Todesahnung: Thriller (German Edition)
auch nicht mit denen aus dem Lincoln Center.
Sie zieht die Nase hoch. »Ich dachte, wir stünden auf der Robinson-Liste, um nicht mit Telefonwerbung belästigt zu werden.«
»Ja, stimmt.« Ich freue mich schon, diese Nachricht Michael unter die Nase zu reiben. Er hat mit Sicherheit die ganze Zeit zugehört.
»Wir stehen auf der Robinson-Liste«, wiederhole ich ins Telefon.
Klar, als ich auflege, höre ich noch sein hysterisches Lachen.
Michael Turnbull, der fast perfekte Mann, liebt das Risiko. Und er liebt es noch mehr, wenn er mich in seine Spielchen mit hineinziehen kann.
8
Ich liebe Dakota und Sean. Wer täte das nicht? Und das steht auch so auf den T-Shirts, die ich den beiden vergangene Weihnachten geschenkt habe. Es entspricht ganz und gar der Wahrheit. Mir tut es leid um die Kinder, dass sich ihre Stiefmutter ihnen gegenüber wie eine Rabenmutter verhält.
Als wir mit dem Fahrstuhl ins Erdgeschoss fahren, blickt Sean mit seinen großen, blauen, neugierigen Augen zu mir herauf. Für einen Fünfjährigen ist alles - und ich meine wirklich alles - im Leben eine Frage.
»Miss Kristin, wie alt sind Sie?«, fragt er.
Seine Schwester, Dakota, sieben mit Hang zu siebzehn, mischt sich sogleich ein. »Man fragt eine Frau nicht, wie alt sie ist, Dummkopf!«
»Ist schon in Ordnung, Schatz. Sean darf mich alles fragen.« Ich werfe ihm ein beruhigendes Lächeln zu. »Ich bin sechsundzwanzig.«
Er blinzelt ein paarmal mit seinen babyblauen Augen, als dächte er darüber nach. »Das ist aber richtig alt, oder?«
Dakota schlägt sich gegen die Stirn. »Menschenskind! Und die Betonung liegt auf Kind.«
Ich lache - etwas, das ich sehr oft tue, wenn wir zu dritt sind, besonders auf unserer täglichen Tour in die Preston Academy oder, wie das New York Magazine sich ausdrückt, »die Schule für Upper-East-Side-Rabauken, in die man schwerer hineingelangt als nach Fort Knox«.
»Miss Kristin, warum müssen Kinder in die Schule gehen?«, fragt Sean, ohne mir Zeit zum Luftholen zu lassen.
»Ganz einfach - damit sie schlaue Sachen lernen und so gescheit werden wie ihre Eltern«, erkläre ich. »Stimmt’s, Dakota?«
»Wahrscheinlich«, antwortet sie mit einem Achselzucken.
Wieder blinzelt Sean. »Sind Sie gescheit, Miss Kristin?«
»Würde ich gerne glauben«, sage ich.
Und es sind auch Momente wie diese, die mich über mich nachdenken lassen. Mir liegen diese Kinder so sehr am Herzen, und ich würde nichts tun, um ihnen wehzutun. Warum habe ich also eine Affäre mit ihrem Vater?
Ich weiß, warum.
Ich kann nicht anders.
Michael ist ein wunderbarer Mensch, und wir beide lieben uns so sehr, wie wir Dakota und Sean lieben.
Stiefmutter Penley behandelt die Kinder wie Modepuppen, schmückt sich mit ihnen wie mit einer Hermès- oder Chanel-Tasche. Sie opfert für sie gerade so viel Zeit wie nötig, plant sie in ihr Leben ein, wie sie es mit ihren Terminen zum Mittagessen oder im Museumsausschuss tut.
Ich hasse den Ausdruck »Eindringling«, und wenn ich denken würde, ich dringe in etwas Wunderbares ein, würde ich sofort umkehren. Doch ich verbringe so viel Zeit in dieser Penthousewohnung und sehe, was los ist.
Ja, vielleicht weiß es mein Kopf besser. In meinem Herzen jedoch bin ich überzeugt, dass wir vier - Dakota, Sean, Michael und ich - vom Schicksal dazu bestimmt sind, zusammen zu sein.
Es wird passieren.
Bald.
9
Wir stürmen aus dem Fahrstuhl und direkt in Louis’ verschmitztes Lächeln. »Na, da sind ja unsere drei Musketiere!«, ruft er.
Louis greift seitlich an seinen Portiersmantel und zieht ein imaginäres Schwert. Wie auf Kommando geht Sean zu ihrem täglichen Duell quer durch die Eingangshalle in Positur.
Es macht immer Spaß, die beiden zu beobachten, besonders heute. Nach dem Morgen, den ich schon hinter mir habe, ist dieses Ritual - die Rückkehr in die Normalität - genau das, was ich brauche.
Lachend sporne ich Sean an, während Louis so tut, als wäre er tödlich getroffen worden. Mit dem Gehabe eines zweitklassigen Schauspielers sinkt er auf die Knie und stirbt einen langsamen, qualvollen Tod.
Vielleicht ist dies der Grund.
Oder vielleicht liegt es einfach daran, dass ich wieder im Freien bin.
Egal, woran, aber sobald ich meinen Fuß vor die Tür setze, kehren meine Gedanken zum Falcon Hotel und zu meinem Traum zurück - zu diesem fürchterlichen Traum, der wahr geworden ist.
Sofort werde ich wieder von den beklemmenden Bildern überrollt. Sie
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