Todtsteltzers Ehre
Fliegerhöhlen zu gehen. Ihr
war schon seit einiger Zeit klar, daß der Wolf aus der Burg und
wahrscheinlich sogar von Virimonde geflüchtet war, aber sie
ließ Owen weitersuchen, weil sie erkannte, daß er es brauchte.
Jetzt sahen sie sich im Schlafzimmer um und fragten sich, was
als nächstes zu tun war. Hazel setzte sich auf die Bettkante,
schlenkerte mit den Beinen und lächelte, als sie langsam in die
dicke Matratze hineinsank.
»Du hast hier ja wirklich eine tolle Bleibe gehabt, Todtsteltzer. Hat das tatsächlich alles dir gehört?«
»Als ich noch ein Lord war, hat mir der ganze Planet gehört
und ebenso alles, was man darauf fand«, antwortete Owen.
»Jetzt sind der Planet und alle darauf tot. Mir sind nur eine
Burg geblieben, aus der ich mir nie wirklich etwas gemacht
habe, und ein paar Erinnerungen.«
Hazel lächelte süffisant. »Ich wette, du hast wenigstens an
dieses Zimmer ein paar gute Erinnerungen.«
»Einige«, bestätigte Owen. »Ich hatte eine Mätresse namens
Katie, als ich Lord war. Wir waren hier glücklich.«
Hazel setzte sich kerzengerade auf. Owen hatte bislang nie
von früheren Frauen in seinem Leben gesprochen. Sie war immer davon ausgegangen, daß es irgendwo jemanden gegeben
haben mußte, aber eine Mätresse war ihr neu. Sie achtete sorgfältig auf einen beiläufigen Tonfall. »Und was ist aus dieser
Katie geworden?«
»Sie erwies sich als imperiale Spionin. Hat versucht, mich zu
töten, als ich zum Gesetzlosen erklärt wurde. Ich mußte sie
umbringen.«
»Du hast deine eigene Geliebte umgebracht?« fragte Hazel
ungläubig. »Verdammt, das war kaltblütig, Todtsteltzer!«
Owen starrte auf das Holoportrait vor ihm, das den ursprünglichen Todtsteltzer zeigte, den Gründer seines Clans. »Ich habe
auch ihn umgebracht, und er war mein meistverehrter Vorfahre. Wie mir scheint, trage ich für viel zu viele Todesfälle die
Verantwortung. Darunter viel zu viele Menschen, die mir etwas
bedeutet haben. Vielleicht solltet Ihr Euch einen neuen Partner
suchen.«
Hazel stand vom Bett auf und trat an seine Seite. »Du hast
nie jemanden umgebracht, wenn es nicht nötig war.«
Owen schüttelte den Kopf.
»Ich habe mein Erbe verraten, als ich Giles tötete. Ich habe
meinen Namen und die Ehre der Familie verraten.«
»Nein«, entgegnete Hazel entschieden. »Er hat selbst die
Verantwortung dafür getragen, als er vergaß, wofür er eigentlich kämpfte. Er war seinerzeit der Oberste Krieger, der Beschützer der Menschheit. Als er entschied, lieber Herrscher zu
sein als Beschützer, hat er uns alle verraten.«
»Er war wirklich eine Legende«, sagte Owen. »Ein echter
Held. Er hat die meisten Dinge wirklich geleistet, von denen
die Geschichten erzählen.«
»Richtig, darunter auch Erfindung und Gebrauch des Dunkelwüsten-Projektors . Eintausend Sonnen, innerhalb eines Augenblicks ausgelöscht. Niemand weiß, wie viele Milliarden
Tote die Folge waren. Der größte Massenmörder der Geschichte.«
»Er hatte die besten Absichten. Er hatte sie immer. Er hat
sich nur … verirrt.«
»Ach, verdammt«, sagte Hazel und hakte sich bei ihm unter.
»Wir alle verlieren uns hin und wieder. Du hast den Mann nur
getötet, Owen. Die Legende lebt weiter.«
»Ich kann nicht heimkehren«, stellte Owen bitter fest.
»Das wäre ohnehin nicht möglich gewesen. Du hast dich zu
stark verändert. Und überwiegend zum besseren.«
Owen zog eine Braue hoch. »Nur überwiegend?«
»Mann, Sir Aristo, würdest du mir beibringen, wie man eine
Braue so wölbt?«
»Geht zum Teufel, Bauer.«
Sie standen eine Zeitlang zusammen, und jeder hing den eigenen Gedanken nach. »Owen«, sagte Hazel schließlich. »Hast
du gerade erst kürzlich neue Fähigkeiten demonstriert?«
»Nicht, daß sie mir aufgefallen wären«, antwortete Owen.
»Warum fragt Ihr?«
»Na ja, ich habe mich nur gefragt, ob du gelernt hättest, andere Versionen deiner selbst herbeizurufen, wie ich.«
»Verdammt, nein. Etwas Derartiges wäre mir eindeutig aufgefallen. Das ist vielleicht eine unheimliche Fähigkeit, wenn
Ihr mich fragt.«
»Vertrau mir, ich weiß genau, wie du dich fühlst. Irgendwann
mal werde ich sehen, ob ich nicht eine dieser Versionen bewegen kann, lange genug zu bleiben, damit ich ihr ein paar gezielte Fragen stellen kann.«
»Tut das«, sagte Owen. »Ich würde die Antworten sehr gern
hören. Denke ich.« Und dann brach er ab und runzelte die
Stirn.
»Was jetzt?« fragte Hazel.
»Valentin«, sagte Owen. »Er sagte, er
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