Tierische und andere Offerten
Meisterleistung, heiliger Pinselstrich! –Wirklich, was für ein Anblick, kaum zu glauben!«
Der Esel war völlig aufgeregt. Er betrachtete sich in den großen Fensterscheiben des Hauses und erschrak. »Soll ich das sein, bin ich das wirklich?« Er wackelte mit dem rechten Ohr – tatsächlich, auch in der Scheibe bewegte sich das Ohr.
»IA ... IA!« Er versuchte es gleich noch einmal mit dem linken Ohr. »Ja, wirklich!«, rief er. »Das bin ich wirklich! Ich bin ein Zebra ... Hurriaiaia!«
Inzwischen war es Abend geworden. Die anderen Maler waren längst gegangen und auch Meister Hofmann fuhr jetzt nach Hause. Er war müde, aber glücklich, und freute sich mit dem kleinen Esel. – Nein, mit dem Ze... ach was, Zebra? – Nein, E... Ze... bre... sel. Was für ein Unsinn, dachte er und ratterte mit seinem Auto los. Das Eselchen war auch müde und trabte in den Stall. Am liebsten hätte er sich ja noch an den Gartenzaun gestellt, doch auch für ihn war alles sehr anstrengend gewesen. Er freute sich auf sein Nachtlager und den nächsten Tag.
Der neue Tag war wieder ein wundervoller Herbsttag. Die Sonne schien schon sehr früh am Morgen und der Esel fühlte, dass ab heute alles anders werden würde – besser, viel besser. Er stellte sich ganz vorn an das Gartentor. Die frischen Farben am Haus strahlten im Licht der Sonne noch viel schöner, und überhaupt sah alles ganz anders aus – vor allem der Esel. Denn diesmal stand er nicht mit umgeknickten Ohren und grauem Fell vor dem Tor – nein, es stand ein ganz aufgeregter Esel da, mit weißen und schwarzen Streifen, der aussah, wie ein Zebra!
Viele Gedanken gingen dem Esel durch den Kopf. Er fragte sich, ob die Streifen auch hell genug in den Zoo hinunter leuchten würden, damit die Kinder von dort aus sehen konnten, dass hier ein Zebra steht. Auch hoffte er, dass die Kinder den Trick mit der frischen Farbe nicht durchschauen. Ihn quälten noch viele Fragen und Gedanken zu seinem neuen Aussehen, während er da stand und wartete. Und so verging die Zeit.
Plötzlich hörte er Stimmen! Und da kamen auch schon die ersten Kinder den Hügel herauf gerannt. Sie riefen laut die Namen der Zebras. »Carli, Carli, Zeppi! – Halloooo!« Der Esel war aufgeregt, wie noch nie! Werden sie diesmal wirklich kommen? Sein Herz klopfte so heftig, dass er aufpassen musste, dass ihm vor Aufregung kein »IA« rausrutschte. Nur nichts vermasseln, ruhig bleiben ... ruhig, ganz ruhig! Die Stimmen wurden immer lauter und deutlicher, und ein paar der Kinder kamen wirklich bis zum Gartentor gerannt.
»Schaut mal, schaut, hier steht ein Zebra!«
»Kommt alle her, hier ist ein Zebra!«
»Ja, wie kommt denn das hierher?«
»He, wer bist du denn, wie heißt du und wo kommst du plötzlich her?«
Die Kinder hatten so viele Fragen und keiner konnte es sich erklären, wo plötzlich dasZebra herkam! Der Esel aber stand ganz still und stolz am Tor. Er rührte sich kaum. Er war so aufgeregt und glücklich! Endlich hatte er seine Freunde wieder. Es war wie ein Traum! So vergingen die Herbsttage. Täglich bekam er wieder Besuch von seinen Freunden. Zeppi und Carli wurden natürlich auch besucht, doch die Kinder kamen gleich danach zum Esel oder sie kamen erst zu ihm und dann gingen sie zu den Zebras. Alle waren gute Freunde. Selbst der Esel hatte nichts mehr gegen die beiden Zebras im Zoo. Eines Tages fragte ein Junge: »Wie heißt du denn? Ich weiß gar nicht, wie ich dich nennen soll.« Oje, dachte da der Esel, ich habe wirklich keinen Namen. Immer hat man mich nur Esel oder Eselchen genannt. Die Kinder schauten ihn an und fanden, dass er doch auch einen Namen tragen sollte.Da rief plötzlich ein Junge: »Schaut mal, was das Zebra für komische große Ohren hat, die sehen aus wie von einem Esel!«
»Ach Quatsch, ein Zebra mit Eselsohren«, sagte ein anderes Kind, »das gibt es doch nicht! Der spinnt, ein Zebra hat Zebraohren.«
Oh, das war knapp, dachte der Esel im Stillen. Fast wäre alles aufgeflogen. Der Schreck saß ihm tief in den Hufen. Mit so etwas hatte er nicht gerechnet. Er konnte sich erst wieder beruhigen, als die Kinder gegangen waren. Und als er dann endlich allein war, ließ er ein kräftiges »IA – IA« los.Und trotz dieser kleinen Panne war er glücklich – wieder ein Tag mit seinen Freunden.
So vergingen die Tage und alles schien in bester Ordnung. Seitdem er die Zebrastreifen hatte, war alles nach seinen Vorstellungen gelaufen. Ja, so gefiel ihm sein Eselleben. Es störte
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