Süße Worte, heißes Flüstern
Nachbargrundstücke voneinander trennte, und wedelte vergnügt mit dem Schwanz.
“Na, alter Knabe”, meinte Seth, “wollen wir Freundschaft schließen?” Er kraulte den Schäferhund hinter den Ohren, woraufhin der an seiner Hand schnupperte. “Riecht das gut? Das sind die Muffins von heute Morgen. Es waren genug, um eine ganze Armee damit satt zu kriegen. Der Himmel weiß, wann diese Frau schläft. Sie arbeitet den ganzen Tag. So etwas hab ich noch nicht erlebt.”
Dabei war ihre Betriebsamkeit noch das Geringste. Was Seth wirklich beschäftigte, war etwas ganz Anderes. Die halbe Nacht hatte er kein Auge zugetan, weil er ihr Bild nicht hatte loswerden können. Ihr Bild, ihre Lippen, ihre Umarmung, sie hatten ihn bis in seine Träume verfolgt, nachdem er endlich eingeschlafen war.
Und dann das verblüffte Gesicht, das sie gemacht hatte, als er ihr in der Waschküche gesagt hatte, er werde sie nie wieder berühren, es sei denn … Was hatte er sich dabei nur gedacht? Dass sie zu ihm käme und sagte: ‘Bitte, tu’s.’? So ein Unsinn! Aber mit Denken und Logik hatte das Ganze schon lange nichts mehr zu tun. Das Einzige, was er denken konnte, wenn sie in seine Nähe kam, war, dass er sie unglaublich begehrte. Trotzdem würde er zu seinem Wort stehen.
Plötzlich drehte Beau sich um und lief davon. Seth blieb einen Augenblick unschlüssig am Zaun stehen und wollte sich gerade ebenfalls zum Gehen wenden, als der Hund mit einer Zeitung im Maul zurückkam.
“Was hast du denn da, alter Junge? Zeig doch mal her.”
Beau hatte offenbar nichts dagegen, dass er sich die Zeitung auslieh, und gab sie bereitwillig her, als er danach griff. Er streichelte Beau anerkennend den Kopf. Dann hielt er jäh inne. Auf der Titelseite prangte sein Foto.
Es war kein aktuelles Bild, sondern die Aufnahme, die bei seinem Abschluss auf der Polizeiakademie gemacht worden war. Wo Billy Bishop das Foto bloß aufgetrieben hatte? “Entschlossener Einsatz eines Polizisten rettete kleines Mädchen”, las Seth als Überschrift. Ohne den Blick von der Zeitung zu nehmen, streichelte er noch einmal Beau und ging dann in den Artikel vertieft zurück zur Veranda.
Das durfte doch nicht wahr sein!
Mit einem dramatischen Einsatz rettete Seth Granger (30), Kriminalbeamter aus Albuquerque, New Mexico, der kleinen Madeline Michaels (6) aus Ridgewater möglicherweise das Leben. Der Vorfall ereignete sich im Vorgarten des Hauses von Hannah Michaels, der Mutter des Kindes. Als die Kleine in verzweifelter Lage in mehreren Metern Höhe hilflos am Ast eines Baumes hing, durchbrach Granger, der zufällig am Grundstück vorbeifuhr, mit seinem Motorrad den Gartenzaun, bezwang in heldenhafter Manier den Baum und befreite das vor Angst schlotternde Mädchen aus seiner gefährlichen Lage …
In diesem Stil und in epischer Breite ging es weiter. Selbst von Augenzeugen war die Rede, wer immer das gewesen sein sollte. Und das Ganze mit Foto auf der Titelseite! Wütend knallte Seth mit der Zeitung auf die Brüstung der Veranda und stapfte, die Schmerzen in seinem Fuß ignorierend, die Stufen hinauf. Billy Bishop spielte mit seinem Leben!
Einen mit Sandpapier umwickelten Block in der Hand, stand Hannah in einem der Schlafzimmer im Obergeschoss auf der Leiter und schmirgelte den Holzrahmen des Fensters ab. Der feine Staub bedeckte ihre bloßen Arme. Sie hatte sich einen blauen Overall übergezogen und eine Baseballmütze aufgesetzt, aus der ihre blonden Locken zum Pferdeschwanz gebunden heraushingen.
“Hannah!”, hörte sie Seth draußen brüllen. Vor Schreck wäre sie fast von der Leiter gefallen.
“Hannah!” Seth stand jetzt in der Tür und hielt ihr die zusammengefaltete Zeitung entgegen. “Haben Sie das hier gesehen?”
“Die Zeitung?”, fragte sie überflüssigerweise.
“Ja, die Zeitung. Die Titelseite von der Zeitung von heute.”
Auweia! “Nein, hab ich nicht.” Das war nicht einmal ganz gelogen, denn Hannah bezog das Blatt nicht selbst, sondern lieh es sich höchstens gelegentlich von den Nachbarn aus. Trotzdem wusste sie genau, was heute drin stand. Den ganzen Morgen hatte das Telefon geklingelt, und Lori und alle möglichen anderen hatten ihr haarklein von dem Artikel berichtet. Da sie wusste, wie wenig begeistert Seth davon sein würde, hatte sie das Thema, als sie sich heute Morgen begegneten, vermieden. Doch nun war das Unvermeidliche geschehen. Früher oder später hatte die Zeitung ihm ja in die Hände fallen müssen.
“Das darf doch
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