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Suesse Versuchung

Suesse Versuchung

Titel: Suesse Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mona Vera
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Minuten und somit fast einen Kerzenzentimeter lang rieb. Der Stein schnitt
    zwar tiefer in die Hände als in die Stricke, aber mit der Zeit bemerkte Sophie doch
    einen gewissen Fortschritt.

    Sie machte eifriger weiter, als plötzlich ein schwacher Luftzug aus dem Gang zu ihr
    herüberwehte, dem ein seltsam hohles Geräusch folgte. Ein Schleifen, Rascheln,
    Schritte. Sofort blieb sie stocksteif sitzen. Kamen die Schmuggler zurück, um nach ihr
    zu sehen und Winstons Drohung wahr zu machen? Was sollte sie dann tun?
    Nachgeben und als Sklavin in den Kolonien enden? Aber Winston würde sie nicht
    wirklich laufen lassen, sondern sie töten. Und sie vorher vermutlich trotzdem den
    Männern überlassen. Sophie starrte den Gang entlang. Die Kerze reichte gerade aus,
    um wenige Meter schwach zu beleuchten.
    Waren es Ratten gewesen? Sie schüttelte sich unwillkürlich. Sie hasste diese Nager,
    aber sie waren die geringste Gefahr in diesen Höhlen und Gängen. Als sich nichts
    mehr rührte, arbeitete sie weiter, dabei immer wieder besorgte Blicke zur Kerze und
    dieser unheimlichen Figur in der Nische hinüberwerfend. Dieses Mal fletschte das
    Bildnis imaginäre Zähne zu einem bösartigen Grinsen, und Sophie sah schaudernd
    gleich wieder weg.
    Wieder dieser Luftzug. Die Kerzenflamme begann zu tanzen. Sophie starrte ängstlich
    darauf. Wenn sie ausging, war sie jetzt schon im Finstern und nicht erst in einer
    Stunde.
    Da waren wieder diese Geräusche. Schritte. Ganz deutlich. Es war, als würden sie aus
    der Wand hinter ihr kommen. Sophie legte das Ohr an den Fels. War dahinter etwa
    noch ein Gang? Oder gingen hier doch die Geister verstorbener und getöteter
    Schmuggler und ihrer Gefangenen umher? Endlos und für alle Zeiten auf der Suche
    nach Erlösung? Winston war nicht der erste, der von dieser Hawkhurst Gang
    gesprochen hatte. Auch eine Freundin von Tante Elisabeth hatte ihr einmal davon
    erzählt. Und Henry hatte sie ohnehin vor Gespenstern gewarnt. Allerdings waren
    diejenigen in Marian Manor sehr lebendig gewesen.
    Ein stärkeres Frösteln ging durch Sophies Körper. Ihr Kopf ruckte herum, als das
    Geräusch direkt von der in den Stein gemeißelten Gestalt zu kommen schien. Ein
    hohles Lachen, ein Wimmern, das in ein lang gezogenes Stöhnen überging. Der
    Luftzug wurde stärker, das Kerzenlicht flackerte – und erlosch.
    Sophie saß im Dunkeln. Sie atmete schnell und heftig, versuchte, während sie mit
    weit aufgerissenen Augen in die undurchdringliche Finsternis starrte, ihrer Panik Herr
    zu werden. War dort, am Ende des Ganges, nicht ein Licht? Jetzt wünschte sie fast, die
    Schmuggler kämen zurück. Ein schwacher Schein erschien, tanzte wie ein Irrlicht über
    die Wände, verschwand wieder. Sie wollte sich so drehen, dass sie dem Licht oder
    Gespenst oder was immer dort kam, entgegensehen konnte, aber dann hätte sie der
    Figur in der Nische den Rücken zukehren müssen, und das wagte sie nicht.
    Sophie zitterte am ganzen Körper. Ein Rasseln wie mit Ketten wurde hörbar. Jemand
    keuchte so laut, dass ihre Ohren dröhnten. Sophie hielt den Atem an und erkannte,
    dass dieses Geräusch von ihr selbst gekommen war. Die Angst hatte sie hecheln lassen
    wie einen Hund. Sie schloss für einige Sekunden die Augen, rang um Beherrschung
    und atmete einige Male tief und langsam durch. Wichtig war immer noch, dass sie die
    Fesseln los wurde. Vielleicht war der Lichtschein nur von einem der Schmuggler
    gewesen, der durch die Höhlen ging. Das Wimmern konnte von einem weiteren
    Gefangen sein. Nicht sehr erbaulich dieser Gedanke, aber sich jetzt der Hysterie
    hinzugeben, war dumm und einer McIntosh nicht würdig.

    Sie und Patrick hatten sich damals, als das Bergwerk über ihnen zusammenstürzte, in
    keiner viel besseren Lage befunden. Sie versuchte sich daran zu erinnern, um sich
    klarzumachen, dass sie jetzt – von den blutrünstigen Männern und Gespenstern
    abgesehen – noch besser dran war als damals. Sie steckte zwar in einem Labyrinth aus
    Gängen, aber wenn sie lange genug suchte, konnte sie den Ausgang finden. Auch ohne
    Kerze. Irgendwie. Patrick und sie waren damals eingeschlossen gewesen, ständig in
    Gefahr, von den nachrutschenden Gesteinsmassen erschlagen oder erstickt zu werden.
    Aber sie waren gerettet worden. Und vielleicht kam auch dieses Mal jemand zu ihrer
    Hilfe. Edward würde sie suchen. Ganz bestimmt sogar. Sie dachte mit
    unbeschreiblicher Sehnsucht an ihn und wurde sich bewusst, dass der Gedanke an

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