Stumme Zeugen
zeigte auf die Scheinwerfer eines Autos, das noch dreihundert Meter entfernt war.
»Scheiße. Ich frage mich, wer das ist.«
»Sie werden uns sehen. Und Ihre Pistole.«
Newkirk ließ die Waffe sinken und bohrte Villatoro den Lauf in die Achselhöhle. »Ich hab abbiegen gesagt, verdammt«, zischte er.
Die nicht asphaltierte, schlammige Straße war mit Pfützen übersät und führte einen bewaldeten Hügel hinauf.
»Ich glaube nicht, dass der Wagen es bei diesen Bedingungen bergauf schafft.«
»Fahren Sie schnell«, sagte Newkirk. »Nicht abbremsen.« Er stieß Villatoro die Pistole hart in die Rippen. »Wird’s bald?«
Villatoro gab Gas und fuhr den Hügel hinauf, mit immer wieder durchdrehenden Hinterreifen. Auf dem Briefkasten hatte er den Namen des Mannes gelesen, dessen Haus sie sich nun näherten: Swann.
Von einer merkwürdigen Ruhe erfüllt, die sich vielleicht dem Schock verdankte, dachte er: Ich werde sterben.
Sonntag, 22.01 Uhr
Jess griff gerade nach dem Hörer, um es erneut bei Buddy zu versuchen, als er durch die Bäume an der zu seiner Ranch führenden Straße die Scheinwerfer eines Autos sah. Er legte wieder auf und ging Richtung Küche, um sein Gewehr zu holen. Dabei warf er einen Blick ins Wohnzimmer, wo Monica Taylor, Annie und William dicht aneinandergedrängt auf dem Sofa saßen und sich leise unterhielten.
Er steckte den Kopf durch die Tür. »Wie gehabt, Licht ausschalten und die Tür nur öffnen, wenn ich es bin«, sagte er ruhig. »Da kommt ein Auto den Hügel hinab.« Er rügte sich, weil er nicht daran gedacht hatte, eine Kette zum Tor mitzunehmen und es zu verschließen.
Monica Taylor schaute ihn an. Aus ihrem Gesicht war jegliche Farbe gewichen.
»Es ist nur ein Auto«, sagte Jess. »Bitte, knipsen Sie jetzt das Licht aus.«
Statt ihrer Mutter stand Annie auf und legte den Lichtschalter um. Auf dem Rückweg zum Sofa schaltete sie die Tischlampe aus.
»Womöglich hat es nichts zu bedeuten«, sagte Jess, um die drei zu beruhigen.
»Wo gehen Sie hin?«, fragte William. »Kommen Sie zurück?«
»Natürlich.« Jess holte die Winchester, schaltete das Licht in der Küche aus und tastete sich durch den Vorraum zur Tür vor.
Auf dem Hof knirschte der Kies unter seinen Stiefeln. Die Laternen in den Pferchen verbreiteten bläuliches Licht, das lange Schatten warf. Es blieb keine Zeit, sie auszuschalten, denn das Auto kam schnell näher. Also trat er neben die Seitenwand der Scheune, wo es stockfinster war. Von dort hatte er die Vorderseite seines Hauses im Blick und würde sehen, wer in dem Wagen saß. Er fluchte leise, als er bemerkte, dass jemand das Licht auf der Toilette angelassen hatte.
Das Auto kam schnell näher, die Bremslichter leuchteten auf, und dann wurde der Motor abgestellt. Damit das Geräusch nicht auffiel, bediente er den Ladehebel des Gewehrs, als sich die Tür auf der Fahrerseite öffnete. Er blickte auf das Gewehr und sah kurz Messing aufblinken, als die Patrone in die Kammer glitt. Er hob die Waffe, zielte aber nicht.
Mit dem Öffnen der Tür ging die Innenbeleuchtung des Wagens an, und er sah, dass nur ein Mann darin saß. Jim Hearne.
Er runzelte irritiert die Stirn.
Hearne stieg aus, ohne die Tür zu schließen, und trat vor sein Haus. »Jess!«, rief er. »Bist du zu Hause, Jess?«
»Hinter dir.«
Hearne zuckte zusammen und wirbelte herum. »Du hast mir einen Schrecken eingejagt.«
»Was willst du?« Jess trat einen Schritt vor, ohne den Schutz der Dunkelheit zu verlassen. Er wollte Jim vertrauen, sich aber trotzdem noch nicht zeigen.
»Dein Haus ist bis auf ein Licht finster, Jess. Ich wusste nicht, ob du da bist. Als ich vorhin anrief, hast du nicht abgenommen. Ich muss dir erzählen, was los ist.«
Jess ließ die Waffe sinken und trat auf Hearne zu.
Der starrte auf das Gewehr. »Mein Gott, Jess, wolltest du mich erschießen?«
»Vielleicht. Lass uns reingehen.«
»Also sind sie alle in Swanns Haus.« Jess schüttelte den Kopf und trank einen Schluck von dem Kaffee, den er gerade gekocht hatte.
»Alle außer Newkirk, von dem habe ich nichts gesehen. Aber es war offensichtlich, dass sie auf jemanden warteten.«
»Was folgt daraus?«
Hearne zuckte die Achseln. Nicht zum ersten Mal drehte er sich auf seinem Stuhl und warf einen Blick ins Wohnzimmer, wo sich die Taylors aufhielten. »Ich kann immer noch nicht glauben, dass sie hier sind«, sagte er. »Was für eine Erleichterung.«
Jess nickte zufrieden. Hearne hatte ihm erzählt,
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