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Tiamat-Zyklus 1 - Die Schneekönigin

Titel: Tiamat-Zyklus 1 - Die Schneekönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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inzwischen nicht schon ein kleines bißchen erraten, Funke? Schau mich an!« Er sah auf. »Ich erinnere dich an jemanden ... ich erinnere dich an Mond, nicht wahr?« Er nickte. »Du glaubtest, ich würde nicht verstehen«, sagte sie und streichelte seinen Arm. »Aber ich habe verstanden. Ich weiß ... es bereitete dir Pein. Sie ist meine Verwandte, von meinem Fleisch und Blut, wir sind uns sogar noch näher, als ihr beide es wart.«
    »Seid Ihr ...?« Er mutmaßte, in welcher verwandtschaftlichen Beziehung sie stehen mochten, wo sie einander so sehr ähnelten. »Monds Tante? Ihres Vaters ...«
    Sie schüttelte den Kopf. Eine milchweiße Haarsträhne löste sich und ringelte sich um ihren Nacken. »Mond hat keinen Vater ... nicht mehr. Und wir beide haben sie auch nicht mehr, du und ich. Ich hatte nie Gelegenheit, sie zu sehen, aber für mich war sie so bedeutend und wertvoll wie für dich. Vielleicht sogar noch mehr. Ich hatte gehofft, daß wir sie bald hier bei uns in der Stadt haben könnten.« Sie wandte den Blick von ihm ab und betrachtete rastlos die Ornamente an der Wand und den Tisch im Zimmer.
    »Sie wäre nicht gekommen.« Seine Stimme war ausdruckslos. »Nicht, nachdem sie eine Sibylle geworden war.«
    »Glaubst du? Nicht einmal deinetwegen?« Ihre Hand ruhte immer noch freundschaftlich auf seinem Arm.
    Er seufzte. »Eine Sibylle zu werden, war ihr sogar wichtiger als ich. Aber warum habt Ihr mir nichts von ... ihr und Euch erzählt ... und von Euch und uns?« Irgendwie sprach er plötzlich nicht mehr mit der Königin, sondern mit der einzigen Person auf der Welt, die seinen Verlust verstehen konnte.
    »Ich hätte es dir erzählt. Ich erzähle es dir jetzt. Aber ich wollte vor allen Dingen wissen, welche Art von Liebhaber sich meine ... Blutsverwandte erwählen würde. Ich wollte dich zuerst kennenlernen. Und ich muß gestehen, ich bin mit ihrer Wahl sehr zufrieden.« Die Hand drückte sanft zu, ließ dann wieder von ihm ab. Sie fingerte ungehalten an der losen Strähne herum, zerzauste ihre Frisur dadurch aber nur noch mehr. So hatte er sie noch nie gesehen: müde, schwach, hilflos und verlassen. So menschlich und so sehr ihm ähnlich ... und Mond so ähnlich.
    »Nun werde ich Mond nie mehr kennenlernen, Funke. Nur du kannst mir von ihr erzählen, mich an sie erinnern. Sag mir, an was du dich am deutlichsten erinnerst und was du für sie empfindest? Was hat ihr Spaß gemacht, was an ihr hast du mehr als alles andere geliebt? Sag mir, wie sehr du sie geliebt hast ... «
    Die stürmische Nacht am Feuer fiel ihm wieder ein, überlagert von tausend weiteren Bildern Monds: das Mädchen, das mit rudernden Armen am Strand entlanglief, das vermummte Mädchen, das an seiner Seite ein Fischernetz einholte, die Geliebte seines Herzens, die ihm eng an seinen Körper geschmiegt zärtliche Worte zuflüsterte. »Ich kann nicht ... Ich kann Euch nichts von ihr erzählen ...« Seine Stimme brach. »Nun, wo sie verschwunden ist.«
    »Sie ist verschwunden, Funke.« Arienrhod nahm das Diadem aus ihrem Haar und schüttelte es, worauf es wie ein Wasserfall über ihre Schultern und den Rücken und den blauen Stoff ihres Gewandes fiel. »Aber du hast sie nicht verloren. Es kommt ganz auf dich an.« Sie beugte sich vor. »Wir sind einander sehr ähnlich, sie und ich, nicht wahr?«
    Er sah sie an, ihr elfenbeinfarbenes Haar, ihren schlanken, mädchenhaften Körper und den weichen Stoff ihres Kleides, der über den Brüsten spannte ... ihre Lippen, die moosfarbenen, fragenden Augen, ihr Gesicht, das die Frage der Augen beantwortete: »Ja.«
    »Dann laß mich Mond für dich sein.« Ihre Fingerspitzen spielten mit einer seiner roten Locken, eine schmerzlich vertraute Geste, er spürte den Pulsschlag in seinen Lenden. In seinem Kopf vernahm er die Stimme des Meeres, doch er vermochte nicht zu sagen, ob sie ihn segnete oder verfluchte, aber es kümmerte ihn auch nicht mehr. Er stand in Flammen, und nicht einmal das Meer konnte die Feuersbrunst mehr löschen. Er berührte sie zum erstenmal, seine Hand glitt weiter zu ihrer Schulter, am glatten Fleisch ihres Armes entlang.
    Sie gab sich seinen Zärtlichkeiten willig hin und zog ihn neben sich aufs Bett, wobei sie seine scheuen Hände führte. »Zeig mir, wie sehr du sie geliebt hast ...«
     
    Funke lag mit geschlossenen Augen da und genoß die Botschaften, die ihm seine anderen Sinne übermittelten – Sinne, die von der wohligen Schwere seines Körpers noch zusätzlich verstärkt

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