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Tanz der Sinne

Tanz der Sinne

Titel: Tanz der Sinne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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sich als Konzert auszuweisen, begann der Abend mit einem vom Publikum weitgehend ignorierten Concerto grosso. Die Unterhaltung verstummte, als die Musik endete und der erste Akt begann. Die Geschichte drehte sich um die hinterhältigen Versuche eines korrupten Kaufmanns, einen aufrechten
    Regierungsbeamten, Sir Digby Upright, zu verleumden. (Die bloße Vorstellung eines ehrlichen Regierungsbeamten erzeugte brüllendes Gelächter.)
    Die Dialoge waren witzig und treffend, voller Anspielungen auf Themen wie die Extravanganzen des Prinzregenten bis zu den
    Friedensverhandlungen in Wien und Gent. Das Publikum amüsierte sich großartig, sogar die gelangweilten Lebemänner in Luciens Loge.
    Die Schlüsselszene des ersten Aktes war ein Ball, den Sir Digby anläßlich der Verlobung seiner Tochter gab. Ohne sein Wissen hatte der Feind einen finsteren Plan geschmiedet, um ihn vor seinen Gästen, unter denen sich zahlreiche wichtige Mitglieder der Regierung befanden, zu erniedrigen. Die Szene begann, als Sir Digby den Tanz unterbrach, um seine errötende Tochter, gespielt von einer sehr sittsamen Cleo Farnsworth, und ihren feschen jungen Verlobten vorzustellen.
    Kaum hatte er seine Ankündigung gemacht, als zwei Komiker mit einer riesigen Teppichrolle auf die Bühne marschierten. Unter den Augen der Gäste entrollten sie ihn inmitten des Ballsaals. Kit kam zum Vorschein, geschmeidig wie eine Schlange, in einer grellblonden Perücke und einem blutroten Satinkleid, das fast so freizügig war wie das, was Dolly getragen hatte. Es war nicht nur vorne tief dekolletiert, sondern auch hinten fast bis zur Taille ausgeschnitten, so daß sich dem Publikum ein hinreißender Streifen cremefarbener Haut darbot.
    Lucien hatte sich an den Rand der Loge gesetzt, so daß er seine Begleiter unauffällig beobachten konnte. Ives und Westley lachten bei Kits Erscheinen ebenso wie der Rest des Publikums.
    Chiswick beugte sich aufmerksam vor und legte die Arme auf das Geländer. Nunfield lehnte sich mit studierter Lässigkeit zurück und trommelte mit den Fingern auf sein Knie, den scharfen Blick auf die Bühne gerichtet. Mace zeigte überhaupt keine Reaktion, abgesehen von einem flüchtigen Zucken der Lippen.
    Lucien verfluchte die Dunkelheit, die alle Einzelheiten verwischte. Zwar hatte er nicht erwartet, daß der Schuldige aufspringen und »Ich bin’s!« rufen würde, aber er hätte auf irgendeinen Hinweis gehofft, irgendein Anzeichen von Überraschung oder Unbehagen beim Anblick von
    »Cassie James«. Nicht, daß der Mangel an Reaktionen irgend etwas bewies; alle Satansjünger waren hartgesottene Spieler, gewohnt, ihr Mienenspiel zu beherrschen.
    Zu Sir Digbys Entsetzen küßte Kit ihn mit dem Anschein langer Vertrautheit, beleidigte seine Frau und seine Tochter, flirtete mit dem hingerissenen Verlobten und erzählte den Gästen fröhlich, daß »Diggy« sie freizügig aushielt, weil er so viel Geld mit Bestechung verdiente. Als Sir Digby einen Protest stotterte, brachte sie ihn mit einem trägen Wink zum Schweigen, eine prachtvolle weibliche Kreatur, die ihre Macht über die Männchen ihrer Spezies genoß.
    Kit drehte sich zum Publikum um, und ihr Blick huschte kurz zu Luciens Loge hinauf. Dann, zu einem Trommelwirbel, stürzte sie sich mit fliegenden Unterröcken und flinken Füßen in einen Tanz. Lucien bemühte sich, seine Begleiter zu beobachten, aber sein Blick wurde
    unwiderstehlich von Kit angezogen. Ihre Vitalität zog jedes Auge auf sich.
    Ihre Bewegungen hatten eine neue Sinnlichkeit.
    In der Zigeunerbraut hatte sie geschickt Leidenschaft vorgetäuscht. Jetzt war sie ein Teil von ihr. Jede Bewegung ihrer Hand, jede grazile Biegung ihres Halses, jeder schräge, lockende Blick war eine Verheißung irdischer Wonnen. Sein Körper straffte sich vor Verlangen. Die zwei Tage seit ihrem letzten Zusammensein erschienen ihm wie eine Ewigkeit.
    Spontaner Applaus brach aus, als ihre Röcke hoch genug flogen, um ihre Tätowierung zu zeigen. Er war hin-und hergerissen zwischen dem Wunsch, jedem Mann im Zuschauerraum etwas
    Schreckliches anzutun, und primitivem männlichem Stolz, daß er der einzige war, der diesen verlockenden Schmetterling je geküßt hatte, der einzige, der die Geheimnisse ihre Körpers und die strahlende Klarheit ihres Geistes kannte.
    Außerdem war er auf dem besten Weg, den Verstand zu verlieren. Wahrscheinlich würde er ihn erst wiederfinden, wenn Kit einwilligte, ihn zu heiraten.
    Am Ende ihres Tanzes sank Kit in einer

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