-
    ben. Hier in Berlin.«
    »Nichts«, sagte sie schnell.
    »Sie hatten Besuch. Das wissen wir. Und wir wissen auch, daß
    diese Besuche einen Zweck haben.«
    »Ich habe nichts in Empfang genommen.«
    »Geld vielleicht?«
    Sie schwieg.
    »Natürlich auch Geld«, sagte der junge, so unwichtig aussehende
    Mann. »Sie müssen ja irgendwie leben. Und ihr verstorbener Mann
    hat Ihnen doch nichts als Schulden hinterlassen, nicht wahr?« Er
    lächelte auf eine unbestimmte Art.
    »Das geht Sie nichts an. Mein Leben geht Sie überhaupt nichts an.
    Ich bin amerikanische Staatsbürgerin. Sie – wenn Sie mir in irgend-
    einer Weise drohen, werde ich meine Botschaft benachrichtigen,
    das Konsulat.«
    »Aber Frau Blessing, es liegt uns ganz fern, Ihnen zu drohen. Wa-
    rum auch? Wir möchten doch nur freundschaftlich mit Ihnen zu-
    sammenarbeiten. Sehen Sie, wir wol en nicht einmal einem gewissen
    Herrn, den Sie auf dem Herflug kennengelernt haben, Kenntnis
    von den Dingen geben, die wir von Ihnen wissen, es sei denn, Sie,
    Sie selbst, zwingen uns dazu.«
    Irene setzte sich, sie nahm sich eine Tasse Kaffee.
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    »Wir wissen, wie, wann und unter welchen Umständen Ihr Mann
    starb. Wir wissen auch, warum man von offiziel er Seite die Angele-
    genheit sehr – nun, wollen wir viel eicht sagen – diskret behandelte?
    Und das doch nur, weil es in einem Land geschah, das dringend
    auf die Devisen von Touristen angewiesen ist und außerdem be-
    stimmte Stätten zu verwalten hat, die jedermann sozusagen heilig
    sind.«
    »Sie brauchen nicht weiterzusprechen«, sagte Irene. »Mir ist klar,
    daß Sie alles wissen. Was verlangen Sie von mir?«
    »Wir möchten wissen, welche

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