Sueße Luegen, Heiße Kuesse
wollte, fügte Rosa hinzu: „Ich wollte dich niemals verletzen, Beth. Das weißt du doch?“
Beth saß da und starrte in die ernsten braunen Augen dieser Frau. Plötzlich erinnerte sie sich an all die gemeinsamen Momente – das Lachen, die kleinen Geschenke zu ihrem Geburtstag, die Ratschläge, die Rosa immer wieder angeboten hatte. Beth hatte es gemocht, sich mit ihr zu unterhalten, hatte sie gemocht.
„Du wärmst dieser alten Italienerin das Herz, Beth“, fuhr Rosa fort. „Du, Bella. Du bist klug. Du bist gut, hier …“ Sie legte eine Hand auf ihren ausladenden Busen. „Du hast es verdient, dass sich jemand um dich kümmert.“
Und trotzdem … Beth löste sich sanft von ihr. „Du hast mich belogen, Rosa.“
„Und was hätte ich sonst tun sollen, hm?“ Rosas Augenbrauen schossen in die Höhe. „Mich zurücklehnen und zuschauen, wie du dich Tag für Tag abmühst? Pah!“ Sie schnippte mit den Fingern. „Du hättest niemals Geld von mir angenommen, also habe ich das einzige getan, was ich tun konnte.“
„Aber nach all dieser Zeit, warum hast du nie etwas gesagt?“
Rosa schüttelte den Kopf. „Ich wollte ja. Aber du warst so glücklich, dass du endlich einen Ort für dich hattest. Und ich weiß doch, wie du zu Lügen stehst. Was, wenn du nie wieder mit mir gesprochen hättest?“
Aber mein Mietvertrag läuft in drei Monaten aus, wollte sie sagen. Und dann werde ich auf der Straße sitzen. Doch der Ausdruck auf Rosas Gesicht ließ sie die Worte hinunterschlucken. Luke war derjenige, der ihr Schwierigkeiten bereitete, nicht Rosa. Ganz gewiss wollte Beth die Schuldgefühle dieser Frau nicht vergrößern.
Beth seufzte und blickte zu Luke auf, der seltsam still geblieben war.
Rosa richtete sich auf und wandte sich ebenfalls an Luke. „Lucio, ich weiß, dass Gino seine Fehler hatte und dass ihr zwei euch nie richtig gut verstanden habt. Aber er war so stolz auf dich. So wie ich es auch bin.“ Sie blinzelte, als ihr Tränen in die Augen traten.
„Rosa …“
„Nein.“ Sie hielt einen Finger hoch, befahl ihm zu schweigen. „Dein Onkel war ein stolzer Mann, und diese furchtbaren Anschuldigungen haben ihn schwer getroffen, aber er hat verstanden, was du tun musstest. Er hat dich so sehr geliebt.“ Sie nahm seine Hand und drückte sie, ein Lächeln lag auf ihren Lippen, als sie einen Schlüssel aus ihrer Tasche zog. „Er hat dir etwas in seiner Schreibtischschublade hinterlassen. Bitte, geh und sieh es dir an.“
Luke schloss die Tür des Arbeitszimmers hinter sich und blickte sich um. Alles sah noch so aus wie immer, von dem großen, antiken Schreibtisch bis zu den Buchregalen, die an den Wänden entlang standen. Ein Hauch von teuren Zigarren und Brandy hing in der Luft. Fast erwartete er, Gino hinter dem Schreibtisch sitzen und eine Zigarre rauchen zu sehen. Doch da war nur der leere Stuhl, so leer wie das Gefühl in seinem Inneren.
Schnell steckte er den Schlüssel in die Schublade und öffnete sie. Dort lag ein weißer Briefumschlag, der an ihn adressiert war. Er enthielt eine DVD.
Was hat das zu bedeuten? fragte sich Luke, während er zum DVD-Player hinüberging, der zwischen den Büchern stand. Er legte die DVD ein und schaltete den Fernseher an.
Dann setzte er sich hinter den beeindruckenden Schreibtisch und spielte unentschlossen mit der Fernbedienung.
In der Mitte des Tischs lag eine saubere Schreibunterlage und exakt zweieinhalb Zentimeter darüber ein Füllfederhalter. Luke griff nach dem Füller und drehte ihn zwischen den Fingern, ein kleines Lächeln stahl sich auf seine Lippen. Gino war altmodisch gewesen, er hatte Tinte und Papier für alle seine Korrespondenz bevorzugt.
Luke legte den Füller zurück, zog die Augenbrauen zusammen und kniff sich in den Nasenrücken.
Ginos Schreibtisch im Aphrodite sah genauso aus – dieselbe Anordnung, der gleiche Füller. Der gleiche Geruch nach Leder, poliertem Holz und Zigarrenrauch.
Jede Kleinigkeit schien dazu da zu sein, ihn an diese Nacht zu erinnern, ganz gleich, wie entschlossen er gewesen war, sie zu vergessen. Wie ein Verurteilter, der sein Schicksal akzeptierte, ließ er die Erinnerungen zu.
Der Vorstand hatte am Morgen seine Missbilligung offen ausgesprochen, und Luke war außer sich gewesen vor Wut. Ungeachtet der Warnungen, sich von Gino fernzuhalten, war er in das Casino gestürmt, hatte auf einen Streit gebrannt. Die Sicherheitsleute waren ihm klugerweise aus dem Weg gegangen, als er in Richtung Ginos Büro
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