Susanne Barden 01 Hinaus ins Leben
an den Hals springen, der >Krankenhaus< zu ihr sagte. Sie ist so leicht aus der Fassung zu bringen. Ich versuchte vergebens, sie zurückzuhalten. Wenn solche Menschen sich etwas in den Kopf gesetzt haben, ist nichts mit ihnen anzufangen.«
»Müßten wir die Sache nicht der Schulleitung melden?«
»Ach, das hat keinen Zweck. Außerdem ist ja noch gar nicht sicher, ob sie es wirklich tut. Vielleicht bringt sie der Sturm draußen zur Besinnung.«
Kit seufzte schwer. »Ob sie eine Nachricht hinterlassen hat? Das tun die meisten ...«
»Alle nicht. Und dann - ich fürchte mich davor, nachzusehen.«
Sie gingen den Korridor entlang zum Fahrstuhl.
»So!« sagte Kit zufrieden. »Das wird Franziska auf Trab bringen.«
»Ich finde, wir haben Talent«, meinte Connie. »Wenn wir hier
rausgeworfen werden, gehen wir zur Bühne.«
»Still!« zischte Kit. »Seht mal dort!«
Sie zog die beiden anderen in den Schatten des Liftschachts. Von dort aus konnten die Mädchen durch das Eisengitter den Korridor beobachten, ohne selbst gesehen zu werden. Franziska stand in der Tür ihres Zimmers und spähte vorsichtig nach allen Seiten. Dann ging sie schnell zur Treppe hin.
»Sie will nachsehen, ob Hilda eine Nachricht hinterlassen hat. Kommt!«
Sie liefen ein Stück die Treppe hinauf und blieben dann stehen. Franziska ging auf Hildas Zimmer zu, sah sich noch einmal verstohlen um und schlüpfte schnell hinein.
»Sie würde sich gut zum Einbrecher eignen«, flüsterte Susy.
»Gib acht, daß sie dich nicht sieht!«
Franziska war wieder herausgekommen und hastete nervös davon. Die Mädchen gingen ins dritte Stockwerk zurück.
»Das hat geklappt«, sagte Susy, als Franziskas Tür sich schloß.
»Was machen wir nun?« fragte Kit.
»Wir lassen die Medizin wirken«, antwortete Susy. »Ich schlage vor, wir gehen ins Kino. Nach Tisch können wir sie wieder ein wenig bearbeiten, wenn sie zu Hause ist.«
Franziska ging nicht aus. Beim Abendessen sahen die Verschworenen sie im Speisesaal. Sie saßen jedoch nicht mit ihr am selben Tisch. Gegen neun Uhr stiegen sie ins dritte Stockwerk hinauf und gingen an Franziskas Zimmer vorbei. Es war dunkel.
»Wahrscheinlich besucht sie jemand. Wir wollen uns ein wenig umschauen.«
Sie schlenderten durch die Korridore, spähten in verschiedene Zimmer und tranken überall Eiswasser. Aber Franziska fanden sie nicht.
»Ich kann nicht mehr, Susy«, stöhnte Kit schließlich. »Meine Mandeln schwimmen bereits. Könnten wir nicht mal etwas anderes tun als Wasser trinken?«
»Wir könnten Schuhe und Strümpfe ausziehen und im Wasser waten«, schlug Susy vor. »Wenn sie doch endlich auftauchte, damit wir ihr noch mehr von Hildas Schwermut erzählen können!«
»Könnten wir uns nicht wenigstens eine Minute hinsetzen?« flehte Kit. »Ich breche zusammen, wenn ich das viele Wasser noch länger mit mir herumschleppen muß.«
»Schwächling! Na gut, ruhen wir uns ein wenig aus.«
Sie gingen zum Wohnzimmer hinunter, aus dem Grammophonmusik und das Scharren von Füßen ertönten. Die Schwestern tanzten. Das große Zimmer war voller Leben. In den Rhythmus der Tanzmusik mischten sich fröhliches Gelächter und das muntere Prasseln des Kaminfeuers. Die drei Verschworenen blieben an der Tür stehen und sahen sich um. In einer Ecke saß Franziska auf einem Sessel und las.
»Ah!« rief Susy.
»Die herzlose Bestie!« murmelte Connie. »Kommt, wir wollen ihr Verantwortungsgefühl wecken.«
Sie steuerten auf Franziskas Ecke zu und begannen in dem Bücherregal zu stöbern, das an der Wand stand. Franziska sah einmal auf, senkte die Augen jedoch sofort wieder auf ihr Buch. Sie schien ganz vertieft in ihre Lektüre zu sein.
Susy schob ein Buch, das sie aus dem Regal genommen hatte, an seinen Platz zurück. »Was für eine furchtbare Nacht!« sagte sie in melancholischem Tonfall.
Connie schlenderte zum Fenster und sah hinaus. »Bei dem Wetter möchte ich nicht unten am Fluß sein. Die Wellen müssen ja über die Promenade schlagen.«
Franziska saß vollkommen reglos da, aber die Linien um ihren Mund verschärften sich.
Kit ging unruhig auf und ab.
»Hör doch damit auf!« flehte Susy. »Du machst mich ganz nervös.«
Kit ließ sich in einen Sessel fallen und trommelte mit den Fingern auf der Lehne. »Entschuldige, aber ich muß immerfort denken, was ...«
»Sei still!« unterbrach Susy sie scharf.
»Wenn es wenigstens nicht regnete!« sagte Connie, die auf die verschwommenen Lichter draußen starrte.
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