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Sterbelaeuten

Sterbelaeuten

Titel: Sterbelaeuten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Endemann
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Straße sein. Elisabeths Herz klopfte. Sie lief weiter, etwas schneller jetzt. Sicher war es nichts, aber wohler wäre ihr, sie wäre schon zuhause.
    Endlich kam sie an die Kreuzung. Sie bog um die Ecke, sah noch mal nach hinten und trat dabei mit dem Fuß auf eine vereiste Stelle. Sie rutschte aus. Zwei starke Arme packten sie.
    „Fallen Sie langsam, schöne Frau“, sagte eine bekannte Stimme, „dann haben Sie mehr davon.“
    „Paul, wo kommst du denn her?“ Elisabeth war erleichtert.
    „Sie schicken mich immer auf Streife, wenn du spazieren gehst. Dafür stiftet Henry jedes Mal eine Kiste Abendmahlswein und Essensgutscheine für das Sommerfest der Polizei. Was ist denn los? Du siehst blass aus.“
    „Ach, nichts. Da waren nur diese Jugendlichen.“
    Elisabeth sah zurück auf die Hauptstraße. Sie war menschenleer. Paul folgte ihrem Blick.
    „Na, dann werde ich dich mal durch den Sulzbacher Großstadtdschungel nach Hause begleiten. Liegt sozusagen auf meinem Weg.“
    Sie überquerten gemeinsam die Straße. Auf der Hauptstraße löste sich eine Gestalt aus einem Hauseingang und ging langsam in die entgegengesetzte Richtung davon.
    –
    Es war zu riskant, dem Rotschopf zu folgen, wenn der Bulle dabei war. Er wusste auch nicht genau, was er sich davon versprochen hatte. Aber sie hatte ihn so angesehen. Als wäre er ein Außerirdischer. Er fühlte sich von ihrem Blick provoziert. Es war, als wolle sie ihm etwas absprechen, das er für sich beanspruchte.
    Es machte nichts, dass sein Vater ihm den Geldhahn zugedreht hatte, als er auch nach dem BWL-Studium nicht in den Familienbetrieb einsteigen wollte. Na und. Wer wollte schon sein Leben damit verbringen, Klobrillenverkleidungen, Urinflaschen und Mikrowellen-Pantoffeln zu vertreiben. Wie ihm das peinlich gewesen war. Er hätte sich lieber die Zunge abgebissen, als seinen Kommilitonen zu erzählen, was für ein Unternehmen seinem Vater gehörte.
    „Der perfekte Haushalt“, hieß der Katalog, mit dem er seine Spießer- und Rentner-Kollektion vertrieb. Das hatte Schurig hinter sich gelassen. Aber der Rubel musste rollen, sonst machte das Leben keinen Spaß. Als der Alte seine jahrelange Drohung endlich wahrmachte und seinem Sohn kein Geld mehr gab, hatte Schurig noch eine Weile vom Ersparten und von Schwarzarbeit gelebt. Bis zum Examen hatte das aber nicht gereicht. Und das Examen interessiert ihn auch gar nicht mehr. Er hatte genug gelernt, um seine eigene Firma zu gründen. Jemand wie er würde sich immer durchsetzten.
    Schurig grinste. Wenn sein Alter wüsste, dass er ihm die Geschäftskontakte gewissermaßen in die Wiege gelegt hatte. Mit der Firma nahe der polnischen Grenze hatte sein Vater nach dem Mauerfall Polen als neuen Markt erobert. Er überflutete das nach Konsum hungernde Land mit seinen billigen Haushaltsgegenständen, lange bevor der westliche Einzelhandel dort Fuß fassen konnte. Selbstverständlich ließ er so viel wie möglich von Polen machen. Sie übernahmen die Auslieferungen, Fahrzeuge wurden in Polen gekauft und angemeldet, alles war billiger dort. Sogar ein paar Worte Polnisch hatte Jakob damals als Teenager auf dem Betriebshof seines Vaters aufgeschnappt. Nicht, dass er das Kauderwelsch sprechen wollte. Aber es machte Eindruck, wenn er das ein oder andere verstand und das auch durchblicken ließ. Verschaffte ihm Respekt bei den Polen. Unter den Fahrern seines Vaters hatte er sich umgehört und dort die nötigen Kontakte geknüpft. Alles, was fehlte, war eine Anfangsfinanzierung.
    Aber da war ja Torat. Pfarrerssohn und perfekter Schwiegersohn, Liebling der alten Damen. Er hatte wirklich gute Arbeit geleistet in Amorbach. Er brauchte nur noch einen Partner, der wusste, wie man die Früchte der Arbeit erntete, wenn man das so sagen wollte. Aber wie das mit dem Künstlerseelchen so war. Er wollte das süße Leben, aber die Hände mochte er sich nicht schmutzig machen. Wenn es hart auf hart kam, schiss er sich die Hosen voll.
    Jedenfalls, der Erlös aus dem Schmuck der alten Dame war sein Startkapital für den Reinigungsservice gewesen. Die Putzerei brachte kaum was ein, aber seine Tipps an Igors Gang und der Transport der Ware in seinem Bus, das war immerhin ein Anfang. Ein Schritt in die richtige Richtung. Igor klaute den ganzen teuren Büro-Schnickschnack, USB-Sticks, Scanner, Drucker, Druckertoner, Laptops. Er, Schurig, transportierte die Ware getarnt als Gepäck seiner Putzfrauen, und in Krakau übernahmen Igors Leute wieder und vertickten

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