Sturm der Verfuehrung
Rolle absolut zuwider.
Sarah so vertrauensvoll an sich geschmiegt zu spüren verstärkte seinen Widerwillen gegen die Komödie noch, die sie seit einigen Tagen spielten, wann immer ein Dritter anwesend war. Sarah hatte Mrs Duncliffe und Mr Skeggs zu sich gerufen, um sie über den Besuch des Dekans zu informieren und sicherzustellen, dass der gute Ruf der Mitarbeiter unbefleckt blieb, falls der Schurke als nächsten Schachzug eine Flüsterkampagne starten sollte, um sie, Sarah, zum Verkauf zu bewegen. Aber um der Geheimhaltung willen hatte sie weder der Frau des Reverends noch Mr Skeggs die ganze Wahrheit sagen können, sondern ihnen durch die Blume zu verstehen gegeben, dass Charlie sie dränge, dem Waisenhaus den Rücken zu kehren.
Nichts hätte der Wahrheit ferner liegen können. Noch schlimmer war, dass seine derzeitige Rolle von ihm verlangte, entgegen seinen Bedürfnissen zu handeln. Und das, nachdem er endlich auf dem Weg war, zu seinen Gefühlen zu stehen - auch außerhalb des Schlafzimmers! Was für eine Ironie.
Nachdem die Besucher gegangen waren, hatten sie miteinander gelacht, und Sarah hatte ihn geneckt, um seine innere Anspannung zu lösen. Aber auch wenn er nur eine Rolle spielte, hatte er das Gefühl, seine Frau zu verraten. Und die Liebe, die sie beide verband.
Wobei er immer noch innerlich zusammenzuckte, wenn er in Verbindung mit seiner Person an dieses Wort dachte.
Was deutlich machte, wie dringend notwendig es für ihn war, dass diese Scharade endete, frei von dem unerwarteten Einfluss des Schurken zu sein, damit er sich darauf konzentrieren könnte, seine tief sitzende Angst vor der Liebe zu überwinden. Sie zu zeigen, sie mit Sarah zu leben, ungeachtet des Wo und Wann. Die jahrzehntelange Beeinflussung, Kontrolle, abzubauen, war nicht leicht; die Angst, dass die Liebe ein zu gefährliches Gefühl war, als dass er ihr in seinem Leben freien Lauf gestatten durfte, trat noch immer zu häufig auf.
Aber er war entschlossen, diesen hartnäckigen Widerstand zu besiegen und Sarah und ihrer Ehe zu geben, was beide von ihm brauchten, um nicht nur zu überleben, sondern zu gedeihen.
Vielleicht würde es helfen, wenn er es ausspräche? Das war ein Meilenstein, auf den er hinarbeiten und den er erreichen konnte.
Sagten die Philosophen nicht, dass man bessere Chancen hatte, ein Ziel zu erreichen, wenn man es in Worte fasste? Fürs Anlegen von Kapital galt der Satz - warum nicht auch für die Ehe?
Also brauchte er Worte, die aufrichtig klangen, die Sarah als von Herzen kommend erkennen würde.
Die richtigen Worte.
Dass sie nicht lauteten »Bist du schwanger?«, da war er sich ziem-lich sicher - auch wenn er das für möglich hielt. Es wäre besser, wenn er wartete, bis sie es ihm von sich aus sagte. Er hatte den Verdacht, dass dies eine der weiblichen Eröffnungen war, auf die kluge Ehemänner angeblich völlig überrascht reagierten.
Zurück zu den richtigen Worten. Er überlegte, prüfte, verwarf, überlegte wieder ... bis er einschlief.
Zwei Tage später machte sich Sarah im blassen Nachmittagslicht mit Blacktail auf den Heimweg vom Waisenhaus. Sie musste lächeln, als ihr bewusst wurde, wie schnell sie Morwellan Park, Charlies Heim, auch als das ihre akzeptiert hatte. Es hatte sich von ihrem ersten Tag als Countess an richtig angefühlt - behaglich wie ein weicher Handschuh.
Voller Ungeduld, nach Hause zu kommen, ließ sie Blacktail die Zügel schießen. Sie ritt in Begleitung von Hills, dem Stallburschen, den Charlie ihr zum Schutz aufgezwungen hatte.
Sie war nur im Waisenhaus gewesen, um nach dem Rechten zu sehen, um sich zu vergewissern, dass alles in Ordnung war und es keine weiteren Vorfälle gegeben hatte. Alle waren wohlauf und ließen die gesteigerte Wachsamkeit walten, die ihrer Meinung nach die einzige Möglichkeit war, sich gegen neue Attacken zu schützen.
Charlie hatte sie ursprünglich begleiten wollen, aber dann war Malcolm Sinclair gekommen, um einige Berichte über Emissionsgeschäfte durchzugehen, was Charlie ihm versprochen hatte. Charlie war hin- und hergerissen, hätte Sinclair am liebsten vor die Tür gesetzt und wäre mit ihr nach Norden geritten, war aber eingedenk ihres Possenspiels standhaft geblieben.
Lächelnd hielt sie den Gedanken fest, bewahrte ihn in ihrem Herzen - und alles, was er bedeutete. Ihr Haar flog im Wind, und sie lachte, beugte sich vor, um Blacktails schlanken Hals zu tätscheln.
Im nächsten Moment war ihr, als führe ihr eine brennende Lanze
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