T Tödliche Spur: Thriller (German Edition)
gefährlicher Mann.
Sie hatte sich schuldig gefühlt, weil sie ihn im Stich gelassen hatte, doch Dern war der Ansicht gewesen, sie sollte Lester Reece am besten in Ruhe lassen. Er verspürte kein Bedürfnis, seinen Halbbruder kennenzulernen, der offenbar dazu neigte, Frauen die Kehle durchzuschneiden.
Dann war Reece gefasst und in eine psychiatrische Anstalt gesteckt worden. Dern war froh gewesen, dass sich die Sache auf diese Art und Weise erledigt hatte.
Doch irgendwann war der Scheißkerl bei einer spektakulären Flucht entkommen. Und jetzt wollte seine sterbende Mutter sichergehen, dass er keinen weiteren Schaden mehr anrichten konnte.
Deshalb hatte sie Dern losgeschickt, der ihn aufspüren sollte, herausfinden, ob er noch lebte.
Er blickte wieder zu dem Hund hinüber, der friedlich auf seinem Teppich schnarchte, dann öffnete er die Flasche Jack Daniel’s und richtete einen warnenden Zeigefinger auf den Hund. Er nahm einen großen Schluck, spürte, wie ihm der Whiskey angenehm warm die Kehle hinunterglitt, und sagte dann: »Wir haben eine Abmachung, richtig? Keine Vorwürfe.«
Rover blinzelte und wedelte mit dem Schwanz. In dem Moment hörte Dern Schritte auf den Stufen, die zu seinem Apartment führten. Der Hund gab ein verschlafenes Bellen von sich.
Dern schaute auf die Uhr. Es war nach halb elf. Merkwürdige Zeit für einen Besuch. Wer mochte das sein? Schnell schob er das Prepaidhandy in seine Tasche. Als er die Tür öffnete, stand Ava Garrison auf dem Treppenabsatz.
Sein Herz fing an zu pochen, als sie ihre unglaublichen schiefergrauen Augen auf ihn richtete. Mist. Was hatte sie hier zu suchen?
»Ich habe gesehen, dass bei dir noch Licht brennt, dass du noch auf bist, und …« Sie zuckte die Achseln. »Ich würde gern mit dir reden.« Sie stockte, fürchtete offenbar, ihn bei etwas zu stören, denn sie fügte hinzu: »Wenn du nicht beschäftigt bist.«
»Komm rein.« Er öffnete die Tür ein Stück weiter, damit sie sehen konnte, dass er allein war. »Kann ich dir etwas anbieten?«
Ava trat ein. Ihr Blick fiel auf den kleinen Küchentisch mit der offenen Whiskeyflasche darauf. Sie nickte, ohne zu zögern. »Weißt du was? Ich könnte auch einen vertragen.«
Kapitel einundvierzig
D as ist letzte Nacht passiert«, sagte Ava und blickte in ihr Whiskeyglas, in dem langsam die Eiswürfel schmolzen. Sie hatte beschlossen, Dern ihre Version der Ereignisse zu erzählen, da sie davon ausging, dass er von ihrer Auseinandersetzung mit Jewel-Anne gehört hatte. »Ich bin wütend geworden und einen Schritt zu weit gegangen, aber ich konnte die Lügen und diese hinterhältigen Versuche, mich endgültig in den Wahnsinn zu treiben, nicht länger ertragen.«
»Das kann man dir kaum zum Vorwurf machen.« Dern setzte sich rittlings auf seinen Stuhl, die Arme über der Lehne verschränkt, das Whiskeyglas vor ihm unberührt. Ohne zu unterbrechen lauschte er Avas Geschichte. Sie erzählte ihm von dem Digitalplayer und wie ihre Cousine Aufnahmen von Kinderweinen und verzweifelten
Mommy
-Rufen über die Heizungsrohre in ihr Schlafzimmer und ins Kinderzimmer geleitet hatte, außerdem, dass Jewel-Anne behauptete, Noahs leibliche Mutter zu sein.
»Das sind Dinge, an die ich mich absolut nicht erinnern kann – ein einziges schwarzes Loch. Ich war schwanger, nicht so weit wie Jewel-Anne … dann folgten Kelvins Tod und Jewel-Annes Querschnittslähmung …«
»Aber sie
kann
laufen. Sie ist nicht querschnittsgelähmt.«
»Sie kann stehen und ein paar Schritte machen, ihre Physiotherapeutin verspricht sich weitere Fortschritte. Auf dem Video ist zu sehen, wie sie sich die Treppe hochschleppt und durchs Zimmer tastet. Sie muss sich auf jeden Fall abstützen, wenn sie sich fortbewegen will.« Ava fühlte sich schuldig, weil sie derart ausgerastet war. »Ich weiß, dass sie viel durchgemacht hat, aber das war einfach zu viel.«
Dern nahm ihre Hand in seine. »Du hast auch viel durchgemacht«, sagte er und drückte ihre Finger, als wolle er seine Worte bekräftigen. »Sie hat versucht, dich zu manipulieren und dadurch dein Leben zu zerstören.«
Ava verspürte Erleichterung über seine Einschätzung. Konnte sie ihm vertrauen? Konnte sie überhaupt jemandem vertrauen? Zumindest im Augenblick schien er es aufrichtig zu meinen, was genügte, dass sie einen Kloß in der Kehle aufsteigen spürte.
Sie räusperte sich. »Danke«, sagte sie heiser.
Wieder schlossen sich seine starken Finger um ihre, und für den Bruchteil
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