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Tod in Garmisch

Titel: Tod in Garmisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Schueller
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es
gar nicht wahr. Sie stand starr, und irgendwann merkte sie, dass sie weinte.
Dass die Tage schwer waren, dass zu viele Dinge, zu viele Menschen zu viel
Beachtung, Zeit und Kraft von ihr forderten, dass sich alles nicht zu lohnen
schien: Das konnte sie vielleicht ertragen.
    Aber nicht das Gefühl, einsam zu sein. Und deshalb
weinte sie.
    Ein schlanker, großer, kühler, gefährlicher Mann
spukte in ihrem Kopf herum. Und hier unter der heißen Dusche überfiel sie das
Unglück, dass dieser Mann sie nicht wollte. Zu wollen schien. Eventuell.
Denkbar, dass. Nicht sicher, aber vielleicht doch. Noch lange nicht zu Ende,
die Geschichte. Ein paar Asse würden in ihrem Ärmel schon noch zu finden sein,
wenn sie nur richtig suchte. Auch wenn er nur bis morgen reserviert hatte. Sie
duschte die Tränen aus ihrem Gesicht und drehte das Wasser ab.
    Gerade als sie halbwegs trocken war, klingelte jemand
an der Tür ihres Apartments. Für einen Moment war sie konsterniert, weil sie
das Geräusch gar nicht richtig erkannte. Sie hatte die Klingel beim Einzug ein
paarmal ausprobiert, aber im wahren Leben drückte niemand auf den Knopf neben
ihrer Tür. Wenn es unten Probleme gab, riefen sie an. Aber sie kamen nicht
rauf.
    Sie streifte ihren Bademantel über, ging barfuß zur
Tür und öffnete sie einen Spalt. Andi stand davor, ein Tablett mit einer
Thermoskanne und einem ansehnlichen Frühstück in den Händen. Er lächelte
verlegen.
    »Sekunde«, sagte Magdalena. Sie drehte sich um und
besah die Unordnung in ihrer Wohnung. Für einen Moment überlegte sie, einfach
alles, was sie packen konnte, ins Bad zu werfen. Aber dann dachte sie: Was
soll’s? Es ist Andi.
    »Komm rein«, sagte sie also. »Aber es ist nicht
aufgeräumt.«
    »Ist egal. Oder?« Andi trug das Tablett herein. »Von
Phong. Ein Morgengruß, hat er gesagt. Und dass der Frühling bald kommt.«
    Sie sah ihn verwirrt an und fragte dann das
Wichtigste, das ihr durch den Kopf ging: »Wer ist unten?«
    »Gernot«, sagte Andi.
    »Ich dachte, Gernot ist krank?«
    »Ja … ich hab … das war okay, hoffe ich, für dich …«
    » Was jetzt?«
    »Ich hab ihn … angerufen halt. Und gesagt, krank sein
geht nicht. Nicht heute.«
    Magdalena starrte ihn verständnislos an. »Einfach so?«
    »Na ja. Ich wüsst nicht, wie anders … Martine macht
Spät, Pino Nachtschicht. Kann ich das …?« Er stand immer noch da, das Tablett
in den Händen.
    Magdalena fasste sich halbwegs und schob alles an
Zetteln, Broschüren und gebrauchtem Geschirr auf ihrem kleinen Tisch so weit
beiseite, dass Andi das Tablett daraufstellen konnte.
    »Frühstück«, sagte Andi.
    Sie setzte sich an den Tisch und griff nach der
Kaffeetasse. Andi drehte die Kanne auf und schenkte ihr ein.
    »Kennst du das?«, fragte sie leise. »Wenn irgendwie
gar nichts mehr zusammenpasst? Wenn du in Stücke zerlegt wirst von den Dingen?
Und überhaupt nicht weißt, was du machen sollst?«
    »Klar«, sagte Andi.
    Sie trank von ihrem Kaffee. Phong hatte dieses
vietnamesische Gewürz dazugemischt, das sie mochte, das sie ihm aber verboten
hatte, in den Kaffee der Gäste zu mischen, weil sie fürchtete, es sei zu
exotisch.
    Es schmeckt wirklich toll, dachte sie. Ich muss das
auf die Karte setzen.
    Erst dann fiel ihr Andis Antwort auf.
    »Was meinst du mit ›Klar‹?«, fragte sie.
    Andi sah sie mit einem traurigen Lächeln an. »Ja, klar eben. Kenn ich. Also wenn du in Stücke zerlegt wirst. Von Dingen. Und keine
Ahnung hast, was du machen sollst … Hast du doch gefragt, oder?«
    Sie nickte. Und trank ihren Kaffee. Andi stand
verloren neben dem Tisch.
    »Nun setz dich doch«, sagte sie genervt und
räumte die Zeitschriften von dem zweiten Stuhl auf den Boden. Aber Andi blieb
stehen.
    »Setz dich!«, entfuhr es ihr, viel heftiger als
beabsichtigt, und Andi setzte sich.
    »Eigentlich«, sagte er zögernd, »eigentlich mag ich
das nicht so. Wenn du so … redest.« Er sprach leise, aber er sah ihr auf eine
Art in die Augen, die sie völlig überraschte. Fordernd.
    »Entschuldigung«, war alles, was ihr einfiel. Sie
griff nach dem Croissant und der Butter und begann zu essen. Andi sagte nichts,
und sie war nicht sicher, ob er beleidigt war oder nur einfach so nichts sagte,
wie er eben oft einfach so nichts sagte. Sie trank von ihrem gewürzten Kaffee
und aß von dem Croissant und sah immer wieder zu Andi, und einen Moment lang
war der größte Teil ihrer Sorgen aus ihren Gedanken verschwunden.
    Aber es war nur ein Moment.
    »War

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