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Thunderhead - Schlucht des Verderbens

Thunderhead - Schlucht des Verderbens

Titel: Thunderhead - Schlucht des Verderbens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston
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hatte herumgehen lassen, herrschte betretenes Schweigen.
    »Hübscher Ausblick«, bemerkte Smithback schließlich. »Wie viel Miete zahlen Sie hier?«
    Beiyoodzin lachte und warf den Kopf in den Nacken. »Die Miete besteht aus dem Ritt hierher. Von meinem Dorf aus sind es siebzig Kilometer, auf denen es keine Wasserstelle gibt. Nachts sieht man hier auf tausend Quadratkilometer kein einziges Licht.«
    Die Sonne begann unterzugehen und verwandelte die bizarre Canon-Landschaft in ein pointillistisches Gemälde aus goldenen, dunkelroten und gelben Farbtupfern. Nora sah Beiyoodzin an und spürte, dass er mit dem Tod der Pferde nichts zu tun hatte.
    »Können Sie uns bei der Suche nach den Pferdekillern vielleicht helfen?«, fragte sie.
    »Das weiß ich nicht«, entgegnete Beiyoodzin nach einer kurzen Pause. »Was ist eigentlich der Zweck Ihrer Expedition?«
    Nora zögerte. Sie war sich nicht sicher, ob Beiyoodzin lediglich das Thema gewechselt hatte oder ob seine Frage einen verborgenen Sinn hatte. Auch wenn er selbst die Pferde nicht getötet hatte, wusste er womöglich, wer es getan hatte. Sie atmete tief durch und spürte, wie verwirrt und müde sie war. »Das würde ich Ihnen lieber nicht sagen«, erwiderte sie schließlich.
    »Arbeiten Sie im Chilbah-Tal?«
    »Nicht direkt«, antwortete Nora ausweichend.
    »Mein Dorf liegt in dieser Richtung«, erklärte Beiyoodzin und deutete nach Norden. »Es heißt Nankoweap, was soviel bedeutet wie >Blumen an den Wasserteichen< Ich komme jeden Sommer heraus in diese Gegend und schlage hier für ein, zwei Wochen mein Lager auf. Hier gibt es gutes Gras, jede Menge Feuerholz und eine saubere Quelle am Fuß der Mesa.«
    »Fühlen Sie sich dabei nicht manchmal ein bisschen einsam?«, fragte Smithback.
    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    Beiyoodzin, den Smithbacks Direktheit zu irritieren schien, maß den Journalisten mit einem merkwürdigen, durchdringenden Blick.
    »Ich komme hierher«, sagte er langsam, »um wieder zu einem Menschen zu werden.«
    »Und was sind Sie den Rest des Jahres über?«, fragte Smithback. »Tut mir Leid«, beeilte sich Nora einzuwerfen. »Er ist Journalist und stellt ständig irgendwelche indiskreten Fragen.« Sie wusste, dass übermäßige Neugier bei den meisten Indianern als sehr unhöflich galt.
    Beiyoodzin lachte bloß. »Das ist schon in Ordnung. Ich wundere mich nur, dass er mir kein Tonbandgerät unter die Nase hält oder mit einer Kamera herumknipst wie viele andere Weiße. Wie dem auch sei, den Rest des Jahres über hüte ich Schafe und führe Zeremonien durch. Heilzeremonien.«
    »Dann sind Sie wohl ein Medizinmann?«, fragte Smithback unbeirrt.
    »Ich würde mich eher als traditionellen Heiler bezeichnen.«
    »Und was sind das für Zeremonien?«
    »Eine davon ist die Vier-Berge-Zeremonie.«
    »Tatsächlich?«, fragte Smithback interessiert. »Und wofür ist die gut?«
    »Sie dauert drei Nächte, in denen man tanzt, schwitzt und heilende Kräuter zu sich nimmt. Die Zeremonie hilft gegen Traurigkeit, Depressionen und Verzweiflung.«
    »Und bringt das was?«
    Beiyoodzin sah den Journalisten an. »Natürlich bringt das was«, antwortete er ausweichend. Irgendwie schien ihn Smithbacks gesteigertes Interesse misstrauisch zu machen. »Allerdings gibt es immer wieder Menschen, bei denen unsere Zeremonien nicht wirken. Diese Fehlschläge sind ein weiterer Grund, weshalb ich hier herauskomme.«
    »Dann ist das, was Sie hier machen, wohl so eine Art visionäre Pilgerreise?«, fragte Smithback.
    »Wenn Sie den Umstand, dass ich hier draußen bete und manchmal auch faste, so nennen wollen, dann habe ich nichts dagegen einzuwenden«, sagte Beiyoodzin und deutete in die Weite der Landschaft hinaus. »Aber ich komme nicht hierher, um Visionen zu haben, sondern um spirituelle Heilung zu erlangen. Ich will mir
    bewusst machen, dass wir nicht viel brauchen, um glücklich zu sein.
    Das ist alles.«
    Er setzte sich anders hin und blickte sich um. »Sie können hier in der Nähe übernachten, wenn Sie wollen. Platz ist ja genug.«
    »Danke für die Einladung«, entgegnete Nora.
    »Gern geschehen«, sagte Beiyoodzin. Er lehnte sich zurück, wobei er den Hinterkopf in seine gefalteten Hände legte. Schweigend beobachteten die drei, wie die Sonne hinter dem Horizont versank und die Nacht über das Canon-Land hereinbrach. Am Himmel war noch längere Zeit ein seltsam glühender Streifen Dunkelrot zu sehen, der nur langsam in tiefes Schwarz überging. Beiyoodzin rollte sich eine

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