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Stadt, Land, Kuss

Stadt, Land, Kuss

Titel: Stadt, Land, Kuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathy Woodman
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Stroh berühren. Ich lehne mich gegen ihre Schulter und versuche, ihren Kopf wieder hochzuziehen, und gerade, als ich glaube, dass ich verloren habe und sie sich gleich wieder hinlegt, spannt sie die Muskeln an. Ein Krampf lässt ihren Bauch erzittern, und sie hebt die Vorderbeine zu einem halben Aufbäumen, das mich für einen Moment aus dem Gleichgewicht wirft.
    »Vorsicht, Maz«, warnt mich Alex, und seine Stimme klingt schroff vor Sorge.
    »Ich bin okay.« Ich streichle Libertys Hals und sehe ihren apathischen Blick. Allmählich beruhigt sie sich wieder, und Alex legt ihr die lilafarbenen Gamaschen an – passend zum Transporter –, um ihre Beine zu schützen.
    »Ich übernehme sie.« Ich gebe Alex das Seil, und er führt Liberty aus ihrer Box in den Transporter. Hastig schließe ich das Gatter und die Rampe hinter ihr. Geschafft. Ich atme tief durch, doch plötzlich bricht im Inneren des Transporters die Hölle los. Liberty wirft sich herum und tritt gegen die Seite des Wagens. Ich weiß nicht, was sie da drinnen anstellt, aber sie hat es geschafft, eine Delle in die Wand zu treten.
    »Ich beeile mich lieber, ehe sie die Box komplett zertrümmert«, sagt Alex.
    Plötzlich ist alles still, dann gibt es wieder einen Schlag, der den ganzen Transporter erzittern lässt.
    »Ich komme mit.« Ich prüfe die Verschlüsse der Rampe. »Ich fahre hinten bei ihr mit.«
    »Das wäre gefährlich …«, entgegnet Alex hoffnungsvoll.
    »Ich weiß, aber so könnte ich versuchen, sie davon abzuhalten, sich hinzulegen. Sonst wird sie womöglich in der Box herumgeschleudert«, erwidere ich. Ich sehe ihn an. Seine Stirn ist vor Sorge gefurcht. Ich erkenne, dass er hin- und hergerissen ist zwischen der Angst, mich in Gefahr zu bringen, und dem Wunsch, seinem Pferd die größte Überlebenschance zu sichern. Diese Stute liegt ihm offenbar sehr am Herzen, und ich will ihm helfen, da er mir sehr am Herzen liegt – das kann ich mir endlich eingestehen, seit ich weiß, dass Eloise nicht zwischen uns steht. »Bitte, Alex.«
    »Na gut, aber bleib ja hinter der Trennwand«, willigt er ein. »Ich fahre so langsam wie möglich.«
    Die Fahrt scheint ewig zu dauern, nicht nur, weil ich mit einem vor Angst und Schmerz halb wahnsinnigen Pferd in einem Transporter stecke, sondern auch, weil ich nicht nach draußen sehen kann und keine Ahnung habe, wo wir sind und wie lange es noch dauert, bis wir unser Ziel erreichen.
    Liberty stemmt sich gegen das Seil, das an einem Metallring in der Wand des Transporters befestigt ist. Kopf und Hals hat sie so weit nach vorn gestreckt, dass es scheint, als könnte ein Ruck des Wagens sie vom Rest des Körpers abreißen. Die Adern unter ihrem Fell treten deutlich sichtbar hervor, während sie verkrampft die Vorderbeine nach vorn stemmt und die Hinterbeine unter den Bauch gezogen hat.
    Auf den Gummimatten unter ihren Hufen sammeln sich glitzernde Schweißpfützen. Ihr Blick ist wild und verzweifelt. Sie rollt mit den Augen, und das Weiße leuchtet im künstlichen Licht. Dann gibt sie ein lang gezogenes Stöhnen von sich.
    »Halt durch«, flüstere ich ihr zu, während ich mich bemühe, das Gleichgewicht zu wahren. Ich berühre ihre Ohren – sie sind eiskalt – und prüfe hastig ihren Puls. »Es kann nicht mehr weit sein.«
    Da wird der Transporter auch schon langsamer und biegt nach links ab. Panisch macht Liberty einen Satz nach vorn und prallt mit dem Gesicht gegen die Abtrennung.
    »Ganz ruhig!« Panik durchzuckt mich. Was, wenn sie sich hinlegt? Fang jetzt nicht damit an, rede ich mir streng zu und verscheuche das Bild eines toten Pferdes, das aus einem Transporter gehievt wird. Liberty zerrt wieder an dem Seil, aus ihren Nüstern läuft Blut. Ihre Beine knicken ein, ihr Rücken beginnt, sich zu senken.
    »Nein! Hoch mit dir, du blödes Pferd!«, schreie ich sie an. »Du musst stehen bleiben.« Ich binde das Seil los und stemme mich mit meinem ganzen Gewicht dagegen, um ihren Kopf oben zu halten. Ich kneife sie in die Nase und schlage sie auf den Hals. »Bleib gefälligst stehen.«
    Liberty sieht mich an. Das ist gut. Sie registriert, dass ich da bin.
    Die restliche Fahrt dauert vielleicht noch zehn Minuten, aber mir kommt es vor wie zehn Stunden, ehe der Transporter endlich anhält.
    »Los, wir holen sie raus«, höre ich Alex’ Stimme, als er die Rampe runterlässt. Zwei Männer in Jeans und grünen Sweatshirts öffnen das Gatter und führen Liberty nach draußen. Alex bleibt immer dicht neben ihrem Kopf.

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