THARKARÚN – Krieger der Nacht
Leuten im letzten Moment das Leben zu retten.«
Dann verlor er das Bewusstsein.
SECHSUNDDREISSIG
E IGENTLICH WAR DIE Entfernung zwischen der Heiligen Erde der Druiden und den abgelegenen Festungen des Dämonenreichs gar nicht so groß, doch als Dhannam Sulpicius seinen Fuß wieder auf die Insel setzte, kam er sich vor wie am anderen Ende der Welt. Hier unter dem Schutz des Grünen Stroms konnte er sich ein wenig entspannen und für kurze Zeit die Sorgen vergessen, die ihn in den letzten Tagen plagten, immer neue schlechte Nachrichten bedrückten ihn, schließlich noch Alfargus’ Tod, der für ihn kaum zu ertragen war. Während sie nun dem Pfad zu den Häusern des Friedens folgten, wo Gavrilus und Elirion sich mit Allan Sirio und Oberst Seridien beraten wollten, fühlte der Elbenprinz, dass er diesmal Erholung und Frieden von den körperlichen und geistigen Strapazen wirklich dringend brauchte, in dieser kurzen schrecklichen Zeit hatte er einfach zu viel durchgemacht.
Wenn er so darüber nachdachte, schien es Lichtjahre zurückzuliegen, dass er diese Heilige Erde verlassen hatte, zu viel, wenn nicht alles hatte sich verändert. Der König des Menschenreiches war tot und sein Sohn hatte die Nachfolge angetreten und den Titel übernommen. Auch der Kronprinz des Elbenreiches lebte nicht mehr und Dhannam, der zunächst ja nur aus repräsentativen Gründen hierher zum Großen Rat gekommen war, fand sich nun in der Rolle des Thronerben wieder. Bis zu diesem Moment hatte er nie über seinen neuen Rang nachgedacht und
eigentlich wollte er das auch gar nicht. Er konnte sich nicht vorstellen, die Verantwortung für die Führung eines Reiches zu übernehmen, so entscheidungsschwach wie er war, außerdem war er dafür nicht vorbereitet, nicht dafür geschaffen. Jeder andere würde einen besseren König abgeben als er.
Wie sehr hätte er sich jetzt gewünscht, dass General Asduvarlun seine Schwester Adilean heiratete und mit der Ehe auch Anspruch auf die Krone erheben könnte! Dhannam musste gar nicht lange überlegen, er hätte sie ihm nur zu gern überlassen, für ihn stellte sie nur eine viel zu schwere Bürde dar. Doch Asduvarlun stand fest zum König und dem geleisteten Eid und hatte sein Versprechen noch einmal erneuert, auch den neuen Thronerben zu beschützen und zu unterstützen, wie bei Alfargus, wenn dieser nur lang genug gelebt hätte, um sein Amt anzutreten. Dhannam hatte seinen Schwur gehört und dabei bedauert, dass der eiserne General so loyal war.
Noch mehr hatte sich in der kurzen Zeit verändert, seit er die Insel verlassen hatte. Auch Elirion Fudrigus zum Beispiel war ein ganz anderer geworden, er hatte nichts mehr von dem hochmütigen, aufbrausenden Menschenprinzen, der ohne Erlaubnis zum Großen Rat im Saal im Wald gekommen war. Nun kehrte er als König wieder, der einzige und rechtmäßige Nachfolger seines Vaters aus seinem Volk. Ihm hatten die Erlebnisse in Carith Shehon zu einer neuen Reife verholfen, zu mehr Klarheit in seinen Überlegungen und Entschlossenheit im Handeln. Er bewies jetzt große Umsicht, ehe er eine Entscheidung traf, und stand dann fest zu ihr. Wenn Dhannam, beeinflusst von Alfargus, ihm gegenüber früher eher Abneigung empfunden hatte, so war er nun bereit, Elirion als einen fähigen, vernünftigen Mann anzuerkennen und vielleicht sogar einen Gefährten in ihm zu sehen: Beide wünschten sich, das Gedächtnis an Alfargus zu ehren und seinen Tod zu rächen. Aber Dhannam fürchtete, dass er auch dieser Aufgabe nicht gewachsen war, jedenfalls weniger als Elirion.
Die sie begleitenden Truppen schienen sehr erleichtert darüber,
dass sie sich wieder an einem sicheren Ort befanden, sogar die aus ihrer Stadt vertriebenen Schwarzen Hexer wirkten seit der Überquerung des Grünen Stroms deutlich entspannter. Ganz im Gegensatz zu ihren Anführern, die diese wiedergefundene Ruhe nur zum Teil genießen konnten. Gavrilus’ Erschöpfung wurde mit jeder Minute deutlicher, ihm machten nicht nur das Alter oder der Tod seines Sohnes zu schaffen, auch das ewige Versprechen, von dem jetzt neben ihm nur noch Dhannam Kenntnis hatte, quälte ihn und zehrte an seinen Kräften. Vermutlich würde der alte König gar nicht mehr in der Lage sein, zur Großen Mauer in der Ebene mitzukommen und zu kämpfen.
Dhannam, Gavrilus und Asduvarlun ritten an der Spitze des Zuges an Elirions Seite. Der eiserne General war ernst und aufmerksam wie immer, der junge König des Menschenreiches hatte die Stirn
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