The Black Club, London - 3
Bewusstsein ausgeschaltet und in eben diesem Moment wieder zum Laufen gebracht.
Ihr gegenüber befand sich ein Käfig, der in der letzten Nacht nicht dort gestanden hatte. Da war sich Libba sicher. In ihm saß eine Frau mit langen schwarzen Haaren, die sich wie ein Schleier vor ihr Gesicht legten. Das orangefarbene luftige Kleid wirkte vertraut, und Libba dachte angestrengt über den Grund nach.
Arm- und Fußgelenke der Frau lagen in Eisenketten, ebenso wie sich wohl um ihren Hals eine solche schlang, doch Libba konnte es nicht genau erkennen.
Schließlich hob die Frau den Kopf, offenbar aufgrund der neugierigen Blicke, die seit geraumer Zeit auf ihr ruhten.
Es war die indische Vampirschönheit, der sie in den Höhlen unter dem Friedhof zum ersten Mal begegnet war. Ihre Miene zeigte einen feindlichen Ausdruck. Geradezu hasserfüllt starrte sie Libba an. Sie öffnete den grimmig verzogenen Mund, als wolle sie etwas Bösartiges sagen, entschied sich aber anders. Denn gerade in diesem Moment unterbrach das Klicken der Türklinke die Stille.
Damian Black betrat sein Büro. Geschäftig stolzierte er zu seinem Schreibtisch, nahm in seinem Drehstuhl Platz und begann, in den Papierbergen zu wühlen. Die Frauen ignorierte er. Libba wollte sich nicht einfach von ihm ignorieren lassen.
„Mr. Black“, rief sie ihm zu. An die möglichen Konsequenzen verschwendete sie keinen Gedanken.
„Was willst du, Miststück? Sind dir deine Fesseln zu eng?“
„Ähm… ja, aber …“ Sie wusste nicht, was sie eigentlich hatte sagen wollen. Gab es überhaupt einen aussichtsreichen Plan, den man sich gegen dieses Monster zurechtlegen konnte?
„Ja, aber was?“ Damian sah nicht auf, während er mit ihr sprach.
„Sie können mich hier doch nicht ewig gefangen halten.“
„Nein, das kann ich tatsächlich nicht“, sagte er gelangweilt. „Oder glaubst du etwa, ich könnte dein dummes Rumgejammer bis in alle Ewigkeit ertragen?“
Libba war fassungslos. Sie brauchte einen Moment, um sich zu fangen.
„Lassen Sie mich frei. Na, los, machen Sie schon.“ Als ob das einen Sinn hätte.
Während sie nachdachte, wie viel Zeit ihr blieb, ehe Damian sie erwürgen würde – oder was auch immer er mit ihr anstellen wollte, zerrte sie unablässig an ihren Fesseln.
„Warum so aufgebracht?“, hörte sie Damian fragen. „Genieß lieber die letzten Stunden deines verdammten Lebens.“
Atemlos ballte sie die Hände zu Fäusten. Sie glaubte, ihre Lunge müsste sich augenblicklich zusammenziehen und sämtliche Luft aus ihr herausquetschen, bis sie hilflos hechelnd am Boden lag und in ewiger Dunkelheit versank.
So konnte – nein, so durfte – es nicht enden. Was war mit den Vampiren, und was war mit Cedric?
Als es an der Tür klopfte, grinste Damian Black unverhohlen. Er stand auf und verwandelte gleichzeitig seine Gestalt. Dieses Mal wurde aus ihm jedoch kein grauenhaftes Unwesen. Erneut nahm er die schlanke, wohlproportionierte Figur einer Frau an. Goldblondes Haar fiel ihm lang über die Schultern.
Libba erkannte die Werwölfin. Pete brauchte nicht lange, um sich aufzurappeln. Cedric und Asha waren fort, und nun auch der junge Werwolf. Höchste Zeit zu handeln. Er machte sich auf in den großen Versammlungsraum. Dort stand ein Teil der Vampire bereit, und auf diejenigen, die seinem Ruf nicht gefolgt waren, konnte er verzichten. Er stürmte in die Mitte seiner Getreuen und berichtete in knappen Worten von den Ereignissen.
Zu neunt zogen sie los. Eine gute Zahl, wie Pete befand. Eine magische Zahl - und vielleicht würde genau das ihnen helfen, das Schicksal zu ihren Gunsten zu wenden.
Um kein Aufsehen zu erregen, wies er die Vampire an, die Höhle einzeln und mit etwas Abstand zu verlassen. Oben angekommen sollten sie ihre Vogelgestalten annehmen, zur River Street fliegen und sich dort zusammenfinden. Dieser Ort sollte für diese Nacht zum Zentrum allen Grauens werden.
Aufeinanderprallen
Im Inneren regte sich etwas. Eine düstere Gefahr.
Aber da war noch etwas anderes. Ein Licht in all dem Dunkel. Er spürte Libbas Anwesenheit. Ihre Wut und auch ihre Angst. Sie fürchtete, dass ihr dieses Mal niemand rechtzeitig zu Hilfe kommen würde. Damian hatte sie offensichtlich als Mitternachtssnack auserkoren. Kein Wunder, dass sie am ganzen Leib zitterte.
Cedric lächelte.
Er würde sie befreien, wieder und wieder – und wenn es das Letzte war, was er tat.
Es war verrückt, und doch spürte er, dass es richtig war und er ihre Nähe
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