Steels Entscheidung: Historischer Roman (German Edition)
richtig gelegen: Seine Kompanie brauchte nicht länger zu warten. Kaum hatten Slaughter und die anderen Sergeants die Soldaten in Reih und Glied gebracht, als sich auch schon ein Reiter vom Befehlsstand löste und entlang der Anhöhen auf die hoch aufragende Gestalt von Colonel Farquharson zuhielt. Da ihm die schiere Masse der Soldaten jedoch den Weg versperrte, zügelte der Reiter sein Pferd und verschaffte sich über die Köpfe der Männer hinweg Gehör. Der Wind trug die Worte bis zu Steel.
»Sir, Mylord Argyle entbietet Euch seine Grüße und bittet Euch, unverzüglich die Vorhut über die Brücken zu führen.«
Der betagte Colonel schien ein wenig verdutzt zu sein ob dieses unfeinen Verhaltens auf einem Schlachtfeld. Dennoch nickte er dem jungen Mann zu, zog dann mit einer eleganten Bewegung seinen schmalen Degen aus der Scheide und hielt ihn hoch, sodass sich das Sonnenlicht auf der Klinge fing und weithin sichtbar war. Halb drehte er sich im Sattel und rief mit lauter Stimme und unverkennbarem, gepflegtem Akzent der Highlands: »Ihr habt Glück, Männer. Wir haben den Befehl, vorzurücken.«
Geduldig wartete er den aufbrandenden Jubel ab, den er erwartet hatte.
»Jetzt habt ihr die Gelegenheit, euren Mut unter Beweis zu stellen, Jungs. Tut eure Pflicht und macht eurer Königin, eurem Land und vor allem eurem Regiment alle Ehre. Heute kämpfen wir für Schottland und das Vereinigte Königreich, Jungs. Für Königin Anne und das Regiment. Für mein Regiment. Für mich. Folgt mir jetzt in den Ruhm, Jungs, und ich lohne es euch in Bier und goldenen Guineen. Offiziere, Aufstellung beziehen. Trommlerburschen, greift zu den Stöcken. Major Frampton, bringt die Fahne in die vorderen Reihen.«
Der Adjutant Charles Frampton stand in den Steigbügeln seines Pferdes und schwenkte seinen Hut dreimal über dem Kopf. »Drei Hurras für den Colonel und das Regiment. Hip, hip, hurra! Hip, hip, hurra …!«
Die Jubelrufe der Männer hallten weithin über das Feld und vermischten sich mit denen der Kameraden aus anderen Regimentern der Vorhut. In diesem Moment verspürten alle Soldaten den Anstieg des Adrenalinspiegels.
Steel wandte sich den Grenadieren zu und rief mit erhobener Stimme: »Bleibt bei mir, Jungs! Achtet auf eure Sergeants. Behaltet die Offiziere im Blick. Aber vor allem: Achtet auf meine Befehle! Wir sind die Ersten, die reingehen, und die Letzten, die rausgehen, wie immer, Jungs. Bleibt bei mir. Sergeants, haltet die Reihen dicht, bis wir nah genug heran sind. Stehen bleiben auf sechzig Schritt und feuern. Und wenn ihr das für mich tut, Jungs, und wenn ihr im feindlichen Feuer ausharrt, dann vergesst, was der Colonel euch anzubieten hat. Ich gebe jedem von euch, der mich in die französischen Linien bringt, einen Krug Rum.«
Wieder brandete Jubel in der Kompanie auf, ehe Slaughter und die anderen Sergeants und Corporals die Reihen neu ausrichteten. Mit den Spontons und Halbpiken brachten sie die Männer in Angriffsformation, eine Marschsäule mit je drei Mann nebeneinander. Nur so konnten sie die Brücke überqueren. Für die Infanterie eine höchst anfällige Formation. Steel ließ seinen Blick über die fünfzehn Reihen schweifen und machte sich zu Recht Sorgen, wenn er an die Wirkung des feindlichen Feuers dachte. Sollte eine einzige Kanonenkugel präzise in der vorrückenden Säule einschlagen, würde sie sich gnadenlos durch die Reihen der Männer fressen. Nicht auszudenken, wenn zu diesem frühen Zeitpunkt viele seiner Kameraden verstümmelt zurückblieben!
Die Trommlerburschen spielten auf zum Angriffsmarsch; der vertraute Rhythmus der »British Grenadiers« setzte ein.
Mit gesenkter Stimme sprach Steel zu seinem Fähnrich: »Alles in Ordnung, Tom? Seid Ihr bereit?«
»Alles bestens, Sir. Bin bereit wie eh und je.«
»Dann knöpfen wir sie uns vor.«
Mit Argyle an der Spitze, setzte sich die Brigade Rotröcke in Bewegung. Steel betrat die Holzbrücke mit festem Schritt und marschierte so sicher, wie es die knarrende, leicht schwankende Pontonbrücke zuließ. Mit Blicken nach rechts und links vergewisserte er sich, dass die Offiziere auf den anderen vier Brücken ihre Männer ebenfalls anführten. Grenadiere an der Spitze, dahinter die Colonels zu Pferd, dann das Bataillon als Ganzes.
Ein atemberaubender Anblick, der Steel jedes Mal aufs Neue mit Stolz erfüllte: Eine ganze Brigade britischer Infanterie marschierte in die Schlacht. Glücklicherweise war seine größte Angst unbegründet, und
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