Teuflische Freunde: Roman (German Edition)
verhandelt wurden. Am Donnerstagnachmittag erhielt Decker einen Anruf von Romulus Poe, Staatspolizei New Mexico.
»Wie es scheint, trieb sich Ihr Serienmörder Garth Hammerling tatsächlich in meinem Zuständigkeitsbereich herum. Ich habe versucht, seine Schritte nachzuverfolgen, aber die Spur hat Lücken. Das Letzte, was ich gehört habe, ist, dass er sich einen Haufen Campingzeugs gekauft hat und Richtung des Staatswaldes im nördlichen New Mexico aufgebrochen ist. Dieses Gebiet liegt am südlichen Zipfel der Rocky Mountains, und dort kann man ganz leicht untertauchen. Allerdings kann man sich zur jetzigen Jahreszeit auch ganz leicht verlaufen und zu Tode frieren. Man muss schon ein richtiger Survivalkünstler sein, um den Winter zu überstehen, vor allem bei so einem, wie wir ihn dieses Jahr haben.«
»Über Hammerlings Fähigkeiten als Survivalkünstler weiß ich nichts, ich weiß nur, dass er in der Vergangenheit schon mal gezeltet hat.«
»Zelten im Winter in den Rockies hat nichts mit dem Yosemite im Sommer zu tun, wo es überall Wasser- und Stromanschlüsse und Mobilklos gibt. Hier geht’s ans Eingemachte, und es ist gefährlich.«
»Gut für Hammerling, dass er wenigstens weiß, wie man tötet«, meinte Decker.
»Vielleicht ist er gut, wenn es um betrunkene Frauen geht. Ein Berglöwe ist da ein ganz anderes Kaliber. Und ich sag Ihnen was: Im Winter haben die Hunger. Ich selbst lebe als Selbstversorger ohne Wasser und Stromanschluss – schon seit Jahren. Aber sogar ich würde im Winter dort oben im Norden nicht zelten.«
»Wenn man das Gebiet mit einem Helikopter überfliegt, könnte man dann etwas erkennen?«, fragte Decker.
»Dort wimmelt es nur so von Pinien, so dass man sogar im Sommer von oben nichts als Grün sieht. Und zu dieser Jahreszeit ist alles weiß, und nach ein paar Minuten wird man schneeblind. Ich nehme mal an, mit extrem viel Glück könnte man Rauch oder so etwas entdecken. Ich schlage vor, darauf zu warten, dass er wieder runter in die Zivilisation kommt. Wenn wir nichts von ihm hören, können wir uns auf die Suche machen, wenn im März das Tauwetter einsetzt und die Wahrscheinlichkeit, dass wir eine Leiche finden, genauso hoch ist wie die, jemanden lebendig zu finden. Ich informiere die Parkaufseher und lasse Sie wissen, ob irgendetwas passiert. Wenn er schlau ist, merkt er, dass es draußen kalt ist, und flattert zurück in die warmen Gefilde hier unten.«
»Gut. Aber bleibt auf der Hut. Der Kerl ist sehr gefährlich.«
»Verstanden. Falls er mir vor die Flinte läuft, sind Sie der Erste, der’s erfährt.«
»Danke, Sergeant Poe, wir bleiben in Verbindung.« Decker legte gerade auf, als Marge Dunn sein Büro betrat. »Ich habe kurzfristig etwas Luft. Brauchst du irgendwas?«
Die Uhr zeigte zehn Minuten nach drei. »Bestimmt fällt mir da etwas ein.« Er hakte die Punkte auf seiner To-do-Liste ab und blieb bei Gregory Hesse hängen. »Könntest du mir einen Gefallen tun?«
»Deine Sachen in der Reinigung abholen oder dein Auto waschen?«
»Alles, was ich besitze, muss eine Waschmaschine überleben, und mein Auto ist eh ein hoffnungsloser Fall.«
Decker deutete auf einen Stuhl, und Marge setzte sich. Heute hatte sie eine braune Hose mit einem pinkfarbenen Pulli kombiniert. Farben standen ihr gut. »Ich suche immer noch nach einem Motiv für Gregory Hesses Selbstmord.«
»Und kommst du voran?«
»Ich warte auf den toxikologischen Bericht. Ich denke dauernd darüber nach, ob der Junge wohl auf irgendeiner Droge war, weil jeder einzelne seiner Kumpel über das Warum im Dunkeln zu tappen scheint.« Er fasste seine Gespräche für sie zusammen, vor allem das mit Joey Reinhart am vergangenen Sonntag. »Fahr du doch mal bei Wendy Hesse vorbei und sammle Gregs Laptop und seine Videokamera ein. Videos zu drehen war anscheinend Gregs große Leidenschaft. Und frag Mrs. Hesse auch noch, ob du dich in seinem Zimmer umsehen kannst. Gregs bester Freund Joey deutete an, dass es in Gregs Leben ein Mädchen gab.«
»Und wenn wir sie finden?«
»Frag sie nach der Beziehung und ob sie den Bach runterging. Vielleicht war das der Grund für die Tat.«
»Wir wollen aber nicht erreichen, dass sich jemand schuldig fühlt«, sagte Marge.
»Nein, natürlich nicht. Um das zu tun, muss Greg deutlich verwirrt gewesen sein. Die meisten Jungs kommen flott über irgendwelche Mädchen hinweg. Selbst wenn ihr Verstand noch trauert, sind ihre Keimdrüsen schon wieder wärmesuchende Geräte. Aber es
Weitere Kostenlose Bücher