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Stadt, Land, Kuss

Stadt, Land, Kuss

Titel: Stadt, Land, Kuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathy Woodman
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ziehe ich ein Sweatshirt über meinen Schlafanzug und gehe nach unten. Auf dem Weg schalte ich alle Lichter ein.
    Vom Empfang aus sehe ich einen Mann vor der Tür, der eine Jacke oder etwas Ähnliches an seine Brust gedrückt hält. Als ich näher komme, erkenne ich sein Gesicht und seine Haarfarbe. Es ist Alex Fox-Gifford. Mir schießt nur ein Gedanke durch den Kopf: Was zum Teufel macht der denn hier?
    »Es tut mir leid, Sie zu stören, Maz«, sagt er, während ich ihn geradewegs ins Behandlungszimmer führe, nachdem mir der Schwanz, der aus dem Bündel in seinen Armen heraushängt, verraten hat, dass er einen potenziellen Patienten mitgebracht hat. Aus Kratzern auf Alex’ Hand rinnt Blut über sein Handgelenk, und sein Gesicht wirkt in dem grellen künstlichen Licht sehr blass, als er die Jacke behutsam auf den Tisch legt.
    »Haben Sie keine eigene Praxis, in die Sie gehen können?«, frotzele ich, doch im selben Moment tut es mir schon wieder leid. Das ist jetzt nicht der richtige Moment dafür.
    »Ich habe den armen Kerl am Marktplatz erwischt.« Alex wickelt einen übel zugerichteten schwarz-weißen Kater aus. Seine Ohren liegen flach am Kopf an. Mit weit geöffnetem Maul ringt er nach Luft. »Er ist mir direkt vors Auto gelaufen, und ich habe kein Betäubungsmittel bei mir«, erklärt Alex. »Sonst hätte ich ihn selbst erlöst.«
    »Moment mal.« Habe ich das gerade richtig verstanden? »Was haben Sie gesagt? Ihn erlöst?« Der Kater sieht hilflos und gleichzeitig vertrauensvoll zu mir auf, und mir sträuben sich die Nackenhaare vor Wut über Alex’ Untätigkeit. Wenn ich eine Katze überfahren hätte, würde ich alles daransetzen, sie wieder gesund zu pflegen. »Lassen Sie uns nichts überstürzen.«
    »Ich habe ihn mir kurz angesehen, bevor ich ihn eingewickelt habe. Das Bein ist nicht mehr zu retten, und er hat große Schmerzen. Ich dachte, es ginge schneller, wenn ich kurz hier anhalte, statt zurück zum Herrenhaus zu fahren …« Alex blickt auf, und sein Mund verzieht sich zu einem schwachen Lächeln. »Ich sagte doch, ich freue mich darauf, Sie wiederzusehen.«
    »Dazu brauchten Sie doch keine Katze zu überfahren – Sie hätten mich auch einfach anrufen können«, entgegne ich, und mittlerweile tut mir Alex fast genauso leid wie der Kater. Beide scheinen unter Schock zu stehen.
    Ich lege eine Hand auf den Kopf des Tieres – seine runden Wangen sind vernarbt, und es stinkt nach Urin. Ein unkastrierter Kater. »Er sieht ein wenig verlottert und ungeliebt aus.«
    »Genau wie ich«, sagt Alex, aber er lächelt nicht mehr.
    Ich lege den Kater unter Emmas brandneues Röntgengerät und mache ein paar Aufnahmen von seinem Brustkorb. Das Gerät verfügt über alle Funktionen, die man sich nur wünschen kann, und es hat eine ganze Weile gedauert, bis ich es richtig bedienen konnte. Anschließend suche mit dem Lesegerät nach einem Mikrochip. Wie vermutet hat er keinen. Falls das arme Tier überhaupt einen Besitzer hat, gibt es keine Möglichkeit, ihn zu identifizieren. Ich prüfe die Aufnahmen, nachdem Alex sie entwickelt hat – wenigstens entdecke ich keine Anzeichen für eine Verletzung des Brustkorbs.
    »Gute Neuigkeiten.« Ich deute auf den Kiefer des Katers. »Das kann ich mit Draht flicken, und was von seinem Bein noch übrig ist, werde ich amputieren.«
    Der Kater gibt ein kaum hörbares Miauen von sich, was mich daran erinnert, dass ich mich beeilen sollte.
    »Wollen Sie hierbleiben?«
    »Operieren Sie jetzt gleich?«
    »Das vermindert das Risiko von Komplikationen, Osteomyelitis, Sepsis …«
    »Schon gut – Sie brauchen mir keinen Vortrag zu halten. «
    Ich schlucke meinen Ärger über Alex’ schroffe, geringschätzige Art hinunter. Anscheinend ist es ihm herzlich egal, was aus unserem Patienten wird. Stattdessen nehme ich den Kater hoch und bringe ihn in den Vorbereitungsraum. Alex folgt mir.
    »Sie können gar nicht so lange nach mir Examen gemacht haben«, sagt er.
    »Zehn Jahre«, antworte ich, doch im gleichen Moment wünschte ich, ich hätte mein Wissen für mich behalten. Mein Nacken wird heiß, als ich gestehe: »Ich habe Sie im Tierarztverzeichnis nachgeschlagen.«
    »Dann wissen Sie ja auch, dass ich nicht in Cambridge studiert habe …« Er hält kurz inne. »Ich habe Ihren Eintrag auch nachgeschlagen. Ich wollte nicht, dass man mir vorwirft, von den Verbindungen meines Vaters zu profitieren und den Studienplatz nur wegen seiner Beziehungen bekommen zu haben. Sein altes College hat

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