Todesstoß / Thriller
wieder daraus entfernen«, brachte Dell mühsam, aber voller Hohn hervor. In seinen Augen stand purer Hass. »Weißt du was? Ich bin keine fünf Jahre mehr und pinkele mir vor Angst nicht mehr in die Hosen. V ist nicht mehr hier, um meine Prügel zu übernehmen, also mach schon – schlag zu, alter Mann! Falls du meinst, dass du das kannst.«
Harvey zögerte und empfand plötzlich widerstrebend Respekt vor seinem Sohn, der vielleicht endlich erwachsen geworden war. Mit einem Stoß ließ er angewidert von ihm ab. »Sag mir einfach, was du gemacht hast.«
»Ich habe keine Lust zu Warten, also habe ich die Sache etwas beschleunigt. Ich habe uns ein Trojanisches Pferd besorgt.«
»Erklär mir das vernünftig«, fauchte Harvey ihn an.
»Ich habe jemanden eingeschleust – eine Frau. Sie hat sich an Phelps rangeworfen und tut, als sei sie heiß auf ihn. Aber sie behält ihn für uns im Auge.«
»Und heute? Du hast gesagt, Phelps hätte verschlafen?«
Dell zuckte mit den Schultern. »Sie hat ein bisschen mit seiner Whiskeyflasche gespielt. Gerade so, dass er einpennt, wenn er ein Gläschen trinkt. Allerdings hat’s wohl nicht gereicht, denn er ist ja doch noch aufgetaucht.«
»Zu anderen Gelegenheiten ist er das nicht?«
»Seit ein paar Tagen ist er sehr unzuverlässig. Sein Partner hat langsam die Schnauze voll. Noch ein oder zwei von solchen Versäumnissen, und die zwei gehen einander an die Gurgel, dass es eine wahre Freude ist.«
»Was hast du dir nur dabei gedacht, Junge? Vielleicht wäre die Frau noch am Leben, wenn Phelps rechtzeitig aufgetaucht wäre. Und woher weißt du, wenn sie sich in Bewegung setzen?«
»Sie stellt Phelps Handy auf Vibrieren«, sagte Dell, »und fängt die Anrufe ab.«
»Daher wusstest du also, dass sie am Sonntag zu Brisbane gefahren sind. Du hast mir erzählt, das GPS meldet, die Fahrzeugbewegung.«
»Das tut es auch, aber sie ist meine kleine Extraversicherung. Manchmal verpasse ich das Piepen, weil ich auch einschlafe.«
»Statt es Phelps zu sagen, ruft sie also dich an.«
»So ist es. Dann löscht sie alles auf dem Handy, was auf eingehende Anrufe oder Nachrichten hindeutet. Wahrscheinlich hat noch jemand angerufen, nachdem sie schon weg war, so dass er aufgewacht ist.«
»Du Vollidiot!«, knurrte Harvey. »Wenn sie bei der Telefongesellschaft nachfragen, können sie doch sehen, dass Phelps angerufen worden ist. Und dann wissen sie, dass jemand ihnen eins auswischen will und werden wachsam sein.«
»Vielleicht. Aber im Augenblick sind die zwei so geladen, dass sie auf so eine Idee nicht kommen. Und selbst wenn, macht es wenig Unterschied, denn sie sagt, Phelps tut selbst oft so, als sei er gar nicht angerufen worden. Der Kerl
ist
eine totale Null. Ich habe seinen Absturz bloß beschleunigt.«
»Aber dieses Mal hat Phelps es nicht selbst zu verantworten, und eine Frau ist gestorben. Wenn sie die Anrufe überprüfen, ist deine kleine Hure die Erste, die sie auf die Polizeistation schaffen. Und wenn du meinst, sie würde dich nicht verraten, bist du noch dümmer, als ich geglaubt habe.«
»Sie wird nicht reden, und ich bin alles andere als dumm. Die ganze Sache ist gründlich durchdacht.«
Harvey starrte seinen Sohn an. Wann war er bloß so vom Kurs abgekommen? Er musste ihn wieder auf die richtige Spur bringen, und zwar schnell. »Okay, dieses eine Mal will ich es noch durchgehen lassen. Aber sieh bloß zu, dass nicht noch jemand wegen dir stirbt. So werden wir diese Sache nicht durchziehen, und ich will nicht wegen dir in den Knast wandern. Vorher gebe ich eher unseren Plan auf.«
»Du hast vollkommen recht«, lenkte Dell viel zu schnell ein. »Ich muss jetzt los.« Er sprang aus dem Subaru und schlenderte auf sein eigenes Auto zu, und Harvey sah ihm mit einem unguten Gefühl im Bauch hinterher.
Mittwoch, 24. Februar, 5.15 Uhr
Statt Abbotts Befehl zu folgen und nach Hause zu fahren, sah Noah in der Wache vorbei, in der Axel Girard aufgeregt in einer Zelle auf und ab wanderte. Als Noah eintrat, blickte er auf. In seinen Augen lag nackte Panik.
»Ich habe nichts getan! Sie zerstören mein Leben.«
»Im Gegenteil, ich versuche es zu retten. Ich muss mit Ihnen reden. Würden Sie bitte stehenbleiben und mir zuhören?«
Girard blieb tatsächlich stehen, aber sein Körper bebte noch immer. »Was soll das heißen – Sie wollen mein Leben retten?«
»Heute Nacht ist wieder eine Frau ermordet worden«, erklärte Noah. »Und ein Wagen, der auf Ihre Frau registriert
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