Totenmesse - Patterson, J: Totenmesse - Step on a Crack
haben den Super Bowl gewonnen.«
Sie mussten sich zurückhalten, um nicht zu rennen, als
sie über den niedrigen Zaun kletterten und neben dem Hauptgebäude an einer roten Ampel stehen blieben.
Ein Polizeiwagen mit heulender Sirene raste auf sie zu. Jack schluckte schwer, sein Blut wurde so kalt wie das Wasser, dem sie gerade entstiegen waren. Und er atmete erst wieder, als der Wagen an ihnen vorbei war. Ohne Zweifel fuhren sie zur 57th Street, wo sie ihren filmreifen Stunt abgezogen hatten.
Fünfunddreißig Minuten später saßen sie in einem Van und sammelten den Rest der Geiselnehmer auf, die am Dock einer stillgelegten Flaschenabfüllanlage in Long Island City warteten. Little John und die anderen fünf Männer hüpften mit triumphierendem Grinsen durch die Schiebetür und streckten die Hände zum Abklatschen aus.
»Wieso habt ihr so lange gebraucht?«, fragte Little John und nahm von Jack eine eiskalte Flasche Bier entgegen. »Wo ist José?«
»Ihn hat’s erwischt, als wir die Eleventh Avenue überquert haben«, erklärte Jack und schlug mit der Hand in seine Faust. »José ist tot.«
Little John blickte nachdenklich zu Boden. »Was ist mit seinen Fingerabdrücken?«, fragte er schließlich.
Jack lächelte.
»Du weißt doch, dass wir ihm gesagt haben, wir dürften keine Beweise zurücklassen. Dieser Wahnsinnskerl wollte kein Risiko eingehen und hat sich in den letzten sechs Wochen die Fingerkuppen mit dem Feuerzeug abgefackelt.«
»Auf José!« Little John hob beruhigt seine Bierflasche an. »Dieser gato hatte echt was auf dem Kasten.«
»Und auf Fontaine.« Jack dachte an seinen Freund, der bei der Schießerei in der Krypta umgekommen war, und blickte auf Fontaines Hände in der Plastiktüte, die in der
Kühlbox neben den Bierflaschen lag. Sahen fast aus wie Hähnchenflügel.
»Was machen wir jetzt?«, fragte Little John.
»Was du machst, weiß ich nicht, aber nach drei Tagen in denselben Klamotten und diesem kurzen Tauchbad im verseuchtesten Fluss der Erde könnte ich eine heiße Dusche gebrauchen«, antwortete Jack.
»Und ein paar heiße Du-weißt-schon-was«, johlte einer seiner Genossen, als der Van auf den Brooklyn-Queens-Expressway einbog.
»Ich meinte, danach«, sagte Little John.
»Wir halten uns an den Plan. Zwei, drei Monate abwarten, um nicht aufzufallen, dann ein einfaches Erste-Klasse-Ticket nach Costa Rica.«
Dann hätten sie es tatsächlich geschafft, dachte Jack und lächelte über die »Arriba! Arriba! Andale!« -Rufe im Van. Kaum zu glauben: Sie hatten die Welt bezwungen. Der nächste Teil war ein Kinderspiel. Unglaublich einfach. Sie brauchten sich nur zurückzulehnen und zu warten. Einzige Bedingung: das Geld nicht anzurühren.
99
Ich hatte mir ein paar Klamotten leihen müssen, so dass ich in dem schicken Blaumann der Kanalarbeiter im Autohaus auf der Eleventh Avenue eintraf.
Zwei Gerichtsmediziner in weißen Overalls schienen Tauziehen zu spielen, doch sie versuchten, einen Geiselnehmer in brauner Kutte zu befreien, der von einem Motorradlenker aufgespießt worden war. Erst nachdem ein Polizist der Spezialeinheit mit einem Bolzenschneider eintraf, schafften sie es, das Motorrad aus dem Brustkorb des Toten zu entfernen.
Drüben bei einem zermahlenen Wasserautomaten wurden mein Lieblingsrocksänger aller Zeiten, Charlie Conlan, und der Giants-Quarterback Todd Snow von Detectives der Kriminalpolizei vernommen. Sie sahen nicht aus, als hätten sie Lust, Autogramme zu geben. Angesichts des demolierten Fahrzeugs war ich überrascht, an der stinkwütenden Popsängerin Mercedes, die mit einem Sanitäter nach draußen stürmte, ohne sich bei irgendjemandem zu bedanken, als einzige Verletzungen ein blaues Auge und eine geschwollene Lippe zu sehen.
Ich kniete neben dem, was vom Geiselnehmer übrig war, nachdem ihn die Gerichtsmediziner auf den Teppichboden des Autohauses gelegt hatten. Ich lieh mir ein paar Gummihandschuhe und zog ihm die Maske ab. Überrascht schlug ich mit dem Handrücken gegen meine Stirn - eine zweite Maske aus Gummi war zum Vorschein gekommen.
Das Kopfteil eines Taucheranzugs.
So hatten sie es also angestellt! Sie waren mit Hilfe von Taucherausrüstungen unter Wasser entkommen.
Ich lieh mir ein Telefon und erzählte Will Matthews von meiner Entdeckung. Nach ein paar ausgewählten Kraftausdrücken forderte er Verstärkung von der Hafenpolizei von Jersey und der Küstenwache an.
Nachdem ich aufgelegt hatte, zog ich dem Toten die Gummimaske ab. Er war ein
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